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und st.Gallen die - Saiten

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SAITEN 11.12<br />

LGBt<br />

Vom Glamour<br />

zur Normalität<br />

Ein<strong>st</strong> fichiert, heute hofiert: Homosexualität<br />

scheint bis in <strong>die</strong> Chefetagen hinein zur Normalität<br />

geworden zu sein. Aber das <strong>st</strong>immt nur halb.<br />

<strong>die</strong> glamouröse<strong>st</strong>en Jungs sind heute hetero. Selb<strong>st</strong>dar<strong>st</strong>ellerisch,<br />

wie aus dem Ei gepellt, treffen wir sie in der bar <<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong><br />

im club. vor ein paar Jahren hätten ihre vorgänger ein solches<br />

Auftreten noch hämisch kommentiert: «So schwul!».<br />

zwar gibt es das Schimpfwort auf den Pausenplätzen nach<br />

wie vor. doch seine ein<strong>st</strong> klar sexuelle bedeutung hat es ein<br />

schönes Stück weit verloren. «Schwul» i<strong>st</strong> heute fa<strong>st</strong> alles: von<br />

schlecht über langweilig bis zu intellektuell.<br />

In den Siebziger Jahren waren es <strong>die</strong> homosexuellen<br />

männer selber, <strong>die</strong> sich des Schimpfworts bemächtigten: Je<br />

selb<strong>st</strong>ver<strong>st</strong>ändlicher «schwul» verwendet werde, de<strong>st</strong>o mehr<br />

nehme es dem begriff den diskriminierenden charakter. der<br />

lauf der zeit hat <strong>die</strong>se These be<strong>st</strong>ätigt. läng<strong>st</strong> i<strong>st</strong> schwul,<br />

im Sinne von homosexuell, auch in der «Nzz» salonfähig.<br />

<strong>die</strong> Wahrnehmung in der gesellschaft, aber auch das Selb<strong>st</strong>ver<strong>st</strong>ändnis<br />

der betroffenen hat sich markant verändert. Aus<br />

den «homophilen», «homosexuellen» <<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong> «Schwulen» sind<br />

«gays» geworden. <strong>die</strong> lesben sind in vielen belangen sogar<br />

der wahrnehmbarere Teil der community. <<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong> zur aktuellen<br />

lgbT­community gehören mehr: lesbian, gay, bisexual<br />

and Transgender People.<br />

Aus Engagement wurde Dekoration<br />

das community­denken bleibt nicht ohne Folgen für das<br />

Selb<strong>st</strong>ver<strong>st</strong>ändnis der einzelnen gruppen. Je breiter das Publikum<br />

in der bar, je gemischter das volk auf dem dancefloor,<br />

de<strong>st</strong>o unklarer wird, wer wo dazugehört. <strong>die</strong> glamouröse<br />

drag­Queen, <strong>die</strong> im Schwulenclub <strong>die</strong> ga<strong>st</strong>geberin spielt,<br />

<strong>st</strong>eht neben der «echten» Frau, der eleganten lesbe. der<br />

von<br />

rené hornunG<br />

15<br />

sportliche Junge, der mit seinem breiten lachen <strong>die</strong> Schwulenherzen<br />

zum Schmelzen bringt, i<strong>st</strong> womöglich ein mädchen,<br />

das gerne in <strong>die</strong> bubenrolle schlüpft.<br />

girls <<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong> boys haben es heute dank <strong>die</strong>ser breit gewordenen<br />

Szene aber bloss vermeintlich einfacher, ihre vom<br />

mehrheitsverhalten abweichende Identität zu finden. das<br />

coming­out i<strong>st</strong> trotz lesbischer <<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong> schwuler vorzeige<strong>st</strong>ars<br />

im Fernsehen <<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong> in der Politik nicht viel leichter geworden.<br />

der Konflikt, zu einer minderheit zu gehören, muss nach<br />

wie vor durchge<strong>st</strong>anden werden – auch wenn man danach<br />

mei<strong>st</strong>ens in einer breitgefächerten community seinen Platz<br />

findet, in der es viele Facetten gibt, vom Emo­boy über <strong>die</strong><br />

mode­lesbe bis zum macho.<br />

In <strong>die</strong>sem Punkt hat sich <strong>die</strong> community wohl am mei<strong>st</strong>en<br />

gewandelt. In den 1930er­Jahren trafen sich ein paar<br />

Schwule noch klande<strong>st</strong>in in einem St.galler café, <<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong> als<br />

einer aus der gruppe sich unter den damals <strong>st</strong>rengen Sittengesetzen<br />

etwas zuschulden kommen liess, wurde gleich <strong>die</strong> ganze<br />

gruppe vor gericht ge<strong>st</strong>ellt. Als <strong>die</strong> Schwulenbewegung<br />

der frühen 1970er­Jahre sich im «Alternativzentrum» oder unter<br />

den Fittichen der linken in der Schwertgasse traf, notierte<br />

der Staatsschutz, wer da ein­ <<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong> ausging. der äussere druck<br />

schweis<strong>st</strong>e aber auch zusammen <<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong> brachte so viel Energie,<br />

dass es Schwule <<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong> lesben waren, <strong>die</strong> <strong>die</strong> er<strong>st</strong>en Parties in<br />

der grabenhalle in den frühen Achtzigern organisierten – in<br />

einer zeit, als in der halle noch geturnt wurde <<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong> vor jedem<br />

Fe<strong>st</strong> der boden aufwändig abgedeckt werden mus<strong>st</strong>e.<br />

<strong>die</strong> beteiligten, aber auch <strong>die</strong> hetero­Fre<<strong>st</strong>rong>und</<strong>st</strong>rong>_innen<br />

sonnten sich im glamour: man kann also doch etwas ändern

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