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Erziehung zur Moderne - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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I. Einleitung<br />

„Nur Spielsachen sind’s. Und doch ein Ausdruck der Zeit, wie man ihn<br />

wirkungsvoller selten findet. Der Fortschritt in der Nußschale.“ 1<br />

Weshalb eigentlich Spielzeug? Man könnte doch meinen, daß im Entstehungs-<br />

prozeß der Industrie- und schließlich Konsumgesellschaft andere Wirtschafts-<br />

segmente, Branchen oder Produktkategorien betrachtenswerter wären als aus-<br />

gerechnet Kinderspielzeug.<br />

Einer der Gründe wird in obigem Zitat deutlich: der erzieherische Impetus<br />

dieses Konsumguts, zusammen mit der seit der Aufklärung immens gestiege-<br />

nen Bedeutung von „<strong>Erziehung</strong>“, läßt Spielzeug zu einem Meßinstrument für<br />

gesellschaftliche Einstellungen und Veränderungen werden. In die eigenen<br />

Nachkommen wurde investiert und ihnen ließ man eine möglichst umfassende,<br />

von den eigenen Berührungsängsten mit der <strong>Moderne</strong> befreite Ausbildung zu-<br />

kommen. Eines der Medien war Spielzeug: Baukästen, Eisenbahnen, Experi-<br />

mentierkästen, in den zwanziger Jahren schon elektrische Geräte (für die Pup-<br />

penstube), Apparate für Photo und Film oder die Errungenschaften des moder-<br />

nen Verkehrs: Autos, Flugzeuge, Motorräder oder Dampfschiffe.<br />

Die Vermutung, all dies sei nur für eine kleine, kapitalkräftige Schicht pro-<br />

duziert worden, liegt nahe. Blickt man aber in die Kataloge von Warenhäusern<br />

und Versandgeschäften der Jahrhundertwende, so fällt auf, daß vor allem Pro-<br />

dukte, die mit der Deckung des Alltagsbedarfs in „praktischer“, „vernünftiger“<br />

Hinsicht recht wenig zu tun hatten, deutlich überrepräsentiert waren: modische<br />

Accessoires, Schmuckgegenstände, Nippes und Spielzeug 2 . Das Konsumbe-<br />

dürfnis der Jahrhundertwende scheint stark statusbetont gewesen zu sein.<br />

1<br />

2<br />

Die Spielwarenindustrie - ein stetiger Fortschritt, in: DSZ 1912, Heft 12 vom 1. Juni<br />

1912, S. 5-9, Zitat S. 7 und 9.<br />

Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür bieten etwa die Produktinformationen der „Zeitschrift<br />

für Waren- und Kaufhäuser“ (ZWK) (1903 ff.), das Organ des im gleichen Jahr gegründeten<br />

„Verbands Deutscher Waren- und Kaufhäuser e.V. (VDWK)“.<br />

1

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