Ali... - Aktion Kirche und Tiere
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REDE VON<br />
EX-AFICIONADO<br />
ANTONIO MORENO<br />
Im Rahmen des Prozesses beim Internationalen<br />
Gerichtshof für Tierrechte am Montag, 23.<br />
Juni 2008 Genf.<br />
Thema: Prozess gegen den Stierkampf in<br />
Spanien, Frankreich <strong>und</strong> Portugal<br />
Organisator: „UNITED ANIMAL<br />
NATIONS, FFW Fondation Franz Weber“<br />
WIE WIRD MAN ZUM<br />
STIERKAMPF FAN?<br />
Schon in meiner frühesten Kindheit nahmen<br />
mich meine Eltern, die beide Liebhaber<br />
des Stierkampfs waren. zu allen Stierkämpfen<br />
mit, die in meiner Heimatstadt<br />
Malaga ausgetragen wurden. Ja. ich wirkte<br />
sogar als Knirps von 7 Jahren bei verschiedenen<br />
Filmen mit, die man in Malaga<br />
im Zusammenhang mit dem damals berühmten<br />
Stierkämpfer Manuel Benitez el<br />
Cordobes drehte.<br />
Als ich 9 Jahre alt war, ging mein Vater fest<br />
davon aus <strong>und</strong> brüstete sich mein Vater<br />
damit, dass sein noch so kleiner Sohn<br />
bereits alle Muleta- <strong>und</strong> Capotefiguren<br />
kannte, ebenso die Bezeichnung für die<br />
Stiere Je nach ihrer Farbe, ihren Hörnern<br />
oder ihrer Physiognomien. Jahrelang war<br />
die Kunst des Stierkampfes Teil meines<br />
Lebens. Ich reiste mit meinem Vater zu<br />
anderen Stierkampfplätzen <strong>und</strong> -festen.<br />
Auch zu Stierkämpfen, die zu wohltätigen<br />
Zwecken ausgerichtet wurden.<br />
Die Liebe zum Stierkampf war Teil meines<br />
Selbst wie der Fußball, das Schwimmen,<br />
das Angeln oder die Jagd. Alles war eine<br />
Mischung angenommener, respektive<br />
aufoktroyierter Gewohnheiten. die meinen<br />
Charakter formten <strong>und</strong> mich zu einem<br />
Besessenen der so genannten "Fiesta"<br />
werden ließen.<br />
Immer setzten wir uns an die Barriere, d.h.<br />
in die erste Reihe jeder Arena in den<br />
Schatten. Mein Vater mit der Zigarre im<br />
M<strong>und</strong>., meine Mutter mit der Mantilla über<br />
der Barriere. Ein klassischer Stierkampfnachmittag<br />
eben.<br />
Die Atmosphäre. die man bei einem Stier<br />
kampf erlebt erfasst einen ganz, schlägt<br />
einen in ihren Bann, alles beginnt.. .<br />
Wenn Du in eine Stierkampfarena kommst,<br />
so siehst Du als Erstes dieses Kolorit, das<br />
Licht, die Farbe des Kreidebodens.<br />
AKUTe Nachrichten: 2 – 2008 � S. 26<br />
Der Einzug der Stierkämpfer - der Moment,<br />
wo die festlichen Trachten so überaus<br />
glänzend erscheinen. Alle bilden eine<br />
geordnete Gruppe angeführt von den<br />
Alguaciles (berittene Platzräumer) hoch zu<br />
Pferde. Die Musik bemächtigt sich deiner<br />
Sinne. Alles ist vorbereitet dafür, dass du<br />
Teil dieser "Fiesta", dieses Stierkampffestes<br />
wirst. Du bist der Zuschauer, der Stierkampfkenner,<br />
der Komplize.<br />
Mir wurde beigebracht, dass der Torero im<br />
Angesicht der Bestie sein Leben aufs Spiel<br />
setzt, dass er sie zu bändigen hat, zu<br />
demütigen, damit sie dem roten Tuch<br />
unbedingt folgt.<br />
Das Pferd, der andere Protagonist, war ein<br />
weiteres positives Mitglied des Kampfes.<br />
Der Stier versuchte das arme Pferd umzustoßen,<br />
es wurde von der schwarzen Bestie<br />
skrupellos angegriffen. Dieser Stier war<br />
böse <strong>und</strong> es geschah ihm recht, dass ihm<br />
der Picador mit der Lanzenspitze zusetzte.<br />
Er sollte noch mehr zustoßen <strong>und</strong> erreichen,<br />
dass es dem Stier schließlich Leid<br />
tat. das arme Pferd angerempelt zu haben.<br />
Die Banderillas waren die guten Männer<br />
mit den Wurfpfeilen, aber ohne Stierkämpfertuch<br />
zur Selbstverteidigung, nur eben mit<br />
diesen Stangen. Die Angst ging um in allen<br />
Rängen. Das Herz stand einem still. Und<br />
wenn sie erst einmal um das Tier zum<br />
Laufen zu bringen - eingesetzt worden<br />
