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Herrmann, Emanuel Naturgeschichte der Kleidung ... - modetheorie.de

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www.<strong>mo<strong>de</strong>theorie</strong>.<strong>de</strong><br />

Herrrmann, <strong>Naturgeschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Kleidung</strong>, 1878, 70 (170)<br />

terklei<strong><strong>de</strong>r</strong> und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Annehmlichkeiten gewöhnt, dass man auf dieselben nicht<br />

mehr verzichten will, wenn auch die Oberkleidung wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu normaler Weite o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Dichtigkeit zurückgegangen ist.<br />

Dies ist nun die Ursache, warum mit fortschreiten<strong><strong>de</strong>r</strong> Cultur die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>schichten<br />

stetig zunimmt, ohne dass gera<strong>de</strong> klimatische o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e verän<strong><strong>de</strong>r</strong>liche<br />

Einflüsse dazu zwingen. Diese Schichtenbildung umfasst jedoch<br />

154<br />

nicht immer die ganze Körperbekleidung. Die Kopf-, Hand- und Fussbe<strong>de</strong>ckung,<br />

ja auch Arm-und Beinklei<strong><strong>de</strong>r</strong> bleiben oft unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>t stehen, während das Mittelleibskleid<br />

sich bereits eine o<strong><strong>de</strong>r</strong> vielleicht auch zwei weitere Schichten zugesellt<br />

hat.<br />

So kommt es <strong>de</strong>nn, dass eine und dieselbe Oberkleidung aus mehrfach geschichteten<br />

Theilen besteht, welche zugleich verschie<strong>de</strong>nen Formationen (d. h. Gesammtheiten<br />

von Schichten <strong><strong>de</strong>r</strong> gleichen Entwicklungsperio<strong>de</strong>) angehören. Ein<br />

Strassenanzug z. B. besteht aus einem Ueberrocke in <strong><strong>de</strong>r</strong> vierten Schichte, <strong>de</strong>ssen<br />

Aermel befin<strong>de</strong>n sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> dritten Schichte, Beinkleid und Schuh bil<strong>de</strong>n die<br />

zweite, und <strong><strong>de</strong>r</strong> Hut, sowie die Handschuhe die erste Schichte. Die Handschuhe<br />

jedoch stammen, obschon sie wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Hut <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Schichte angehören, <strong>de</strong>nnoch<br />

aus einer viel späteren Perio<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Schichtenbildung (Formation), als <strong><strong>de</strong>r</strong> Hut.<br />

Dieselben gehören zur spätesten Formation <strong><strong>de</strong>r</strong> Schutz-, Deck- und Hüllkleidung.<br />

Und besehen wir die verschie<strong>de</strong>nen übereinan<strong><strong>de</strong>r</strong> angezogenen Schichten genau,<br />

so fin<strong>de</strong>n wir, dass die obere Schichte stets die ältere,<br />

155<br />

die untere die jüngere ist, und dass je<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong>selben nur verschie<strong>de</strong>ne Entwicklungsstadien<br />

eines und <strong>de</strong>sselben Verwandlungs-Processes darstellt. Der Ueberrock war<br />

zuvor Rock, <strong><strong>de</strong>r</strong> Rock Wamms o<strong><strong>de</strong>r</strong> juste-au-corps, das Gilet Leibchen. In noch<br />

früherer Perio<strong>de</strong> mag <strong><strong>de</strong>r</strong> Ueberrock selbst Leibchen, ja vielleicht Hem<strong>de</strong> gewesen<br />

sein.<br />

Allerdings gleicht das Hem<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> primitiven Culturzeit, als einziges <strong>de</strong>n Mittelleib<br />

um-schliessen<strong>de</strong>s Gewand, nicht genau <strong>de</strong>m Hem<strong>de</strong> von heute, welches <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zweitjüngsten Formation <strong>de</strong>s Mittelleibes angehört. Die allerjüngste Formation<br />

jedoch, welche soeben unter <strong>de</strong>m Hem<strong>de</strong>, unmittelbar am Leibe entsteht, wird<br />

durch das Gesundheitsleibchen aus Crêpe, Netzstoff, Wirk- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Strickarbeit repräsentirt.<br />

Der beklei<strong>de</strong>te Mensch gleicht darin seiner Mutter Er<strong>de</strong>, dass er von Schichten<br />

umgeben ist, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Alter ein sehr ungleichartiges genannt wer<strong>de</strong>n muss. Ein<br />

Bekleidungs-Gelehrter wür<strong>de</strong> bei Bestimmung <strong>de</strong>s Alters und <strong><strong>de</strong>r</strong> Reihenfolge <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Theile <strong><strong>de</strong>r</strong>selben, sich ebensowenig auf die zufällige Aufeinan<strong><strong>de</strong>r</strong>folge <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schichten stützen können, wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Geologe, welcher junges Eruptiv-<br />

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Herrrmann, <strong>Naturgeschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Kleidung</strong>, 1878, 70 (170)

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