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Erziehung zur Moderne - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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teilhaben können, immer breiter wurde - doch das Klassenphänomen des 19.<br />

Jahrhunderts wird erst im 20. Jahrhundert zum Massenphänomen. 35<br />

Aber auch hier bedingen sich die Entwicklungen wieder gegenseitig: Je<br />

größer die Bedeutung von Bildung als Konsumgut und damit lohnender<br />

Wachstumssektor wird, desto größer war das Interesse dieser Wachstums-<br />

branche, möglichst breite Kreise der Bevölkerung mit einzubeziehen und mit<br />

um so größerer Marktgenauigkeit und zielgruppenspezifischer Preisgestaltung<br />

wurde produziert. Der allgemeine wirtschaftliche Fortschritt, Anstieg der Real-<br />

löhne und damit der Kaufkraft sowie die wachsenden technischen Möglichkei-<br />

ten der Massenproduktion bilden die ökonomisch-technische Basis. Parade-<br />

beispiel ist die Spielwarenindustrie, deren Produkte auch als „gegenständlich<br />

gewordene <strong>Erziehung</strong>sabsicht“ 36 gelten können.<br />

Eine ganze Reihe von kulturwissenschaftlichen Forschungen hat sich<br />

spätestens seit Beginn dieses Jahrhunderts mit einer „Kulturgeschichte des<br />

Spiels“ auseinandergesetzt; seit den zwanziger Jahren beginnt die (wissen-<br />

schaftliche) Pädagogik, sich intensiv mit den beiden Themenkomplexen „Spiel“<br />

und „Spielmittel“ und ihrer Bedeutung in der <strong>Erziehung</strong> auseinanderzusetzen. 37<br />

Kulminierend in Johan Huizingas 1938 erstmals erschienenen Werk „Homo<br />

ludens“ wurde dem Spiel beinahe mythische Kraft zugemessen: Spiel sei „älter<br />

als Kultur“ 38 und sei deren „formative Kraft“ 39 ; im Spiel zeige sich eine Art „Ur-<br />

kultur“.<br />

Ohne diese (wissenschaftlichen oder populären) Diskussionen um die ge-<br />

sellschaftliche oder kulturelle Bedeutung von „Spiel“ vertiefen zu wollen, bleibt<br />

dennoch festzuhalten, daß dem Spiel immer eine kulturelle und erzieherische<br />

Bedeutung zugemessen wurde. Während Spiele der Erwachsenen in Gut und<br />

35<br />

36<br />

37<br />

38<br />

39<br />

Vgl. dazu auch Konrad Köstlin, Vorrede, in: Kinderkultur. 25. Deutscher Volkskundekongreß<br />

in Bremen vom 7.-12. Oktober 1985, Bremen 1987, S. 7-9.<br />

Berg, Sozialgeschichte des Spiels (1983), S. 739.<br />

Vor allem von Seiten der Pädagogik gibt es eine Reihe neuerer Zusammenfassungen<br />

der „Spielforschung“ so etwa Scheuerl, Hans (Hg.), Das Spiel. Band 2: Theorien des<br />

Spiels, Weinheim, Basel 11. Aufl. 1991 und Retter, Spielzeug (1979), v.a. S. 13-46.<br />

Johan Huizinga, Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel, Reinbek bei Hamburg<br />

(1938/1987), S. 9.<br />

Flitner, Nachwort zu Homo Ludens (1938/1987), S. 232.<br />

11

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