Internationale Institutionen und nichtstaatliche Akteure
Internationale Institutionen und nichtstaatliche Akteure
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Beziehung zwischen den Single-issue-Mechanismen<br />
<strong>und</strong> den konventionellen Organisationen<br />
wie der Ernährungs- <strong>und</strong> Landwirtschaftsorganisation<br />
der Vereinten Nationen<br />
(Food and Agriculture Organization of the<br />
United Nations, FAO) oder auch der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation<br />
(World Health Organization,<br />
WHO). Längerfristig wird sich<br />
jedoch die Frage nach ihrer institutionellen<br />
Verankerung stellen. Um sie beantworten zu<br />
können, wäre es wichtig, zunächst die neue<br />
Rolle des Staates <strong>und</strong> die anderen damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Politikinnovationen zu erk<strong>und</strong>en.<br />
Denn Staaten wenden sich zumeist an internationale<br />
Organisationen, weil sie von ihnen<br />
einen bestimmten Service erwarten, den sie<br />
alleine nicht erbringen können, zumindest<br />
nicht auf effiziente <strong>und</strong> effektive Art <strong>und</strong><br />
Weise. Im Augenblick wissen wir noch zu<br />
wenig darüber, welche multilateralen Organisationen<br />
wir in Zukunft brauchen werden<br />
<strong>und</strong> was genau von ihnen zu erwarten sein<br />
wird. Es muss sich auch erst noch genauer<br />
zeigen, inwieweit Multilateralismus weiterhin<br />
formal organisiert, das heißt auf <strong>Institutionen</strong><br />
bezogen ablaufen oder sich eher in flexiblerer<br />
Art vollziehen wird, etwa in der Form<br />
der Sechs-Parteien-Gespräche zu Nordkorea,<br />
<strong>und</strong> wie die global vernetzten <strong>nichtstaatliche</strong>n<br />
<strong>Akteure</strong> sich zu multilateralen staatlichen<br />
Initiativen verhalten werden.<br />
Der richtige Augenblick für gr<strong>und</strong>legende<br />
Reformen des gegenwärtigen multilateralen<br />
Systems ist noch nicht gekommen – wohl<br />
aber der Augenblick für Reformen im nationalen<br />
<strong>Institutionen</strong>gefüge, die notwendig wären,<br />
um die neue Vermittlerrolle des Staates<br />
zu unterstützen. Dazu gehört, das Verhältnis<br />
zwischen den Sektorministerien zum (immer<br />
noch so genannten) Außenministerium neu<br />
zu denken: Wer hat die Hauptverantwortung<br />
für globale Fragen? Wer stellt sicher, dass sich<br />
die nationalen <strong>und</strong> internationalen Bausteine<br />
zur Bereitstellung globaler öffentlicher Güter<br />
ergänzen? Ähnliche Fragen stellen sich<br />
in Bezug auf die Zusammenarbeit von parlamentarischen<br />
Ausschüssen. Auch dort besteht<br />
zumeist noch eine Trennung zwischen<br />
Innen- <strong>und</strong> Außenpolitik, die es in der Realität<br />
schon längst nicht mehr gibt.<br />
Neue Wege der Finanzierung erk<strong>und</strong>en:<br />
Nicht nur staatliche <strong>Institutionen</strong> hinken der<br />
Realität hinterher, wenn es um die Anpassung<br />
an Globalisierungsprozesse geht, son-<br />
dern auch die Wissenschaft: So gibt es trotz<br />
der wachsenden Zahl globaler Probleme <strong>und</strong><br />
Krisen noch keine umfassende, systematische<br />
Theorie globaler öffentlicher Güter, die Fragen<br />
von deren Bereitstellung auf nationaler<br />
<strong>und</strong> internationaler Ebene behandelt.<br />
Von einer solchen Theorie könnte man<br />
dann erfahren, ob durch die Globalisierung<br />
neue Möglichkeiten der Ressourcenmobilisierung<br />
geschaffen wurden. Wäre es nicht<br />
angebracht, dass <strong>Akteure</strong> (wie Banken), die<br />
Nutzen aus globalen öffentlichen Gütern<br />
(wie der Finanzmarktstabilität) ziehen, eine<br />
geringfügige (ihr Marktverhalten nicht verzerrende)<br />
Nutzungsabgabe zahlen – ähnlich<br />
den Gebühren, die auf nationaler Ebene<br />
für das Parken auf öffentlichen Plätzen <strong>und</strong><br />
Straßen oder als Eintrittsgeld in öffentliche<br />
Schwimmbäder erhoben werden? Wann sollten<br />
Abgaben dieser Art erhoben werden, <strong>und</strong><br />
wann eher Steuern, die darauf abzielen, Verhaltensänderungen<br />
herbeizuführen (wie beispielsweise<br />
von spekulativen Finanztransaktionen<br />
abzuhalten)? Die jüngsten Debatten<br />
über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer<br />
haben nur allzu deutlich gezeigt,<br />
wie dünn die wissenschaftliche Basis auf diesem<br />
Gebiet noch ist <strong>und</strong> wie schwach die Argumente<br />
sowohl auf der Seite der Gegner als<br />
auch der Befürworter sind.<br />
Der Mangel an öffentlichen Geldern ist sicherlich<br />
nicht das einzige Hindernis, das<br />
multilaterale Kooperation ins Stocken bringt.<br />
Einige Innovationen sind bereits zu verzeichnen<br />
– wie die Solidaritätsabgabe auf Flugtickets.<br />
Aber sie reichen bei Weitem nicht aus,<br />
um die anstehenden Probleme angemessen zu<br />
finanzieren, selbst wenn öffentlich-private<br />
Partnerschaften (public private partnerships)<br />
berücksichtigt werden. Allein für die Anpassung<br />
der Entwicklungsländer an die Auswirkungen<br />
der Klimaerwärmung werden etwa 30<br />
Milliarden US-Dollar pro Jahr benötigt – ein<br />
Betrag, der sich bis zum Jahr 2020 auf etwa<br />
100 Milliarden US-Dollar erhöhen wird. Die<br />
Identifizierung von neuen <strong>und</strong> zusätzlichen<br />
Ressourcen könnte es den Regierungen erleichtern,<br />
bei ihren Wählerinnen <strong>und</strong> Wählern<br />
politische Zustimmung für eine umfassendere<br />
Finanzierung globaler öffentlicher<br />
Güter zu finden. Es wäre höchst nützlich,<br />
wenn Ökonomen <strong>und</strong> Finanzexperten sich<br />
der Erforschung solcher Ressourcenquellen<br />
widmen würden – <strong>und</strong> überaus erfreulich,<br />
APuZ 34–35/2010 39