ausgebucht - qs- nrw
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Gesellschaften und Verbände<br />
Fachärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst<br />
Heinz-Walter Knackmuß<br />
Ein Arzt bleibt sein Leben lang ein Lernender<br />
und die ständige Fortbildung wird<br />
zukünftig strenger zu fordern sein als heute.<br />
Es ist unbestritten, dass mit der Facharztprüfung<br />
ein gewisser Abschluss der Ausbildung<br />
eintritt, der die Ärzte befähigt selbstständig<br />
zu arbeiten. Die Ärztekammern von Bund<br />
und Ländern legen die Maßstäbe der Facharztqualifikation<br />
fest. Damit vertreten sie<br />
auch die Interessen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.<br />
Bei der Facharztausbildung<br />
wird sehr genau darauf geachtet, dass<br />
ein Nichtfacharzt nur unter der Aufsicht eines<br />
Facharztes tätig sein darf.<br />
Im Land Brandenburg gibt es immer mehr<br />
freie Stellen für niederlassungswillige Ärzte<br />
sowie für Ärzte in Krankenhäusern. Ein großer<br />
Anteil von niedergelassenen und klinisch<br />
tätigen Ärzten ist Mitte 50 oder älter.<br />
Bei deren Ausscheiden werden erhebliche<br />
Versorgungslücken entstehen. Die Fachärzte<br />
der Gesundheitsämter in Brandenburg sind<br />
von dieser Altersstruktur genauso betroffen.<br />
Jahrelang wurde von einer Ärzteschwemme<br />
gesprochen, sodass sich weniger Studenten<br />
für Medizin eingeschrieben haben. Durch<br />
das Urteil des Europäischen Gerichtshofes,<br />
dass Bereitschaftsdienst der Ärzte als reguläre<br />
Arbeitszeit zu bewerten ist, wird ein<br />
zusätzlicher Stellenbedarf entstehen.<br />
Nach den Berechnungen der Deutschen<br />
Krankenhausgesellschaft soll ein Mehrbedarf<br />
von ca. 27.000 Ärztestellen und nach<br />
den Berechnungen des Marburger Bundes<br />
von ca. 15.000 Ärztestellen auf das Gesundheitswesen<br />
zukommen. Dem gegenüber<br />
stehen 7.000 arbeitslos gemeldete Ärzte.<br />
In allen neuen Bundesländern wird die<br />
Situation noch dadurch verschärft, dass<br />
durch das Abrechnungs- und Gehaltsgefälle<br />
zwischen Ost und West die frisch ge-<br />
182 Brandenburgisches Ärzteblatt 6/2002 12. Jahrgang<br />
backenen Fachärzte sofort in die alten Bundesländer<br />
gehen, weil dort höhere Einkommen<br />
winken.<br />
Schon jetzt greifen Krankenhäuser auf Ärzte<br />
aus den östlichen Nachbarländern zurück,<br />
weil die Stellen kaum besetzt werden können.<br />
Um so erstaunlicher ist die Tatsache, dass einige<br />
Landkreise und kreisfreien Städte im<br />
Land Brandenburg meinen, in Gesundheitsämtern<br />
seien Fachärzte entbehrlich, weil<br />
der Landesrechnungshof die Auffassung vertritt,<br />
dass fachärztliche Tätigkeit nur als Einheit<br />
von Anamnese, Diagnose, Therapie und<br />
Kontrolle zu sehen ist. Das Ministerium für<br />
Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des<br />
Landes Brandenburg hat als zuständige<br />
Fachaufsicht auch über die Gesundheitsämter<br />
dieser Auffassung vehement widersprochen.<br />
Nach Ansicht des Ministeriums ist die<br />
Anstellung von Fachärzten in den Gesundheitsämtern<br />
notwendig und fachlich begründet.<br />
Für die Landesregierung ist die Arbeit<br />
der Ärzte im Kinder- und Jugendgesundheitsdienst<br />
eine überwiegend fachärztliche.<br />
Schutzimpfungen zum Beispiel sind therapeutische<br />
Maßnahmen mit hohem Stellenwert<br />
im Bereich der Verhältnisprävention.<br />
Ganz zu schweigen vom Grundsatz, dass<br />
nur ein Facharzt für Pädiatrie bzw. Kinderund<br />
Jugendmedizin befähigt sein sollte, die<br />
umfangreichen diagnostischen Programme<br />
in den Gesundheitsämtern abzuarbeiten.<br />
Hier klafft eine erhebliche Lücke zwischen<br />
dem Anspruch an eine hochqualifizierte<br />
