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Internationale Institutionen und nichtstaatliche Akteure

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ternationale Menschrechtsregime, die Gründung<br />

des internationalen Strafgerichtshofs<br />

<strong>und</strong> die aktive Rolle des VN-Sicherheitsrates<br />

seit 1990 zeigen, dass dieser Prozess auch in<br />

Politikfeldern wie Sicherheit <strong>und</strong> Herrschaft<br />

stattfindet. Und selbst in den Kernbereichen<br />

moderner Staatlichkeit, nämlich dem Steuermonopol<br />

<strong>und</strong> dem Gewaltmonopol, lassen<br />

sich entsprechende Tendenzen erkennen. ❙ 17<br />

Legitimationsprobleme<br />

internationaler <strong>Institutionen</strong><br />

Die Governance denationalisierter Problemlagen<br />

kann als Mehrebenensystem bezeichnet<br />

werden, da sie zunehmend durch das Zusammenspiel<br />

von funktional differenzierten, aber<br />

konstitutiv voneinander abhängigen Ebenen<br />

gekennzeichnet ist. Eine solche Mehr ebenen-<br />

Governance erhöht zwar die Effektivität von<br />

Regelungen im Falle denationalisierter Probleme;<br />

erzeugt jedoch gleichzeitig besondere<br />

Legitimationsprobleme. ❙ 18 In dem Maße<br />

wie internationale <strong>Institutionen</strong> eine eigenständige<br />

politische Autorität erlangen, steigt<br />

der Bedarf ihrer direkten Legitimierung. Der<br />

zweistufige Legitimationsprozess, bei dem<br />

Staatenvertreter als legitime Vertreter ihrer<br />

Bevölkerung ohne gesellschaftliche Beteiligung<br />

<strong>und</strong> öffentlichkeitsfern bindende Regeln<br />

aushandeln, genügt dann nicht mehr.<br />

Da die Entstehung von Autorität ausübenden<br />

<strong>Institutionen</strong> mit supranationalen Komponenten<br />

im Allgemeinen dem wachsenden<br />

Regelungsbedarf auf der internationalen<br />

Ebene geschuldet ist, sind diese Legitimationsprobleme<br />

in letzter Instanz Resultat der<br />

gesellschaftlichen Denationalisierung. Die<br />

Supranationalisierung <strong>und</strong> Transnationalisierung<br />

internationaler <strong>Institutionen</strong> ist insofern<br />

als Trend strukturell bedingt; sie ist<br />

17 ❙ Vgl. Philipp Genschel/Markus Jachtenfuchs,<br />

The Fiscal Anatomy of Multilevel Governance: The<br />

EU and the Regulation of Taxation, online: www.<br />

unc.edu/euce/eusa2009/papers/genschel_10F.pdf<br />

(16. 3. 2010); Eva Herschinger/Markus Jachtenfuchs/<br />

Christiane Kraft-Kasack, Transgouvernementalisierung<br />

<strong>und</strong> die ausbleibende gesellschaftliche Politisierung<br />

der inneren Sicherheit, in: Michael Zürn/<br />

Matthias Ecker-Ehrhardt (Hrsg.), Gesellschaftliche<br />

Politisierung <strong>und</strong> internationale <strong>Institutionen</strong>,<br />

Frankfurt/M. 2010.<br />

18 ❙ Vgl. Fritz W. Scharpf, Legitimität im europäischen<br />

Mehrebenensystem, in: Leviathan, 37 (2009) 2,<br />

S. 244–280.<br />

nötig <strong>und</strong> kann nicht einfach voluntaristisch<br />

zurückgedreht werden, ohne signifikante Regelungsdefizite<br />

auf der internationalen Ebene<br />

zu erzeugen, die selbst wiederum Akzeptanzprobleme<br />

hervorrufen.<br />

Um einen Umgang mit den konstitutionellen<br />

Problemen der globalen Mehrebenen-<br />

Governance zu finden, kann daher auf der gesellschaftlichen<br />

Ebene angesetzt werden. Das<br />

prozessuale Zustandekommen, der Inhalt der<br />

Ergebnisse internationaler Politikprozesse<br />

<strong>und</strong> vor allem die damit verb<strong>und</strong>enen subsystemischen<br />

Kompetenzzuweisungen bedürfen<br />

zunehmend der Rechtfertigung, die durch<br />

nationale Öffentlichkeiten, Parlamente <strong>und</strong><br />

die transnationale Zivilgesellschaft eingefordert<br />

werden. Dafür stehen zahlreiche sogenannte<br />

globalisierungskritische Gruppen wie<br />

Attac ebenso wie der national organisierte<br />

Widerstand gegen die Unterhöhlung demokratischer<br />

Souveränität etwa bei Referenden<br />

über die Europäische Integration.<br />

Die Thematisierung internationaler <strong>Institutionen</strong><br />

<strong>und</strong> Verträge vollzieht sich aber<br />

nicht allein durch Protest. Gleichzeitig fordern<br />

nämlich viele transnationale NRO<br />

<strong>und</strong> soziale Bewegungen stärkere internationale<br />

<strong>und</strong> transnationale Organisationen<br />

<strong>und</strong> zielen damit auf den ungedeckten Regelungsbedarf.<br />

So treten beispielsweise viele<br />

Umweltgruppen für eine zentrale Weltumweltorganisation<br />

<strong>und</strong> eine drastische Verschärfung<br />

klimapolitischer Maßnahmen auf<br />

der internationalen Ebene ein. Zuletzt wurde<br />

die Forderung nach stärkeren internationalen<br />

<strong>Institutionen</strong> im Kontext der jüngsten<br />

Finanzkrise deutlich.<br />

Es ist diese Doppelbewegung bestehend<br />

aus wachsenden Protesten gegen, bei gleichzeitig<br />

intensivierter Nutzung von internationalen<br />

<strong>Institutionen</strong>, die auf eine zunehmende<br />

Politisierung der Weltpolitik verweist – also<br />

die öffentliche Thematisierung von internationalen<br />

Angelegenheiten <strong>und</strong> Bedeutungszuweisung<br />

an internationale <strong>Institutionen</strong>.<br />

Im Zuge dieser Politisierung kann eine direkte,<br />

einstufige Verbindung zwischen den<br />

internationalen <strong>Institutionen</strong> <strong>und</strong> ihren gesellschaftlichen<br />

Adressaten erwachsen. NRO<br />

helfen somit, die Entscheidungen internationaler<br />

<strong>und</strong> transnationaler <strong>Institutionen</strong> mit<br />

den gesellschaftlichen Adressaten zu verbinden,<br />

indem sie die Interessen lokaler Grup-<br />

APuZ 34–35/2010 19

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