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„trockener“ Tage in der Gruppe der mit<br />

Acamprosat behandelten Patienten. Die Abstinenzraten<br />

sowohl in der Acamprosat- als<br />

auch in der Placebogruppe waren aber<br />

deutlich schlechter als in der gesamten deutschen<br />

Studie (20% bzw. 7%). Untersuchungen<br />

von Ladewig et al. (1993), Pelc et al.<br />

(1994), Paille et al. (1995) und Besson et al.<br />

(1998) lieferten ebenfalls positive Ergebnisse<br />

(Übersicht in Soyka, 1996, 1999).<br />

Zu den eher seltenen Nebenwirkungen von<br />

Acamprosat gehören Übelkeit, Erbrechen,<br />

Bauchschmerzen, Juckreiz, papulöse Erytheme<br />

sowie gelegentlich Störungen der sexuellen<br />

Erregbarkeit, Verwirrtheit und Schlafstörungen.<br />

Die häufigste Nebenwirkung ist<br />

ein in der Regel dosisabhängiger Durchfall,<br />

der meist klinisch sehr milde verläuft und selten<br />

zum Absetzen des Medikaments führt.<br />

Acamprosat ist in Frankreich seit 1989, in<br />

den meisten europäischen Ländern seit<br />

1996/97 zugelassen.<br />

Opioid-Antagonisten<br />

(Naltrexon, Nalmefen):<br />

Eine Reihe von Befunden haben gezeigt,<br />

dass das Opioid-Endorphin-System bei<br />

chronischen Alkoholkranken verändert ist.<br />

Dies zeigten zum Beispiel Neuro-Imaging-<br />

Untersuchungen mit Opioid-Rezeptor-PET<br />

(Übersicht in Soyka, 1999), aber auch neuroendokrinologische<br />

Untersuchungen.<br />

Funktionell von Bedeutung ist im Übrigen,<br />

dass das Opioid-Endorphin-System mit dem<br />

mesolimbischen Dopamin-System verschaltet<br />

ist, das heißt, dass über eine Regulation<br />

des Opioid-Endorphin-System auch die mesolimbische<br />

Dopamin-Ausschüttung, zum<br />

Beispiel im Nucleus accumbens indirekt moduliert<br />

wird. Zahlreiche Befunde deuten darauf<br />

hin, dass das mesolimbische Dopamin-<br />

System sowie das Opioid-Endorphin-System<br />

vor allem für die akuten Effekte von Rauschdrogen,<br />

einschließlich Alkohol von Bedeutung<br />

sind. So konnte zum Beispiel gezeigt<br />

werden, dass My-Opioid-Rezeptoren auf<br />

Nervenzellen in der Area ventralis tegmentalis<br />

sitzen, dem Ursprungsort mesolimbischer<br />

dopaminerger Neurone. Diese ziehen<br />

in den Bereich des Nucleus accumbens. Ihnen<br />

wird eine Schlüsselrolle bei der Aktivierung<br />

psychomotorischer Stimulierung zugeschrieben<br />

(Spanagel und Zieglgänsberger,<br />

1996).<br />

Klinisch wurden bislang vor allem der<br />

Opioidantagonist Naltrexon (Nemexin), in<br />

einigen Untersuchungen auch ein weiterer<br />

Opioidantagonist (Nalmefen) bei Alkoholkranken<br />

eingesetzt.<br />

Die Studien in den USA haben insgesamt<br />

günstigere Ergebnisse geliefert als die europäischen<br />

Untersuchungen.<br />

Volpicelli et al. (1992) konnten an 70 alkoholabhängigen<br />

Männern, überwiegend<br />

ehemalige Soldaten, in einer 12wöchigen<br />

placebo-kontrollierten Doppel-Blind-Untersuchung<br />

zeigen, bei Patienten die Naltrexon<br />

(50 mg/die) erhielten, weniger Alkoholverlangen<br />

als bei anderen Patienten, im Übrigen<br />

war die Trinkmenge reduziert. Die Abstinenz<br />

war deutlich, aber nicht signifikant<br />

geringer als in der Placebogruppe. Der Untersuchung<br />

von O`Malley et al. (1992) war,<br />

ähnlich wie bei Volpicelli et al. (1992) eine<br />

sehr breite Rückfalldefinition zu Grunde gelegt<br />

worden (5 oder mehr Tage mit Alkoholkonsum<br />

in der Woche, mehr als 5 Drinks<br />

oder eine BAK von über 1 Promille zum Untersuchungszeitpunkt).<br />

Unter Zugrundelegung<br />

dieser Rückfalldefinition hatte sich eine<br />

signifikant höhere Rückfallrate in der Placebogruppe<br />

