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Teil 1 - duv.org

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Das erste Radrennen durch die größte zusammenhängende Sandwüste der Welt<br />

06./07.11.04<br />

,,1. Race across Taklamakan"<br />

über 523 km per Rad<br />

Stefan Schlett<br />

Der Sonnenball kriecht hinter den riesigen<br />

Sandmassen empor, steigt bedächtig<br />

höher und bringt langsam wieder Leben<br />

in unsere steif gefrorenen Glieder.<br />

Der Start im ersten Tageslicht, bei Temperaturen<br />

um den Gefrierpunkt, war wie<br />

eine Fahrt in den Tiefkühlschrank. Nun<br />

entfacht die erotische Ästhetik, welche<br />

Millionen von Sanddünen ausstrahlen,<br />

nahezu ein Feuer in unseren Herzen.<br />

Das schwarze Asphaltband, welches<br />

sich wie ein Rettungsanker durch die<br />

monumentale Dünenlandschaft zieht,<br />

und der stahlblaue, wolkenlose Himmel<br />

setzen Reize, denen sich der<br />

moderne Abenteurer kaum<br />

entziehen kann. Der zweite<br />

<strong>Teil</strong> des Radrennens durch<br />

die Taklamakan-Wüste beginnt<br />

für die 10 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

verheißungsvoll.<br />

Die Taklamakan ist die rauheste,<br />

lebensfeindlichste und<br />

am wenigsten erforschte<br />

Sandwüste der Welt. Mit ihrer<br />

Fläche von 338.000<br />

Quadratkilometern wird sie<br />

einzig von der Rub-al-Khali<br />

Arabiens übertroffen: Die im<br />

Durchschnitt 1.300 m hoch<br />

gelegene Wüste erstreckt<br />

sich über 1.200 km von West<br />

nach Ost und 550 km von<br />

Nord nach Süd - ein Sandkasten,<br />

so groß wie ganz<br />

Deutschland! Der lebensfeindliche<br />

Charakter der Taklamakan<br />

äußert sich auch in ihrem Namen, der<br />

übersetzt lautet: "Wer sie betritt, wird sie<br />

nicht wieder verlassen". Denn viele Karawanen<br />

mit kostbarer Seide wurden in<br />

früheren Jahrhunderten vom berüchtigten<br />

"Kara Buran", den schwarzen Orkanen,<br />

ausgelöscht. Sie liegt in der Autonomen<br />

Uigurischen Region Xinjiang, der<br />

größten chinesischen Provinz, die auch<br />

als Chinesisch-Turkestan bekannt ist, im<br />

äußersten Westen Chinas. Eingebettet<br />

von Pamir und Hindukusch im Westen,<br />

Kunlun Shan im Süden, Bei Shan und<br />

Nan Shan im Osten und dem Tian Shan<br />

(Himmelsgebirge) im Norden ist das Tarim<br />

Becken, in dem die Taklamakan<br />

liegt, auf allen Seiten von 4.000 bis<br />

7.000 m hohen Gebirgszügen umgeben<br />

und von den regenträchtigen Winden<br />

völlig abgeschirmt. Die Folge ist ein ex­<br />

10<br />

trem kontinentales, arides Klima mit wenig<br />

Niederschlägen und großen Tempe­<br />

Taturschwankungen, die im Juli 50° C im<br />

Schatten erreichen und im Winter auf<br />

minus 30° C sinken. Da im Frühjahr äußerst<br />

heftige, tagelange Sandstürme<br />

über die Wüste fegen, deren Dünen bis<br />

zu 300 m hoch werden, bietet einzig der<br />

Spätherbst ein Zeitfenster für Expeditionen<br />

bzw. extremsportliche Aktivitäten.<br />

Diese riesige, eiförmige, leere, gelbe<br />

Ausdehnung mit ihrer erhabenen Einsamkeit<br />

inmitten Zentralasiens beflügelte<br />

von jeher die Fantasien von Entdeckern<br />

und Abenteurern. Allen voran<br />

Sven Hedin und Sir Aurel Stein, die gegen<br />

Ende des 19. Jahrhunderts mehrere<br />

Forschungsreisen unternahmen. In der<br />

Neuzeit war das Betreten der Wüste<br />

wegen der Atomversuche (am Lop-Nur­<br />

Salzsee zündeten die Chinesen 1956 ihre<br />

erste Atombombe) jahrelang verboten.<br />

