Bullauge 2011 - Schifferverein
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unserem Herrn Steinegger. Nun stellte<br />
uns dieser seine Frau, Rösli Steinegger,<br />
vor, eine dunkelhaarige, sympathische<br />
Dame. Frau Steinegger war für die Küche<br />
zuständig. Sie hatte die dankbare<br />
Aufgabe, den vierundzwanzig Schiffsjungen<br />
das Kochen beizubringen.<br />
Zwei Schiffsjungen hatten jeweils eine<br />
Woche Küchendienst.<br />
Nun konnten wir unsere Kabinen beziehen;<br />
es waren Viererkabinen, auf<br />
jeder Seite zwei Kajütenbetten und für<br />
jeden einen Spind für die Kleider. Im<br />
Waschraum ein Blechtrog und natürlich<br />
nur kaltes Wasser. Die Zahnbürsten<br />
mussten im Zahnglas immer nach<br />
rechts ausgerichtet sein. Beim Bettenmachen<br />
mussten die Leintücher und<br />
die Wolldecken an den Kanten ganz<br />
genau eingeschlagen werden, es durften<br />
keinerlei Unebenheiten sichtbar<br />
sein. Es ging alles Schlag auf Schlag. Seit<br />
wir an Bord der Leventina angekommen<br />
waren, wurden kein Schritt und<br />
kein Handgriff gemacht, der nicht von<br />
Herrn Steinegger angeordnet war und<br />
später auch von ihm kontrolliert wurde.<br />
Nach dem Kajütenbezug wurden noch<br />
die Ämter verteilt. Zuerst wurde der<br />
«Führerrechts» bestimmt, der die Aufgabe<br />
hatte, den Kurs zum Theoriesaal,<br />
Duschen oder zum Schwimmen zu begleiten.<br />
Er musste sozusagen als Unteroffi<br />
zier nebenher marschieren und<br />
darauf achten, dass wir im Gleichschritt<br />
marschierten. Weiter wurde die Zimmertour<br />
bestimmt und mit der Aufgabe<br />
betraut, die Gemeinschaftsräume<br />
sauber zu halten und vor dem Ausrücken<br />
die Kabinen zu kontrollieren. Die<br />
Küchenmannschaft musste sich sofort<br />
bei Frau Steinegger melden, damit das<br />
Abendessen zubereitet werden konnte.<br />
62<br />
Es war für mich sehr beeindruckend,<br />
wie wir in kurzer Zeit andere Menschen<br />
wurden und wie wir gleich Marionetten<br />
an Schnüren funktionierten,<br />
der «Puppenspieler» war Herr Steinegger.<br />
So lebten wir nun vier Monate<br />
auf engstem Raum zusammen und<br />
teilten Freud und Leid. Es sei noch anzumerken,<br />
dass vierundzwanzig junge<br />
Burschen im Stande sind, gemeinsam<br />
einiges auszuhalten.<br />
In der ersten Woche mussten wir alle<br />
ins Zeughaus Basel, wo uns in der Offi -<br />
ziersschneiderei die künftige Uniform<br />
angemessen wurde. Wenn ich mich<br />
recht erinnere, waren wir bereits drei<br />
Wochen später im Besitz der Uniform.<br />
Von dem Tage an war Uniform tragen<br />
im Ausgang und im Urlaub obligatorisch.<br />
Zuerst aber übten wir stundenlang<br />
Grüssen und öfters mussten wir<br />
auch auf dem Westquai in Uniform exerzieren,<br />
es war die Lieblingsbeschäftigung<br />
unseres Herrn Steinegger, und<br />
dies am liebsten bei dreissig Grad im<br />
Schatten.<br />
Die Ausbildung war vielseitig und interessant.<br />
Am Vormittag hatten wir<br />
meistens Theorie und am Nachmittag<br />
praktische Ausbildung. Die Fächer<br />
waren neu und abwechslungsreich.<br />
In der Theorie lernten wir Rhein-<br />
Geographie, Maschinenlehre, Eichen<br />
und Stauen, Havariekunde, Holländisch,<br />
Staatsbürgerkunde, Erste Hilfe,<br />
Spleissen und Knoten. Im praktischen<br />
Teil arbeiteten wir abwechslungsweise<br />
in verschiedenen Gruppen in<br />
den reedereieigenen Regiebetrieben<br />
Schreinerei, Elektrowerkstatt, Maschinenschlosserei<br />
und im Magazin. Wir<br />
wurden auch eingeteilt auf Rheinmotorschiffe,<br />
bei denen die Motoren