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Herrmann, Emanuel Naturgeschichte der Kleidung ... - modetheorie.de

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www.<strong>mo<strong>de</strong>theorie</strong>.<strong>de</strong><br />

Herrrmann, <strong>Naturgeschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Kleidung</strong>, 1878, 14 (170)<br />

sere Haut nicht <strong>de</strong>n zierlichen Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>schuppen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schmetterlingsflügel o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n<br />

glänzen<strong>de</strong>n Decken <strong><strong>de</strong>r</strong> Käfer? Wie gut stün<strong>de</strong>n uns natürliche Schil<strong>de</strong> aus<br />

Schildkrötenschalen, Helme aus Schneckenhäusern, und in gewissen fatalen Situationen<br />

wäre uns selbst eine Rhinoceros- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Krokodilshaut sicher auch nicht<br />

unerwünscht.<br />

Die Rosenblüthen könnten vielleicht dauernd das Haar und die Lilien <strong>de</strong>n Busen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Damen schmücken. So aber sind unsere Hautschuppen unsichtbar klein, und<br />

das bischen Haarwuchs<br />

28<br />

nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Re<strong>de</strong> werth. Darum rächen wir uns an <strong><strong>de</strong>r</strong> Natur und plün<strong><strong>de</strong>r</strong>n sie, um<br />

uns zu klei<strong>de</strong>n und zu schmücken, wo wir nur können. Darin thut’s uns kein Thier<br />

gleich. Keines schmückt sich mit frem<strong>de</strong>n Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>n, mag es sonst auch noch so sehr<br />

im Nachäffen und Ausplün<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>m menschlichen I<strong>de</strong>ale nahekommen. Unsere<br />

Klei<strong><strong>de</strong>r</strong> sind aus jenen Beutestücken zusammengesetzt, welche wir als grösstes<br />

und geistreichstes Raubthier <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> unseren „Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>n im stillen Busch, in Luft<br />

und Wasser“ entrissen haben. Muss nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Sei<strong>de</strong>nwurm für uns spinnen, das<br />

Schaf sich scheeren lassen und anstatt unser frieren - nehmen wir <strong><strong>de</strong>r</strong> Baumwollstau<strong>de</strong><br />

nicht die warme Fruchthülle, <strong>de</strong>m Hanf und Leinen die schützen<strong>de</strong>n Bastfasern<br />

kecklich ab? Das Wild muss uns hiezu seinen Pelz, das Rind seine Haut<br />

überlassen, und die Schalen <strong><strong>de</strong>r</strong> Perlen- und Perlmutter-Muscheln, wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Cocos-<br />

und Steinnüsse dienen uns, wenn auch in an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Form und Weise, zu Knöpfen,<br />

Schliessen und an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Halte- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Zier-Apparaten, <strong><strong>de</strong>r</strong>en wir die Thiere berauben.<br />

Aber warum wuchs uns eben kein Haarkleid? Weil wir auf <strong>de</strong>n Flügeln <strong><strong>de</strong>r</strong> Willens- <br />

29<br />

kraft und Intelligenz von jenem Welttheile Lemuria aus viel zu rasch über die<br />

ganze Er<strong>de</strong> weitereilten, welcher mit <strong>de</strong>n Gebeinen <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Menschenracen<br />

längst im indischen Ocean versunken ist. Die langsame Weberin Natur, mit ihrer<br />

urlangweiligen Metho<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Anpassung und Vererbung kam <strong>de</strong>m Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>bedarfe<br />

<strong>de</strong>s Menschen nicht nach, und so sind wir nackt geblieben vom Mutterleibe aus,<br />

aber doch beklei<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n mit einem wahren Mikrokosmos <strong>de</strong>s Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>wesens<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Natur!<br />

Und darin liegt eben <strong><strong>de</strong>r</strong> allergrösste natürliche Vorzug unserer künstlichen Haut.<br />

Während die natürliche Hautbe<strong>de</strong>ckung nur im Wege <strong>de</strong>s Abwerfens und langsamen<br />

Erneuerns <strong><strong>de</strong>r</strong> Schalen, Schuppen, Haut<strong>de</strong>cken, Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Haare, durch Häutung<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Mauserung gewechselt wer<strong>de</strong>n kann, was mit Schwächezustän<strong>de</strong>n verbun<strong>de</strong>n<br />

zu sein pflegt und sich bei <strong>de</strong>n nie<strong><strong>de</strong>r</strong>en Thieren überhaupt nur in gewissen<br />

Entwicklungsphasen, bei <strong>de</strong>n höheren nur während <strong>de</strong>s Uebergangs von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

kalten zur warmen und von dieser zu jener Jahreszeit vollziehen kann, haben wir<br />

eine willkürliche Variation <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut<strong>de</strong>cken erreicht, welche in <strong>de</strong>n raschesten<br />

Sprüngen<br />

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Herrrmann, <strong>Naturgeschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Kleidung</strong>, 1878, 14 (170)

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