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Restitutionsbericht 2004 - Wien Museum

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von seinen zahlreichen Reisen durch Europa an seine Familie geschrieben hatte und<br />

die nach dem Tod seiner Tochter Louise (oder Luise) an Roessler übergegangen, bald<br />

darauf aber von der Gestapo beschlagnahmt worden waren. In dem Artikel hieß es:<br />

„Am 1. Jänner 1940 hat die letzte, damals noch lebende Tochter, Louise von Alt, mit der<br />

ich seit Jahrzehnten befreundet war, mir als dem Biographen ihres Vaters diese Briefe<br />

geschenkt. Im Sommer 1941 starb Fräulein von Alt hoch betagt. In ihrem Testament<br />

bestätigte die Verewigte die mir ‚mit der warmen Hand’ gemachte Schenkung und<br />

autorisierte mich zugleich, die Briefe im Druck zu veröffentlichen. Gleich zwei anderen<br />

Zeugen, die bei der eigenhändigen Unterfertigung der letztwilligen Verfügung von<br />

Louise von Alt zugegen waren, erhielt auch ich eine von der Erblasserin selbst<br />

unterschriebene genaue Kopie ihres Testaments.<br />

Donnerstag, den 4. Dezember 1941, kurz nach sieben Uhr früh, kamen zwei Beamte<br />

der Gestapo, einer in SS-Uniform, der andere in Zivil, in meine Wohnung und erklärten,<br />

den Befehl erhalten zu haben, die in meinem ‚unbestritten rechtmäßigen’ Besitz<br />

befindlichen Briefe von Rudolf von Alt ‚zwecks Sicherstellung’ mir weg- und mitnehmen<br />

zu müssen, da ich ‚zugestandenermaßen nicht Mitglied der Reikuka’ (damals vernahm<br />

ich zum ersten Male diese kurios klingende Abkürzung von Reichskulturkammer) sei!<br />

Der uniformierte Gestapomann wies ein Schreiben der Reichskulturkammer,<br />

Kunstabteilung <strong>Wien</strong>, unterfertigt von deren Leiter, dem Maler Prof. Leopold<br />

Blauensteiner, vor, dessen Wortlaut tatsächlich zu dieser unerhörten, durch nichts zu<br />

rechtfertigenden ‚Beschlagnahme’ den Auftrag gab.<br />

Mein Protest gegen diesen gewaltsamen Eingriff in meine Rechte und räuberischen<br />

Zugriff in meinen Besitz wurde von den beiden Beamten mit Achselzucken abgetan und<br />

mir nur, unter Berücksichtigung der frühen Stunde, meines körperlichen Leidens und<br />

der Notwendigkeit, eine genaue Liste der zu übergebenden Alt-Briefe anzufertigen, eine<br />

Frist von drei Tagen zur Ablieferung der Briefe gewährt.<br />

Montag, den 8. Dezember 1941, um zehn Uhr vormittags, meldete ich mich mit den<br />

‚sicherzustellenden’ Briefen Alts (es handelt sich dabei um mehr als 450 Stück) im<br />

Hause der Gestapo am Morzinplatz in dem Zimmer 347, aus dem ich durch einen<br />

Zwischenraum in das Zimmer 349 geführt wurde, wo ich dieselben zwei Beamten<br />

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