Medizin im Bereich des Öffentlichen Gesundheitsdienstes<br />
und der unqualifizierten<br />
Auslegung der Facharztrichtlinien durch<br />
Rechnungsprüfer.<br />
Die Diskrepanz der Forderungen des Landesrechnungshofes<br />
wird deutlich, wenn man bedenkt,<br />
dass es psychiatrische Gutachter gibt,<br />
die überwiegend von den Gutachten leben.<br />
Keiner käme auf die Idee von einem Nichtfacharzt<br />
ein psychiatrisches Gutachten anfertigen<br />
zu lassen, nur weil der Gutachter keine<br />
Therapien mehr durchführt.<br />
Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen<br />
Im brandenburgischen Gesundheitsdienstgesetz<br />
wird die Leitung der Gesundheitsämter<br />
durch Amtsärztinnen/Amtsärzte vorgeschrieben.<br />
Dem zuständigen Mitglied der<br />
Landesregierung wird die Ermächtigung erteilt,<br />
Rechtsverordnungen zur Aus- und Weiterbildung<br />
sowie für die Prüfungen der<br />
Amtsärzte, Ärzte für Öffentliches Gesundheitswesen,<br />
sozialmedizinischen Assistenten,<br />
Zahnärzte im Öffentlichen Gesundheitswesen,<br />
Gesundheitsaufseher und Desinfektoren<br />
zu erlassen. Es ist heute unumstritten, dass<br />
der Amtsarzt und sein Stellvertreter Fachärzte<br />
für Öffentliches Gesundheitswesen sein<br />
müssen. Angestrebt wird diese Facharztanerkennung<br />
auch für alle Sachgebietsleiter im<br />
Gesundheitsamt.<br />
Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst<br />
im Land Brandenburg (Brandenburgisches<br />
Gesundheitsdienstgesetz - BbgGDG)<br />
vom 03.Juni 1994 (GVBl. I S. 178):<br />
§ 25 Leitung des Gesundheitsamtes<br />
Die Leitung des Gesundheitsamtes erfolgt<br />
durch eine Amtsärztin oder einen Amtsarzt.<br />
Das Nähere regelt das für das Gesundheitswesen<br />
zuständige Mitglied der Landesregierung<br />
gemäß § 26.<br />
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie<br />
In Brandenburg wird im Psychisch-Kranken-<br />
Gesetz gefordert, dass die Leiterinnen/Leiter<br />
der Sozialpsychiatrischen Dienste der Gesundheitsämter<br />
Fachärzte für Psychiatrie<br />
sind. Der Gesetzgeber war 1996 davon ausgegangen,<br />
dass noch ein Mangel an<br />
Fachärzten für Psychiatrie im Land Brandenburg<br />
herrscht. Er hatte deshalb als Ausnahme<br />
andere Fachärzte (bis zur flächendeckenden<br />
Versorgung mit Psychiatern) für die Leitung<br />
zugelassen. Die Regelung hat den tarifrechtlichen<br />
Nachteil, dass diese Fachärzte nicht<br />
als Fachärzte tätig sind. Bereits im Jahr 2000<br />
konnte davon ausgegangen werden, dass<br />
ausreichend und flächendeckend Fachärzte<br />
für Psychiatrie und Psychotherapie auch im<br />
Land Brandenburg zur Verfügung stehen. Die<br />
Begründung zum Psychisch-Kranken-Gesetz<br />
hebt die Leitung durch einen Facharzt für Psychiatrie<br />
noch einmal deutlich hervor. Die Begründung<br />
ist bei Auslegungsschwierigkeiten<br />
immer hinzuzuziehen, um die Intentionen des<br />
Gesetzgebers noch besser zu erkennen.<br />
Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen<br />
sowie den Vollzug gerichtlich angeordneter<br />
Unterbringung für psychisch Kranke (Brandenburgisches<br />
Psychisch-Kranken-Gesetz –<br />
BbgPsychKG) vom 8. Februar 1996 (GVBl. I<br />
S. 26):<br />
§ 6 (Abs.1)<br />
Träger der Hilfen; örtliche Zuständigkeit<br />
(1) Träger der Hilfen nach § 5 sind die Landkreise<br />
und kreisfreien Städte. Die Landkreise<br />
und kreisfreien Städte bilden zu<br />
diesem Zweck gemäß der Vorschrift des<br />
§ 11 des Gesetzes über den Öffentlichen<br />
Gesundheitsdienst im Land Brandenburg<br />
(Branden-burgisches Gesundheitsdienstgesetz<br />
- BbgGDG) vom 3. Juni 1994<br />
(GVBl. I S. 178) in ihren Gesundheitsämtern<br />
eigenständige Sozialpsychiatrische<br />
Dienste unter ständiger fachärztlicher<br />
Verantwortung.