waren, rannte <strong>und</strong> rannte die Bestie hinter<br />
dein Banderillero her. Bloß gut, dass ein<br />
Torero mit Tuch ihn ablenkte. Das "Ablenkungsmanöver"<br />
war perfekt.<br />
Das ist die Wirklichkeit, die ein Kind sieht.<br />
Der Stier als das Böse. Die restlichen<br />
Teilnehmer am Kampf sind die Guten.<br />
Wenn sich dieses Bild dem Kind erst einmal<br />
eingeprägt hat, bleibt es in seinem<br />
Kopf, <strong>und</strong> das Kind ist in der Lüge des<br />
Stierkampfes gefangen.<br />
Ich habe H<strong>und</strong>erte von Stieren sterben<br />
sehen, sah viele Male, wie Toreros <strong>und</strong><br />
Helfer auf die Hörner genommen wurden.<br />
Ich sah tote Pferde in der Arena <strong>und</strong> Hun<br />
derte von grausamen Episoden. Aber ich<br />
bin nicht hier, um über Einzelheiten zu<br />
berichten, sondern über die<br />
Wirklichkeit als Ganzes.<br />
Mein Geist blieb jahrelang gegenüber einer<br />
Wirklichkeit verschlossen, nämlich derjenigen<br />
des Stieres.<br />
Ich sah Stiere hin zum Stierzwinger flüch-<br />
ten, denn sie wussten, dass sie von dorther<br />
gekommen waren. Sie wollten fliehen.<br />
wussten nicht, wozu sie dort waren.<br />
Ich sah, wie Stiere den Torero auf die<br />
Hörner nahmen <strong>und</strong> dann ihren Angriff<br />
aufgaben. Sie wollten nur noch in Ruhe<br />
gelassen werden <strong>und</strong> nicht noch mehr<br />
Schmerzen zugefügt bekommen.<br />
Ich sah viele Stiere weinen, hörte viele vor<br />
Schmerzen schreien. Wahre Schreie, so<br />
dass mir noch heute die Haare zu Berge<br />
stehen. Damals jedoch waren es nur Zeichen<br />
mangelnder Klasse, Zeichen von<br />
Feigheit. Ich sah viele Stiere vor meinen<br />
Augen sterben <strong>und</strong> aß <strong>und</strong> trank dann in<br />
der Pause <strong>und</strong> lachte sogar über den Tod<br />
dieser Lebewesen. Heute verstehe ich<br />
nicht. wie man essen kann, nachdem man<br />
das gesehen hat. Aber fest steht, dass ich<br />
es tat <strong>und</strong> mich dabei wohlfühlte.<br />
Als Kind war ich aggressiv, hatte einen<br />
H<strong>und</strong> - meinen H<strong>und</strong>. Die restliche Tierwelt<br />
jedoch war nur dazu da, geopfert zu werden.<br />
Der Respekt war dahin. Mein Vater<br />
nahm mich mit auf die Jagd, um zu töten,<br />
nahm mich mit zum Angeln, um zu toten.<br />
Und ich war glücklich. Ich war dabei, ein<br />
nützlicher Mensch zu werden: hart, ohne<br />
Mitgefühl für die anderen <strong>Tiere</strong>. Und hart,<br />
hart auch gegenüber meiner eigenen Spezies.<br />
WIE SIEHT EIN STIERKAMPF-FAN ZUM<br />
ERSTEN MAL DEN STIER ALS LEIDEN-<br />
DES TIER?<br />
Jahre vergingen. Viele Jahre, bis sich eines<br />
Tages - ich war damals etwas über dreißig<br />
– bei einem Stierkampf während der Feria<br />
von Málaga etwas ereignete. Es war beim<br />
zweiten Stier jenes Nachmittags, als urplötzlich<br />
ein Stier hinter einem Stierkämpfertuch<br />
erschien. Ich staunte <strong>und</strong> verharrte<br />
in der Betrachtung dieses Tiers, das ich nie<br />
zuvor gesehen hatte. Ich, der ich imstande<br />
war, Tausende von Stieren vor meinen<br />
eigenen Augen sterben zu sehen. Aber an<br />
jenem Tag geschah etwas. Und es war<br />
eigentlich gar nichts Besonderes. Das<br />
Besondere an Jenem Tag war ich,<br />
der ich zum ersten Mal nach mehr als<br />
dreißig Jahren<br />
einen STIER sah.<br />
Ich stand von meinem Sitz auf <strong>und</strong> verließ<br />
die Arena, ohne ein Wort zu sagen. Seit<br />
dem habe ich niemals wieder eine Stierkampfarena<br />
betreten. Ich bin nicht zum<br />
Feind der Stierkämpfe geworden, sondern<br />
mir wurden sie gleichgültig.<br />
Jahre vergingen. Ich wusste, was bei den<br />
Corridas passierte, aber ich hegte diesbezüglich<br />
keinerlei Gefühle. Es war mir egal.<br />
Wenn man mich fragte, ob ich Stiere<br />
mochte, antwortete ich immer das Gleiche:<br />
Ja, mit Kartoffeln.