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Herrmann, Emanuel Naturgeschichte der Kleidung ... - modetheorie.de

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www.<strong>mo<strong>de</strong>theorie</strong>.<strong>de</strong><br />

Herrrmann, <strong>Naturgeschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Kleidung</strong>, 1878, 37 (170)<br />

IV.<br />

ZUR GESCHICHTE DER KLEIDUNGSSTÜCKE. - ZWEITE GRUPPE.<br />

Geistreiche Romanciers wissen <strong>de</strong>n langathmigsten Capiteln stets die pikanteste<br />

Einleitung voranzuschicken und das „Nur hereinspaziert meine Herren und Damen!“<br />

in <strong>de</strong>n buntesten Variationen geschickt anzuwen<strong>de</strong>n. Für uns möge <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

sprö<strong>de</strong> Stoff durch seine eigenen intimen Beziehungen zum verehrten Leser -<br />

<strong>de</strong>nn was ist wohl intimer, als eine Hose und ein Hem<strong>de</strong> - selber sprechen, und für<br />

die etwas gelehrt angehauchte Darstellung ein „Verzeihe“ erwirken.<br />

Gewiss ist vor Allem die Entwicklung <strong>de</strong>s Hals-, <strong>de</strong>s Arm- und <strong>de</strong>s Beinklei<strong>de</strong>s<br />

interessant<br />

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und doch wenig erforscht. Es gab und gibt viele Völker, welche we<strong><strong>de</strong>r</strong> Halskrägen,<br />

noch Aermel, noch Beinklei<strong><strong>de</strong>r</strong> kennen. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Perio<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Umwurfkleidung<br />

dient <strong><strong>de</strong>r</strong> Pelz o<strong><strong>de</strong>r</strong> Mantel ganz generell auch als Hals- und Armumhüllung, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schurz o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> hemdartige Rock auch als Beinkleid. Nur bei <strong>de</strong>n In<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n<br />

die dünnen baumwollenen Zeuge speciell um Arme und Beine gewickelt. Im Alterthum<br />

trugen nur die Me<strong><strong>de</strong>r</strong>, Perser, Scythen und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Berg- und Steppenvölker<br />

Beinklei<strong><strong>de</strong>r</strong> als Anzugstücke (Hosen) und von <strong>de</strong>n gebil<strong>de</strong>teren Nationen war<br />

es ausser<strong>de</strong>m nur ein Stamm <strong><strong>de</strong>r</strong> Griechen (die Jonier), welcher zwar nicht <strong>de</strong>m<br />

Beinklei<strong>de</strong>, wohl aber <strong>de</strong>m Aermel Eingang gewährte. Die Gallier brachen bei<strong>de</strong>n<br />

Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>theilen für die neuere Zeit Bahn und unsere Tracht charakterisirt sich gera<strong>de</strong>zu<br />

als Kragen-, Aermel-, und für das ganze männliche Geschlecht auch als<br />

Beinkleidtracht.<br />

Die Hals-, Arm- und Beinbekleidung drückt schon durch ihre Construction <strong>de</strong>n<br />

organischen Zusammenhang <strong><strong>de</strong>r</strong> Extremitäten mit <strong>de</strong>m Mittelleibe aus. Nur ganz<br />

unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> und ausnahmsweise in Gebrauch gelangen<strong>de</strong> <strong>Kleidung</strong>s-<br />

81<br />

stücke <strong>de</strong>s oberen En<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Halses, wie Boa’s, Shawls, Bandzier und Halsschmuck,<br />

dann <strong>de</strong>s organisch gleichbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n unteren En<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> Arme und<br />

Beine, wie die ganz ähnlichen Puls- und Wa<strong>de</strong>nwärmer, Bracelets, Fussringe (bei<br />

wil<strong>de</strong>n Völkern) gelangen zu einiger Selbstständigkeit als beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong>Kleidung</strong>sstücke.<br />

Dagegen ist alles Kragen- und Manchettenwerk Anhängsel <strong><strong>de</strong>r</strong> Mittelleibs-<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> Armbekleidung, und alle Arm- und Beinbekleidung (Aermel, Hosen, Unterröcke)<br />

hängt <strong>de</strong>m Zuschnitte nach und selbst mittelst Nähten mit <strong>de</strong>n Mittelleibklei<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

fest zusammen.<br />

Wenn auch im alten Aegypten selbständige Halskrägen vorzukommen scheinen,<br />

welche auf <strong>de</strong>m nackten Leibe getragen wur<strong>de</strong>n, so dürften dieselben doch mehr<br />

als Schmuck <strong>de</strong>nn als <strong>Kleidung</strong> gedient, und vielleicht eine symbolische Be<strong>de</strong>utung<br />

gehabt haben. (Siehe Fig. 12 c, d.) Das griechische und römische Alterthum<br />

hielt <strong>de</strong>n Hals frei. Wir dagegen begraben <strong>de</strong>nselben seit dreihun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahren in<br />

www.<strong>mo<strong>de</strong>theorie</strong>.<strong>de</strong><br />

Herrrmann, <strong>Naturgeschichte</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Kleidung</strong>, 1878, 37 (170)

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