Restitutionsbericht 2004 - Wien Museum
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Rudolf von Alt lebte zusammen mit seiner unverehelichten Tochter Luise (Aloisia). Nach<br />
seinem Tode fanden sich eine Reihe von Familienbriefen vor, insbesondere die Briefe<br />
Rudolf von Alts an seine verstorbene Gattin. Irgendeine letztwillige Verfügung über<br />
[den] literarischen Nachlass war nicht vorhanden. Zwischen den Angehörigen wurde<br />
auch keine Vereinbarung darüber getroffen. Die Briefe blieben de facto in der<br />
Sterbewohnung, also wegen des gemeinsamen Haushaltes bei der hinterbliebenen<br />
Tochter Luise von Alt. Über eine Berechtigung zur Verfügung über die Briefe wurde<br />
nicht ausdrücklich gesprochen. Wohl aber erklärte Luise von Alt ihrer Nichte Johanna<br />
Fleckseder, <strong>Wien</strong> IX., Garnisongasse 22, wiederholt, dass sie die Briefe ohne<br />
Zustimmung der Familienangehörigen nicht hergebe.<br />
Luise (Aloisia) von Alt verstarb am 27. 9. 1941 in der Wohnung VIII., Skodagasse 11.<br />
Die Verlassenschaftsabhandlung wurde vom Amtsgericht <strong>Wien</strong> (jetzt Bezirksgericht<br />
Innere Stadt) zur GZ 12 A 643 / 41 geführt. Sie hinterließ ein mit Maschinenschrift<br />
verfasstes Zeugentestament vom 16. 3. 1938, in dem sie (ihr Bruder Rudolf war 1910<br />
verstorben) als Erben die Nichte Johanna Fleckseder, <strong>Wien</strong> IX., Garnisongasse 22, die<br />
Großnichten Susanna Schinzel und Traude Kroupa und ihre Wirtschafterin Amalia<br />
Brezina einsetzte. Prof. Arthur Roessler fertigte das Testament als einer der drei<br />
Testamentszeugen. Das Testament wurde offen vom Erbenmachthaber, Rechtsanwalt<br />
Dr. Hadmar Schandl. I., Hermann Göringplatz 10, am 20. 10. 1941 zur Publikation<br />
durch den Notar Grasschopf als Gerichtskommissär überreicht. Das<br />
Publikationsprotokoll vermerkt: ‚Nichts Bedenkliches! Doch ist der Zeuge Prof. Roessler<br />
im Testament mit einem Legat bedacht § 594 ABGB.’<br />
Mit Rücksicht auf diesen Vermerk der Unbedenklichkeit des Testamentes bin ich der<br />
Mitteilung nicht mehr nachgegangen, dass bei dem Legat an Prof. Rössler<br />
Ausbesserungen im Originaltestament vorhanden gewesen sein sollen.<br />
Es stellte sich in der Folge heraus, dass die scheinbar stark unter dem Einfluss des<br />
Herrn Prof. Roessler gestandene 82 ½ - jährige Luise von Alt kurz vor ihrem Tode die<br />
Briefe bereits Prof. Roessler übergeben hatte. Infolgedessen lud Dr. Schandler namens<br />
der Hinterbliebenen Prof. Roessler zur Aufklärung ein. Dies erfolgte auf ausdrücklichen<br />
Wunsch der hinterbliebenen Familienangehörigen Rudolf von Alts. Denn diese hatten<br />
Luise von Alt nie für allein verfügungsberechtigt hinsichtlich der Briefe erachtet, was die<br />
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