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Herrmann, Emanuel Naturgeschichte der Kleidung ... - modetheorie.de

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www.<strong>mo<strong>de</strong>theorie</strong>.<strong>de</strong><br />

Herrrmann, <strong>Naturgeschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Kleidung</strong>, 1878, 97 (170)<br />

geformter Na<strong>de</strong>ln auf <strong>de</strong>m Scheitel zu befestigen. Bei <strong>de</strong>n stammverwandten Jonern<br />

hat sich diese Tracht unter <strong>de</strong>n älteren Leuten sehr lange erhalten“.<br />

In unsere Sprechweise übersetzt, wür<strong>de</strong> Thukydi<strong>de</strong>s’ Erzählung etwa be<strong>de</strong>uten,<br />

dass mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zopfzeit auch die Leinenwäsche verschwand, weil man sie für verweichlichend<br />

hielt. Auch wir erlebten gera<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zopfs eine Sansculotte-<br />

und sodann eine Turner- (Rousseau-, Salzmann- und Jahn-) Epoche, in<br />

welcher man aller Verweichlichung <strong>de</strong>n Krieg erklärte. Aber die glücklichen<br />

Athener setzten das durch, was bei uns nur frommer Wunsch einiger edlen<br />

Schwärmer blieb. Dafür grassiren bei uns die<br />

217<br />

Kaltwasserheilanstalten, ähnlich wie in Rom von <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit ab, als <strong><strong>de</strong>r</strong> kluge Musa<br />

<strong>de</strong>m Caesar Augustus anrieth, seine von dichten, sechsfachen Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>n und warmen<br />

Bä<strong><strong>de</strong>r</strong>n geschwächte und unendlich empfindlich gewor<strong>de</strong>ne Haut durch kalte<br />

Douchen zu kräftigen. Später kamen in Rom auch noch Luftbä<strong><strong>de</strong>r</strong> auf, die Apricationes,<br />

von welchen <strong><strong>de</strong>r</strong> jüngere Plinius erwähnt: „in sole, si caret vento, ambulat<br />

nudus“. Man nahm diese Luftbä<strong><strong>de</strong>r</strong> auch im Winter, im Sonnenschein liegend<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> gehend, und gänzlich nackt. So führt das eine Extrem zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>n!<br />

Wir haben bisher angenommen, nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Mensch än<strong><strong>de</strong>r</strong>e mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Mo<strong>de</strong> die Empfindlichkeit<br />

seiner Haut, während das Klima genau gleich bleibe. Nach <strong>de</strong>n Ergebnissen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> neueren Naturforschung dürfte aber doch schon in historischer Zeit<br />

in allen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt eine Aen<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Klima’s eingetreten sein. In <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Perio<strong>de</strong> von 21.000 Jahren wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt sich nämlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Cyclus einer Aen<strong><strong>de</strong>r</strong>ung in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong> grossen Achse unserer Erdbahn, welche bewirkt, dass 10.500<br />

Jahre hindurch die gleichen Jahreszeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Erdhälfte bis um sieben Tage<br />

länger wer<strong>de</strong>n. Dies hat eine grös-<br />

218<br />

sere Erwärmung <strong><strong>de</strong>r</strong> einen, eine gleichzeitig vermehrte Abkühlung <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Erdhälfte zur Folge, welche sich inzwischen bis weit von <strong>de</strong>n Polen herab mit Eis<br />

und Meeresfluth be<strong>de</strong>ckt. Diese Eiszeit lässt sich auf <strong><strong>de</strong>r</strong> nördlichen Erdhälfte in<br />

ihren Wirkungen noch genau beobachten. An <strong>de</strong>n Ufern <strong>de</strong>s Genfersee’s, welcher<br />

damals zum grössten Theile mit Gletschereis ausgefüllt war, sind die in <strong>de</strong>n Felsen<br />

eingerissenen Spuren <strong>de</strong>s Eisstroms <strong>de</strong>utlich zu erkennen. Die höchste geschichtlich<br />

verbürgte Wärmezeit fiel in das Jahr 1248 nach Christi Geburt, als<br />

Friedrich II., <strong><strong>de</strong>r</strong> Hohenstaufe, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Kaiserthron inne hatte. Demnach<br />

kann das Volk Alt-Aegyptens, das dieses Land im Jahre 9252 vor Christi Geburt<br />

möglicherweise schon besie<strong>de</strong>lt hatte, seither <strong>de</strong>n Cyclus <strong><strong>de</strong>r</strong> allmäligen Erwärmung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> nördlichen Erdhälfte ganz durchgemacht haben. Wir aber befin<strong>de</strong>n uns<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Perio<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkältung und dürfte im Jahre 11.748 unserer Zeitrechnung<br />

Paris im Polareise stecken, sonach kaum mehr in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mo<strong>de</strong> tonangebend sein<br />

können. O<strong><strong>de</strong>r</strong> wird man dann vielleicht auch in <strong>de</strong>n Tropen eine Pariser Polareistracht<br />

mit Eisbären-Jaquets und Filz-<br />

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Herrrmann, <strong>Naturgeschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Kleidung</strong>, 1878, 97 (170)

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