Fachzeitschrift des Deutschen Karate Verbandes e.V. - Chronik des ...

Ein Karate-Tag der besonderen Art
Ein Karate-Treffen, das es so in Baden-
Württemberg noch nicht gegeben hat,
belebte die Sporthalle des Körperbehinderten-Zentrums
Weingarten (KBZO).
Für die Karate-Schüler des KBZO und ihre
Gäste der Erich-Kästner-Schule für Sprachbehinderte
in Reutlingen sowie den Powerkids
des Karate Team Reutlingen wurde es
ein unvergesslicher Tag.
Mit Konzentration und Begeisterung trainierten
sie gemeinsam. Einige Teilnehmer
legten voller Stolz eine DKV-Prüfung ab.
Das Treffen versteht sich als Impulsveranstaltung
und möchte weitere Kooperationen
von Schulen und Vereinen anregen,
in denen Karate für Kinder und
Jugendliche mit Behinderung stattfindet.
“Karate und Behinderte! Wie passt denn das
zusammen?” Hier treffen die typischen Vorurteile
gegenüber Karate (die wir als Karateka
nur zu gut kennen), der Kampfsport mit
scheinbar übermenschlichen Leistungen,
und gegenüber Behinderten als passive,
stark eingeschränkte Menschen aufeinander.
Doch Menschen mit Behinderungen
stehen auch aktiv im Leben und profitieren
vom Karate. Besonders für jene mit Behinderungen
im Bereich Motorik und Koordination
eignet sich Karate, z. B. durch die
hohe Wiederholungsfrequenz der Bewegungen
im Kihon, ihre koordinative Fähigkeiten zu
erweitern. Ebenso gibt es positive Effekte
auf Haltung und Gleichgewicht. Doch
wichtiger noch ist die stärkende Wirkung
auf das Selbstbewusstsein der Kinder
dadurch, dass sie so etwas Besonderes wie
Karate machen. Der Zauber, der dem
Karate anhaftet und der Stolz, dabei zu sein,
motivieren die Kinder zu großen Anstrengungen
und sie wachsen über sich hinaus.
Doch bedürfen sie einer besonderen
Betreuung und Form des Trainings, die
ihnen gerecht wird und sie finden in regulären
Vereinen nur schwer Anschluss.
Angefangen hatte es in Weingarten mit
10
einer Karategruppe am KBZO im Schuljahr
2003/04. Bald wurde die Nachfrage unter
den Schülern so groß, dass ergänzend an
der Volkshochschule-Weingarten (vhs) zwei
Karate-Kurse für Menschen mit und ohne
Behinderung gestartet wurden.
Inzwischen sind es insgesamt etwa 24
Schüler mit verschiedenen Behinderungsformen,
die auf drei Kurse verteilt mit
Begeisterung den Weg des Karate beschreiten
und davon offensichtlich profitieren.
Das Konzept lebt von der Kooperation und
den Qualifikationen der Trainer. Durch die
beteiligten Personen ergänzen sich mit dem
Ehepaar Mühl die Kompetenzen der Ergotherapie
und der Körperbehindertenpädagogik
mit denen von Sarah Brenner und Ralf
Reis als erfahrene Kinder-Karate-Trainer des
KJC-Ravensburg.
Aus unserem Wunsch, das Karate mit
Behinderten bekannter zu machen und
Kontakte zu anderen Gruppen herzustellen,
entstand die Planung des Karate-Tags am
KBZO mit Einladung der Gruppe von Erika
Seitz aus Reutlingen. Frau Seitz ist Trainerin
beim Karate-Team Reutlingen und leitet und
an der Erich-Kästner-Schule, an der sie
unterrichtet, Karate-Gruppen für Kinder mit
besonderem Förderbedarf. Außerdem ist sie
Beauftragte für Baden-Württemberg für das
Projekt Karate für Menschen mit Behinderung.
Ihre kompetente und einfühlsame Art
im Umgang mit den Kindern hat uns Trainer
und die Eltern sehr beeindruckt. Außerdem
gab sie uns wertvolle Anregungen und
Impulse aus dem Bereich des Sound-Karate
für unser eigenes Training. Es war sehr
beeindruckend als die KBZO-Schüler ins
Sound-Karate mit einbezogen wurden. Alle
Kinder waren hierbei so konzentriert, dass
man bei der Erklärung durch Frau Seitz eine
Stecknadel hätte auf den Boden fallen
hören können. Danach ging die “Post ab”
und es hielt auch einige Mütter nicht mehr
auf den Bänken. Hinterher wurde von
Die Kinderurkunden für Zwischenprüfungen
sind bei Euren Landesgeschäftsstellen zu bestellen.
Gänsehaut-Atmosphäre gesprochen. Als
entspannenden Abschluss kam ein Clown,
der sich auch im Karate versuchte und
gleich mehrere Gürtel-Prüfungen ablegen
wollte. Er machte natürlich alles komplett
falsch und die Kinder nahmen die Chance
wahr, ihm zu zeigen “wie das beim Karate
richtig geht”.
Jonas aus der Grundstufe des KBZO hatte
sich schon lange gewünscht endlich eine
Prüfung ablegen zu können. Diejenigen,
die wie er an einer Gürtelprüfung teilgenommen
hatten, waren am Ende besonders
stolz und erfüllt. Jonas Mutter: “Für körperbehinderte
Kinder sind solche Erfahrungen,
wie in diesem Fall eine Karateprüfung,
besonders wichtig. Sie sind sehr stark auf
Erfolgserlebnisse angewiesen, die sie sich
selbst erarbeiten wollen. Solche Tage sind
für Kinder wie Jonas unbezahlbare Highlights
und werden noch in Jahren in guter
Erinnerung sein. Wir hoffen, dass es noch
viele solche Karate-Tage geben wird!” In
der Woche nach dem Karate-Tag sprachen
die Schüler von nichts anderem und sind
selbst dabei, einen Artikel darüber für ihre
Schülerzeitung zu schreiben.
Katja Friedrich (Jonas Mutter) und Charlotte Mühl
(Organisatorin des Karate-Tag und Referendarin am
KBZO) Weingarten
eine Marke der
Budoland GmbH
Sponsor
des DKV
www.budoland.de