Bullauge 2011 - Schifferverein
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Also machte ich mich ans Werk. Nach<br />
kurzer Zeit las ich den speziellen Text<br />
«vom Schiffsjungen zum Kapitän»; bei<br />
der weiteren Durchsicht der Liste wanderten<br />
meine Gedanken immer wieder<br />
zurück zu dieser für mich speziellen<br />
Berufsausbildung und ich konnte<br />
mich nicht mehr auf die andern aufgeführten<br />
Berufe konzentrieren.<br />
Als der Berufsberater wieder eintrat,<br />
erklärte ich ihm dann auch gleich, dass<br />
ich mich für den Schifferberuf interessiere,<br />
aber keine Ahnung habe, wie<br />
und wo ich in diese Lehre einsteigen<br />
könne. Der Berufsberater war begeistert,<br />
dass ich mich für den Schifferberuf<br />
interessierte, er erzählte mir vom<br />
Schulschiff, der dreijährigen Lehre<br />
vom Schiffsjungen zum Matrosen,<br />
den insgesamt sieben Jahren bis zum<br />
Schiffsführerpatent und der Möglichkeit,<br />
auf die Seefahrt zu wechseln. Er<br />
gab mir die Adresse der Schweizerischen<br />
Reederei AG in Basel, bei der ich<br />
mich bewerben solle. Ich benachrichtigte<br />
meinen Vater, der über meinen<br />
Entschluss nicht besonders begeistert<br />
war, mir aber letztlich erlaubte, mich<br />
zu bewerben. Nach der Bewerbung<br />
musste ich im Dezember 1948 nach<br />
Basel reisen, um an der Aufnahmeprüfung<br />
teilzunehmen. Vierzehn Tage<br />
später erhielt ich von der Schweizerischen<br />
Reederei AG Bescheid, dass ich<br />
die Prüfung bestanden hatte und am<br />
10. Februar 1949 auf dem Schulschiff<br />
Leventina in den Kurs 19 einrücken<br />
könne. Es war alles sehr militärisch abgefasst.<br />
Bei den beiliegenden Unterlagen<br />
lag eine Liste, in der genau aufgeführt<br />
war, was für Kleider, Wäsche<br />
und Schuhe mitzubringen sind. Am<br />
meisten zu schaffen machte es mir je-<br />
doch, dass ein Lehrgeld von 500 Franken<br />
vor Lehrantritt auf dem Schulschiff<br />
zu entrichten sei. Dafür musste<br />
ich fast meine ganzen Ersparnisse<br />
einsetzen, der Rest wurde für die vorgeschriebene<br />
Bekleidung und Wäsche<br />
aufgebraucht. Aber das war es mir<br />
wert, denn mein innigster Wunsch,<br />
selbstständig und unabhängig zu werden,<br />
einen Schritt in die grosse Welt<br />
zu tun, ging damit in Erfüllung.<br />
Am 10. Februar 1949 begann für mich<br />
Schulschiff Leventina<br />
1949 auf Strom Foto Archiv<br />
ein ganz neuer Lebensabschnitt. Um<br />
14 Uhr war Besammlung im Schifferhaus<br />
in Kleinhüningen. Dort wurden<br />
wir vom Schulschiff-Chef Paul Steinegger<br />
in Empfang genommen. Nach seiner<br />
Begrüssung war uns allen klar, dass<br />
hier ein scharfer Wind wehte. Vierundzwanzig<br />
junge Burschen mussten<br />
stramm stehen und sich mit Name und<br />
Vorname anmelden. Nach dem Appell<br />
und den einleitenden Worten, die vor<br />
allem darin bestanden, wie wir uns zu<br />
benehmen hätten und was von uns<br />
erwartet wurde, folgte sein Schlusssatz,<br />
«hat noch jemand eine Frage?».<br />
Herr Steinegger schaute in die Runde,<br />
obwohl uns allen sicher noch viele Fra-<br />
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