Hilfe kommt wie gerufen! Die Johanniter. - Diakonie Leipzig
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32 Jahresbericht 2011 Suchtberatung<br />
Suchthilfe<br />
für russischsprachige<br />
Menschen<br />
Das Projekt Interkulturelle Suchthilfe für Migranten, kurz<br />
IKUSH, hilft suchtmittelabhängigen Migranten, die nicht oder<br />
nur wenig deutsch sprechen. Das Projekt wird gefördert vom<br />
Gesundheitsamt <strong>Leipzig</strong>, insgesamt drei Personen sind dafür<br />
angestellt – jeweils Muttersprachler in den Sprachen persisch,<br />
arabisch und russisch. <strong>Die</strong> Kollegin für den russischen<br />
Sprachraum, Katja Kessler, ist bei der Suchtberatungsstelle<br />
und Behandlungsstelle Blaues Kreuz (SBB) angestellt. Frau<br />
Kessler ist selbst Russlanddeutsche und kam vor einigen<br />
Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland. Sie kennt die<br />
Probleme ihrer Landsleute und spricht ihre Sprache. Bei der<br />
Suchtberatungsstelle Blaues Kreuz berät und begleitet sie<br />
russischsprachige Menschen, die abhängig sind von Alkohol<br />
oder Drogen.<br />
Viele von ihnen kamen mit großen Hoffnungen nach Deutschland,<br />
haben eine gute Ausbildung, häufig einen Hochschulabschluss,<br />
konnten hier aber nicht Fuß fassen. Der Abschluss<br />
wurde nicht anerkannt, sie finden keine Arbeit, das Suchtproblem<br />
verschärft sich – der übliche Teufelskreislauf. Nur dass<br />
hier die etablierten <strong>Hilfe</strong>systeme nicht greifen, weil die<br />
Menschen oftmals nicht genug deutsch sprechen. Sie haben<br />
keine Motivation und vor allem keinen Kontakt zu den Einheimischen.<br />
Viele leben in ihrer eigenen - russischsprachigen -<br />
Welt. Bei der Beratung dieser Menschen geht es oftmals nicht<br />
nur um die Sucht an sich, sondern um das ganze Spektrum<br />
sozialer Beratung, um Antragstellung, Arbeitssuche, Probleme<br />
mit dem Arbeitsamt oder dem Jugendamt, um Wohnungssuche<br />
oder die Beantragung von Wohngeld. Frau Kessler<br />
vermittelt, übersetzt, berät und macht neuen Mut, wenn Pläne<br />
immer <strong>wie</strong>der an der Bürokratie oder anderen Problemen<br />
scheitern.<br />
Seit etwa einem Jahr gibt es eine Selbsthilfegruppe. Hier<br />
treffen sich etwa zehn Männer und Frauen. Sie sprechen über<br />
ihre Probleme, aber auch über die ganz normalen Dinge des<br />
Alltags. Und sie verbringen ein Stück Freizeit miteinander. <strong>Die</strong><br />
Fortschritte, die manche in ihrem Leben machen, sind<br />
Ansporn für die anderen – wenn es gelingt, über einen<br />
längeren Zeitraum ganz ohne Alkohol und Drogen zu leben,<br />
wenn man einen Arbeitsplatz oder einen Ausbildungsplatz<br />
bekommen hat, wenn man einen Schritt weiter ist, auf dem<br />
Weg in ein zufriedenes und suchtmittelfreies Leben. So <strong>wie</strong><br />
Alexander (Name geändert), der von Anfang an dabei ist und<br />
mittlerweile selbst die Gruppe leitet. Er ist 32 Jahre alt und in<br />
Russland geboren und aufgewachsen. Seit elf Jahren lebt er<br />
nun in Deutschland und hat ein bewegtes Leben hinter sich:<br />
„Ich nahm viele Jahre lang verschiedene Drogen, schon in<br />
Russland, dann auch in Deutschland und war mehrmals in<br />
Haft wegen Beschaffungskriminalität. Durch eine geschlossene<br />
Therapie im Maßregelvollzug ist es mir gelungen, mit<br />
Drogen aufzuhören. Jetzt bin ich seit fünf Jahren „clean“. Ich<br />
habe einen festen Job, mache Weiterbildung. Bald möchte ich<br />
eine eigene Familie gründen. In unserer Selbsthilfegruppe für<br />
russischsprachige Menschen fühle ich mich wohl. In der<br />
Gruppe können wir uns öffnen und aktiv mitteilen. Wir denken<br />
alle in der gleichen Sprache. Einigen hat unsere Gruppe schon<br />
dabei geholfen, erste Schritte zu machen, sich von ihrer Sucht<br />
zu befreien. Unsere Treffen helfen auch denen, die schon<br />
„clean“ leben, sich in diese neue Lebensweise zu finden und<br />
gemeinsam Lösungen für verschiedene Alltagsprobleme zu<br />
suchen.“<br />
Im Mai 2012 läuft das Projekt IKUSH aus. Frau Kessler und<br />
ihre Klienten hoffen, dass es auch danach eine Möglichkeit<br />
gibt, suchtkranke Migranten in ihrer eigenen Sprache zu<br />
beraten und ihnen zu helfen, einen Weg aus der Sucht heraus<br />
und in ein zufriedenes Leben in diesem Land zu finden.<br />
Susanne Straßberger, Presse I Fundraising