gezeigt. O`Malley et al. (1992)<br />

führte eine ebenfalls 12-wöchige placebokontrollierte<br />

Doppelblindstudie an insgesamt<br />

104 Patienten durch, wobei zusätzlich zwei<br />

Psychotherapieverfahren (Verhaltenstherapie<br />

sowie supportive Therapie) durchgeführt<br />

wurde. Die Abstinenzrate war insgesamt in<br />

der Naltrexon-Gruppe günstiger als in der<br />

Placebogruppe, wobei die höchste Abstinenzrate<br />

in der Gruppe der Patienten die<br />

Naltrexon sowie mit der supportiven Therapie<br />

behandelt wurden, erreicht werden<br />

konnte. Am Ende des 6-monatigen medikamentenfreien<br />

Nachbeobachtungsintervalls<br />

ergaben sich zwischen den beiden Gruppen<br />

keine Unterschiede mehr (O`Malley et al.<br />

1996).<br />

Die europäischen Untersuchungen, die mit<br />

Naltrexon durchgeführt wurden, zeigten<br />

deutlich weniger günstige Ergebnisse (Übersicht<br />

in Soyka, 1997, 1999). In den beiden<br />

Untersuchungen von Chick et al. und Gastpar<br />

et al. (beide noch unpubliziert) konnte<br />

kein überzeugender Wirknachweis gefunden<br />

werden. Günstigere Ergebnisse lieferte<br />

eine schwedische Untersuchung von Balldin<br />

et al. (1997).<br />

Die wichtigsten Nebenwirkungen von Naltrexon<br />

betreffen den Gastrointestinaltrakt<br />

(Transaminasenerhöhungen, Durchfall, Erbrechen,<br />

vor allem Übelkeit). In einer offenen<br />

Untersuchung an 500 alkoholkranken<br />

Patienten (Croop et al., 1997) konnte gezeigt<br />

werden, dass die häufigsten Nebenwirkungen<br />

Übelkeit und Kopfschmerzen<br />

(10%), Nervosität und Müdigkeit (4%),<br />

Schlafstörungen (3%) sowie Angst und<br />

Somnolenz (2%) waren. Allerdings erhielten<br />

viele der Patienten, die in dieser Untersuchung<br />

erfasst wurden gleichzeitig andere<br />

Psychopharmaka, speziell Antidepressiva.<br />

Transaminasenerhöhungen scheinen bei Alkoholkranken<br />

weniger von Bedeutung zu<br />

sein als bei Drogenabhängigen. Depressive<br />

Syndrome, die man bei Opioidantagonisten<br />

eventuell erwarten könnte, wurden in den<br />

überblickten Studien nicht gesehen.<br />

Naltrexon ist in Deutschland bislang nur zur<br />

Behandlung der Opioidabhängigkeit, nicht<br />

dagegen, wie zum Beispiel in den USA oder<br />

Österreich zur Behandlung der Alkoholkrankheit<br />

zugelassen worden.<br />

Klinischer Ausblick:<br />

Eine Reihe von anderen Psychopharmaka<br />

wurden zur pharmakologisch gestützten<br />

Rückfallprophylaxe bei Alkoholabhängigkeit<br />

eingesetzt. Dabei kamen sowohl dopaminerge<br />

Pharmaka (Agonisten, wie Antagonisten)<br />

sowie serotonerge Pharmaka zum Einsatz.<br />

Keines der Medikamente ist bislang zur<br />

pharmakologisch gestützten Rückfallprophylaxe<br />

bei Alkoholabhängigkeit zugelassen<br />

worden, so dass unter Verweis auf weiterführende<br />

Literatur (Soyka, 1999) die Substanzen<br />

nicht im Detail dargestellt zu werden<br />

brauchen. Es ist aber zu hoffen, dass sich<br />

basierend auf neueren neurobiologischen<br />

Befunden auch die pharmakologischen<br />

Möglichkeiten zur Behandlung Alkoholkranker<br />

in den nächsten Jahren deutlich erweitern<br />

werden. Der klinische Stellenwert der<br />

Therapie mit Antidipsotropika, insbesondere<br />

die Suche nach möglichen Respondern stellt<br />

dabei einen wichtigen Aspekt der Anti-Craving-Forschung<br />

in den nächsten Jahren dar.<br />

Literatur beim Verfasser:<br />

Prof Dr. M. Soyka<br />

Psychiatrische Klinik<br />

der Universität München<br />

Nußbaumstraße 7<br />

80336 München<br />

Abhängigkeit<br />

Brandenburgisches Ärzteblatt 6/2002 12. Jahrgang<br />

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