Ali... - Aktion Kirche und Tiere
Ali... - Aktion Kirche und Tiere
Ali... - Aktion Kirche und Tiere
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Gottesdienst für Mensch <strong>und</strong> Tier<br />
am Pfingstmontag, 12. Mai 2008, 11.00 Uhr,<br />
St. Johanniskirche Hambur-Altona<br />
Mit Propst Dr. Horst Gorski, Pastor Alexander Höner <strong>und</strong> unter Beteiligung von AKUT e. V.<br />
Liebe Gemeinde,<br />
Oscar ist keine Schönheit. Wenigstens keine,<br />
die es in die Whiskas-Werbung schaffen<br />
würde. Wenn man ihn sieht, ruft man nicht<br />
spontan aus: Oh, ist der süüß! Er strahlt eher<br />
den Charme von Garfield aus <strong>und</strong> auf seinem<br />
Porträt-Foto auf dem Gang im Dementenheim<br />
guckt er grimmig wie Bud Spencer<br />
durch schmale Schlitzaugen. Sein Fell ist an<br />
der Unterseite schmutzig-weiß <strong>und</strong> zottelig,<br />
als ob er gerade durch’s Unterholz gestreift<br />
ist. Auf der Oberseite ist er grau-schwarz gestreift.<br />
Oscar ist ein zwei Jahre alter Kater aus den<br />
USA. Er wohnt <strong>und</strong> arbeitet im Steere House<br />
Nursing and Rehabilitation Center in Providence<br />
im B<strong>und</strong>esstaat Rhode Island an der<br />
Westküste. Oscar ist ein geachteter Kollege<br />
bei den Krankenschwestern <strong>und</strong> Pflegern sowie<br />
beim Ärzteteam. Sogar eine Plakette an<br />
der Wand neben seinem Foto im Flur kündet<br />
von seiner einfühlsamen Arbeit. Was soll das<br />
für ein W<strong>und</strong>erkater sein, von dem ich hier<br />
erzähle? Was macht Oscar so besonders?<br />
Wie jeder vernünftige Kater ist auch er ein<br />
fauler Geselle, er schläft viel, am liebsten auf<br />
dem Tisch im Besprechungszimmer der Station.<br />
Wacht er auf, streckt er sich lang <strong>und</strong><br />
ausgiebig <strong>und</strong> mustert seine Umgebung.<br />
Dann macht er sich auf in den Flur. Schaut<br />
rechts <strong>und</strong> links <strong>und</strong> entscheidet sich für eine<br />
Richtung. Besonders nahbar ist er nicht, eine<br />
demente alte Frau nähert sich ihm mit einem<br />
Rollator, leise fauchend signalisiert Oscar:<br />
Lass mich in Ruhe, ich arbeite. Aber die Frau<br />
will auch gar nichts von ihm, geht an ihm<br />
vorbei, sie ist in einer anderen Welt. Heute<br />
geht Oscar als erstes zu Frau Tucker in Zimmer<br />
310. Die Tür ist geschlossen. Er setzt sich<br />
davor <strong>und</strong> wartet. 25 Minuten später kommt<br />
eine Krankenschwester aus dem Raum mit<br />
einem schmutzigen Laken. „Hallo, Oscar“,<br />
begrüßt sie ihn, „willst Du reinkommen?“<br />
AKUTe Nachrichten: 2 – 2008 � S. 22<br />
Geschichte: Oscar the Cat<br />
Ansprache von Pastor Alexander Höner<br />
Oscar zeigt keine Reaktion, lässt die Schwester<br />
an ihm vorbei gehen <strong>und</strong> betritt dann erst<br />
das Zimmer. Frau Tucker liegt zusammen<br />
gerollt in ihrem Bett – wie ein Embryo. Ihr<br />
Körper ist ausgezerrt, die Spuren der langen<br />
Brustkrebs-Krankheit sichtbar. Neben ihrem<br />
Bett sitzt ihre Tochter <strong>und</strong> liest ein Buch.<br />
„Hallo Oscar, na, wie geht’s Dir heute?“ Oscar<br />
beachtet sie nicht <strong>und</strong> springt mit einem Satz<br />
auf Frau Tuckers Bett. Er hält inne, lässt<br />
seine schmalen Augen langsam über Frau<br />
Tucker wandern, dann schnüffelt er leise.<br />
Unvermittelt springt er wieder vom Bett <strong>und</strong><br />
verlässt schnell das Zimmer. Heute noch<br />
nicht.<br />
Oscar geht den Gang weiter. Die Tür von<br />
Zimmer 313 ist nur angelehnt, er schlüpft<br />
durch den schmalen Spalt, fast ohne die Tür<br />
zu berühren. Frau Karle liegt alleine in ihrem<br />
Bett. Ihr Atem ist gleichmäßig, aber flach. Sie<br />
ist umgeben von Fotos ihrer Familie – Kinder,<br />
Enkelkinder <strong>und</strong> ihr Hochzeitsfoto. Auch<br />
hier springt Oscar auf’s Bett, schaut sich Frau<br />
Karle genau an, hält seine Nase in die Luft<br />
<strong>und</strong> verweilt. Er dreht sich zweimal <strong>und</strong> legt<br />
sich dann zusammen gerollt dicht neben Frau<br />
Karle. Eine St<strong>und</strong>e vergeht. Die Krankenschwester<br />
guckt ins Zimmer rein, um nach<br />
der Patientin zu sehen. Als sie Oscar neben<br />
Frau Karle im Bett sieht, atmet sie tief durch<br />
<strong>und</strong> eilt zum Schwesternzimmer. Sie holt die<br />
Akte von Frau Karle hervor <strong>und</strong> ruft ihre<br />
Verwandten an. Innerhalb einer halben<br />
St<strong>und</strong>e sind alle vor Ort. Auch der Priester<br />
kommt <strong>und</strong> salbt die Frau. Oscar ist die ganze<br />
Zeit dabei, angeschmiegt an Frau Karle, leise<br />
schnurrend. Der siebenjährige Enkelsohn<br />
fragt seine Mutter, was der Kater hier mache<br />
<strong>und</strong> die Mutter antwortet ihm unter Tränen:<br />
„Er hilft Oma, in den Himmel zu kommen.“<br />
Eine halbe St<strong>und</strong>e später hört Frau Karle auf<br />
zu atmen. Oscar setzt sich auf, schaut um sich