Handel– der gutmütige Champion - Handelsverband
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Mumelter: So ist es, und auch wenn beim Postpartner-Projekt<br />
noch ein Stück des Weges zu<br />
gehen sein wird, zeigt es doch eine mögliche<br />
Richtung für den nie<strong>der</strong>gelassenen Handel.<br />
retail: Wenn es um die Zukunft des Handels<br />
geht, stößt man neben Standortfragen und<br />
Online-Handel auch immer wie<strong>der</strong> auf ein<br />
weiteres zentrales Thema: den „War for Talents“.<br />
Der Handel kämpft – obwohl größter<br />
Beschäftigungsgeber in Österreich – nach wie<br />
vor mit Imageproblemen. Werden ihm die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter ausgehen?<br />
Tritscher: Die Beschäftigungszahlen im Handel<br />
steigen weiter, aber wir kämpfen bei <strong>der</strong><br />
Personalsuche mit enormen Qualitätsproblemen.<br />
Zum Teil kommen die Jungen mit gravierenden<br />
Bildungsdefiziten aus <strong>der</strong> Schule<br />
und die Unternehmen erfüllen über die Lehrlings-<br />
o<strong>der</strong> Fachausbildung hinaus Bildungsaufgaben,<br />
die eigentlich das Schulsystem zu<br />
übernehmen gehabt hätte. Das ist ein nicht zu<br />
unterschätzendes gesellschaftspolitisches Problem.<br />
Daher muss <strong>der</strong> bildungspolitische Reformzug<br />
deutlich an Fahrt gewinnen. Das betrifft<br />
sowohl die Lehre als auch ganz einfach<br />
die Durchlässigkeit des Systems. Eine Lehre<br />
darf auch nicht <strong>der</strong> letzte Ausweg sein, wenn<br />
sonst nichts gelungen ist. Zum zweiten finden<br />
wir uns zusehends auch mit demografischen<br />
Problemen konfrontiert. Wir haben immer weniger<br />
Junge, mit denen wir die offenen Stellen<br />
besetzen können. Und überdies haben wir tatsächlich<br />
auch das von Ihnen angesprochene<br />
Imageproblem. Die Wirtschaftskammer reagiert<br />
darauf mit <strong>der</strong> Agenda Handel 2015, mit<br />
<strong>der</strong> wir Kernbereiche für eine Imagekorrektur<br />
bearbeiten. Neben den bereits angesprochenen<br />
Rollen als mo<strong>der</strong>ner Nahversorger, als<br />
Lokomotive bzw. Stabilisator für die Gesamtwirtschaft<br />
und als technischer Innovator wollen<br />
wir den Händler auch als nachhaltigen<br />
Wirtschaftspartner und vor allem auch als attraktiven<br />
Arbeitgeber positionieren. Denn gute<br />
und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
sind für den Handel speziell wichtig.<br />
Mumelter: Das Bild vom Arbeitsplatz im Handel<br />
wird halt stark vom viel zitierten Regalschlichter<br />
geprägt. Das ist aber nur ein<br />
minimaler Ausschnitt. Im Handel gibt es eine<br />
Fülle von spannenden Aufgaben, die man halt<br />
nicht so sieht. Wichtig wird aber für die An-<br />
hebung <strong>der</strong> Attraktivität als Arbeitgeber vor<br />
allem auch <strong>der</strong> Einkommensbereich sein. Der<br />
<strong>Handelsverband</strong> for<strong>der</strong>t daher seit Jahren für<br />
seine jungen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer<br />
höhere Gehälter bei gleichzeitiger Abflachung<br />
<strong>der</strong> Lebenseinkommenskurve. Darüber<br />
hinaus muss die praktische Ausbildung so<br />
weit wie möglich am Shopfloor erfolgen.<br />
Tritscher: Das betrifft auch das Lehrlingswesen.<br />
Die Verfügbarkeit <strong>der</strong> Lehrlinge im Betrieb<br />
muss angehoben werden. Aber ich knüpfe<br />
gleich daran an, was Herr Dr. Mumelter gesagt<br />
hat. Wenn wir über das Image des Arbeitsplatzes<br />
Handel reden, haben viele den Lebensmitteleinzelhandel<br />
vor Augen. Dort sind wir<br />
alle halt am öftesten. Der österreichische Handel<br />
ist aber viel mehr. Denken Sie beispielsweise<br />
an den Großhandel. Der ist bei weitem nicht<br />
so im Blickfeld. Aber auch dort werden ordentliche<br />
Umsätze erzielt und gibt es eine große<br />
Anzahl von Arbeitsplätzen. Handel betrifft<br />
letztlich die gesamte Logistikkette mit durchaus<br />
spannenden Aufgaben. Diese müssen wir<br />
noch mehr als bisher vor den Vorhang holen.<br />
retail: Distanzhandel, Standortpolitik, Arbeitsplatzqualität:<br />
Es liegen also auch abseits globaler<br />
Krisen weiterhin spannende Zeiten vor<br />
dem Handel und es gibt einiges zu tun. Aber<br />
man merkt Ihnen beiden an, dass Sie sich dem<br />
mit Optimismus stellen. Vielen Dank für das<br />
Gespräch.<br />
retail interview<br />
seite 39 | intern