In den 90er Jahren geriet die Tak-<br />

Einer der zehn <strong>Teil</strong>nehmer war der Kieler Karl-Heinz Jost<br />

lamakan erstmals in die Aufmerksamkeit<br />

der breiten Weltöffentlichkeit, nachdem<br />

große Erdölreserven unter dem Sandmeer<br />

entdeckt wurden. Die Taklamakan<br />

galt plötzlich als Chinas Naher Osten<br />

und Hoffnungsträger für den gigantischen<br />

Energiebedarf im Reich der Mitte.<br />

Um das schwarze Gold zu erschließen<br />

und den immer größeren Hunger der rasant<br />

wachsenden chinesischen Wirtschaft<br />

zu stillen, wurde der 523 km lange<br />

Desert Highway quer durch die ungeheuren<br />

Sandmassen der Taklamakan<br />

gebaut. Das Mammutprojekt war eine<br />

technische Herausforderung für die Ingenieure<br />

und verschlang pro Kilometer<br />

Asphalt 10 Millionen Euro. In drei Jahren<br />

Bauzeit war die teuerste Straße der Welt<br />

fertiggestellt. 6 Milliarden Euro ließ sich<br />

das aufstrebende und vom Wirtschaftsboom<br />

verwöhnte China dieses Projekt<br />

kosten. Die Strecke von Luntai nach<br />

Minfeng verband somit die nördliche mit<br />

der südlichen Seidenstraße - jenen alten<br />

Handelsweg, der seit dem 3. Jahrhundert<br />

nicht nur den Warenfluss, sondern<br />

auch den philosophischen, technischen<br />

und religiösen Austausch zwischen dem<br />

Orient und dem Okzident sicherstellte.<br />

Beide führen um die Wüste Taklamakan<br />

herum und treffen in Kashgar, uralte<br />

Handelsstadt im dunklen Herzen Asiens<br />

und westlichste Stadt Chinas, wieder zusammen.<br />

Vorspiel<br />

Als Wolfgang Kulow und Stefan Schlett<br />

unter reger Anteilnahme der einheimischen<br />

Bevölkerung und der Medien im<br />

September 2003 die erste läuferische<br />

Durchquerung der Taklamakan gelang,<br />

kam erstmals die Idee auf, die in erstklassigem<br />

Zustand befindliche, 523 km<br />

lange Wüstenstraße mit dem Rennrad<br />

zu durchqueren. Dank Wolfgang's Initiative<br />

und dem professionellen<br />

Engagement von<br />

China Tours in Hamburg<br />

war es schon 14 Monate<br />

später soweit. Die bürokratische<br />

Ausdauer der<br />

beteiligten Extremsportier<br />

wurde bereits im Vorfeld<br />

auf die Probe gestellt.<br />

Zwei russische Visa, chinesisches<br />

Gruppenvisum,<br />

spezielle Auslandskrankenversicherung<br />

für Russland,<br />

schriftliche Deklaration<br />

des Fahrrads für den<br />

chinesischen Zoll, waren<br />

der Wüstendurchquerung<br />

erster Akt. Bei China<br />

Tours in Hamburg.<br />

wurde derweil ständig<br />

kontrolliert, ob alle notwendigen<br />

Angaben vorhanden<br />

waren. Außerdem musste den<br />

Partnern vor Ort vermittelt werden, was<br />

die Extremsportier eigentlich wollten und<br />

vor allem, was diese an Betreuung benötigen<br />

würden. Extremsport ist 'oftmals<br />

auch mit extremen Reiseaktivitäten verbunden:<br />

nach Flügen von Hamburg und<br />

Frankfurt trafen sich die zehn <strong>Teil</strong>nehmer<br />

am ,,1. Race Across Taklamakan" in<br />

Moskau Scheremetjewo. Dort Weiterflug<br />

mit China Southern Airlines nach Urumqi,<br />

Haupt- und Millionenstadt der Riesenprovinz<br />

Xinjiang. Noch am gleichen<br />

Tag ging es mit dem Nachtzug 700 km<br />

Richtung Süden nach Luntai, einer<br />

Kleinstadt an der nördlichen Seidenstraße.<br />

Stimulation<br />

Nachdem alle Beteiligten sowie Gepäck<br />

und Räder komplett und ohne Beschädigung<br />

am Ausgangspunkt angekom­

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