Berlin-Brandenburger Graduiertenkolleg
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Vorwort<br />
Als ich Ende 1992 den Ruf an die <strong>Berlin</strong>er<br />
Humboldt-Universität erhielt, um dort den<br />
Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik zu<br />
übernehmen, schien es mir kaum eine attraktivere<br />
berufliche Herausforderung zu<br />
geben. Der Ruf und die Vergangenheit der<br />
Universität waren legendär. Andererseits<br />
befand sich die Humboldt-Universität in<br />
den für unsere Disziplin wichtigen 70er- und 80er-Jahren<br />
bekanntermaßen in einer Lage, in der die wissenschaftliche<br />
Arbeit systembedingt stark behindert war. Auch wenn die<br />
DDR-Regierung die Signifikanz der Informatik für ihre<br />
Volkswirtschaft wohl erkannt hatte, war an einen normalen<br />
wissenschaftlichen Austausch nicht zu denken. Erkenntnisse<br />
und Technologien aus dem Westen fanden ihren Weg<br />
nach Ostberlin, wenn überhaupt, nur mit großem Zeitverzug.<br />
Wissenschaftler der ostdeutschen Universitäten durften<br />
nur mit besonderer Genehmigung an Kongressen im westlichen<br />
Ausland teilnehmen, und die Erteilung derartiger Genehmigungen<br />
war, wie man weiß, nicht in erster Linie an<br />
den Nachweis wissenschaftlicher Exzellenz gekoppelt.<br />
Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich ein Wunder, dass<br />
es dem Institut für Wirtschaftsinformatik der Humboldt-<br />
Universität damals gelang, die Entwicklung der Informationstechnologie<br />
allen Widrigkeiten zum Trotz intensiv zu verfolgen<br />
und die wichtigsten Erkenntnisse kontinuierlich in die<br />
Ausbildung der Studierenden einfließen zu lassen. Kurz<br />
nach der Wende schickte sich das Institut unter der dynamischen<br />
Leitung des damaligen Direktors Professor Hans<br />
Gernert an, die verlorene Zeit aufzuholen und den Anschluss<br />
an die westeuropäische und amerikanische Forschung<br />
herzustellen. Die Institutsleitung eignete sich im<br />
Rahmen mehrerer Forschungsaufenthalte im In- und Ausland<br />
den aktuellen Kenntnisstand an und machte sich im<br />
Kollegenkreis schnell einen Namen. Herr Gernert wurde als<br />
einer von wenigen Mitgliedern des früheren Lehrkörpers auf<br />
eine Professur übernommen, und auch Herrn Privatdozent<br />
Viehweger wurde eine unbefristete Stelle übertragen.<br />
Nach meiner Ankunft in <strong>Berlin</strong> ergab sich am Institut schnell<br />
eine fruchtbare und auch persönlich stets angenehme Zusammenarbeit<br />
mit den neuen Kollegen. Ohne zu übertreiben,<br />
kann man im Rückblick nur konstatieren: Der Neuaufbau<br />
des Instituts darf als Musterbeispiel für eine erfolgreiche<br />
Ost-West-Integration dienen. Unsere Arbeitsschwerpunkte<br />
ergänzten sich in komplementärer Weise; während Hans<br />
Gernert eine Arbeitsgruppe im Bereich der Geschäftsprozessmodellierung<br />
aufbaute, wurden von mir die Arbeiten im<br />
Bereich der Datenbanksysteme und dienstbasierten Systemarchitekturen<br />
vorangetrieben. In dem zuletzt genannten<br />
Themenumfeld ergaben sich durch die Mitgliedschaft in<br />
dem 1993 gegründeten Sonderforschungsbereich 373<br />
(„Quantifizierung und Simulation ökonomischer Prozesse“)<br />
wichtige Anregungen. 1996 wurde dann das von der Deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft geförderte <strong>Graduiertenkolleg</strong><br />
„Verteilte Informationssysteme“ eingerichtet, an dem unter<br />
Federführung des Instituts Kollegen aus allen drei <strong>Berlin</strong>er<br />
Universitäten und der Brandenburgischen Technischen<br />
Universität Cottbus mitwirken. 1999 folgte die Gründung des<br />
„Electronic Business Forums“ als Transfereinrichtung zur<br />
Intensivierung des Dialogs zwischen Theorie und Praxis,<br />
und 2003 führten unsere Anstrengungen schließlich zur<br />
Gründung des <strong>Berlin</strong>er Forschungszentrums Internetökonomie<br />
„InterVal“ (Internet and Value Chains). InterVal wird<br />
bis 2007 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />
mit insgesamt knapp 4 Millionen Euro gefördert<br />
werden. Auch hier kooperieren wir wieder intensiv mit den<br />
anderen beiden <strong>Berlin</strong>er Universitäten sowie dem Fraunhofer-Institut<br />
für Software- und Systemtechnik (ISST).<br />
Die Erfolge der vergangenen 10 Jahre wären nicht möglich<br />
gewesen ohne die Unterstützung von Partnern im In- und<br />
Ausland, in Hochschule, Industrie und öffentlicher Verwaltung.<br />
Besonders zu Dank verpflichtet sind wir unseren Förderern:<br />
dem Bundesministerium für Bildung und Forschung,<br />
der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Umweltbundesamt<br />
sowie unseren im Electronic Business Forum organisierten<br />
Industriepartnern. IBM, Microsoft, Oracle, Siemens,<br />
BertelsmannSpringer, DeTeWe, PSI und die <strong>Berlin</strong>er<br />
Verkehrsgesellschaft sind nur einige der Partner, mit denen<br />
wir seit vielen Jahren vertrauensvoll zusammen arbeiten.<br />
Schließlich möchte ich im Namen aller Institutsmitglieder<br />
auch noch einmal die Arbeit unseres Kollegen Hans Gernert<br />
würdigen, der vor wenigen Wochen unter tragischen Umständen<br />
einem Verkehrsunfall zum Opfer fiel. Ohne den unermüdlichen<br />
Einsatz von Prof. Gernert vor allem in den<br />
wichtigen Wendejahren wäre der Neuaufbau des Instituts so<br />
nicht möglich gewesen. Wie stark die Verbundenheit zwischen<br />
Hans Gernert und dem Institut war, zeigt sich daran,<br />
dass er auch nach seiner Pensionierung im Jahr 1999 regelmäßig<br />
Lehraufträge am Institut wahrnahm. Noch im Jahr<br />
2002 erhielt er den Preis der Fakultät für die beste Lehre.<br />
Im Gedenken an sein Werk werden wir einen Prof.-Gernert-<br />
Preis ausschreiben, der jährlich für die beste Diplomarbeit<br />
im Bereich der Wirtschaftsinformatik vergeben werden soll.<br />
Wir werden Hans Gernert sehr vermissen.<br />
<strong>Berlin</strong>, im Oktober 2003<br />
Prof. Oliver Günther, Ph.D.<br />
Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik<br />
4 Wirtschaftsinformatik an der HU <strong>Berlin</strong>