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Bullauge 2011 - Schifferverein

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neuen Generation Schweizer Schiffer.<br />

Wir sind später noch einmal auf MS<br />

Silvaplana zusammen gefahren.<br />

Endlich, am 25. Juni 1949, erhielt ich<br />

meine dritte schriftliche Order:<br />

An Albert Fritz<br />

Melde dich unverzüglich auf RS Edelweiss<br />

4, der zurzeit in Basel im Hafenbecken<br />

1 liegt, wo du als Schiffsjunge<br />

eingesetzt wirst.<br />

Wir wünschen dir gute Fahrt.<br />

Der Personaldienst, E. Knecht<br />

Also packte ich meine Siebensachen<br />

im Schifferhaus zusammen und musterte<br />

auf RS Edelweiss 4 an.<br />

Der Schiffsführer war ein Belgier, ein<br />

kleiner, schmächtiger Mann mit energischen<br />

Gesichtszügen, mit dem Namen<br />

De Conick. Er und der Matrose,<br />

ein Holländer, mittelgross und kräftige<br />

Statur mit sehr sympathischer Ausstrahlung,<br />

begrüssten mich freundlich<br />

und hiessen mich an Bord willkommen.<br />

Der Matrose gab mir die Hand:<br />

«Ich bin Eduard Suvaal, du kannst Edi<br />

zu mir sagen.» Edi war mir gleich sympathisch.<br />

Das Schiff hatte ein Ladevermögen<br />

von 1000 Tonnen und drei Mann Besatzung:<br />

einen Schiffsführer, einen<br />

Matrosen und mich als Schiffsjungen.<br />

Edi ging mit mir nach vorne Richtung<br />

Matrosenwohnung, er fasste mich an<br />

der Schulter und sagte: «Ich muss dir<br />

noch etwas sagen, bevor du die Wohnung<br />

betrittst. Wir hatten auf unserer<br />

letzten Reise eine Havarie. Wir sind<br />

auf unser eigenes Anker aufgelaufen<br />

und hatten im Bereich der Wohnung<br />

ein Leck, infolgedessen sind die<br />

Schlafkabinen voll Wasser gelaufen.<br />

Das Leck wurde inzwischen abgedichtet<br />

und das Wasser herausgepumpt.<br />

Die Wohnung ist seither nicht mehr<br />

bewohnt und auch noch nicht gereinigt<br />

worden. Ich wohne vorübergehend<br />

hinten beim Schiffsführer, meine<br />

Frau und unsere kleine Tochter Elli<br />

sind in Holland an Land, bis die Wohnung<br />

wieder in Ordnung ist.»<br />

Es war also meine Aufgabe, die Wohnung<br />

wieder auf Vordermann zu bringen,<br />

was nicht ganz so einfach war.<br />

Als ich die Wohnung betrat, strömte<br />

mir ein grässlicher Fischgestank entgegen.<br />

Ich begab mich in die unteren<br />

Räume, wo es noch schlimmer war.<br />

Edi besorgte mir einen Kessel, Schrubber,<br />

Seifenpulver und Putzlappen und<br />

munterte mich auf, es wäre alles halb<br />

so schlimm. Wenn ich Böden, Wände<br />

und Decken mit Seifenwasser gut<br />

abwasche und alles gut lüfte, wäre<br />

die Wohnung bald wieder bewohnbar.<br />

Ich betrat meine Schlafkabine,<br />

es war grauenhaft. Die Matratze war<br />

schimmlig und stank wie ein Misthaufen.<br />

Also packte ich es an, ich hatte keine<br />

andere Wahl. So stellte ich den<br />

Koffer auf einen kleinen Tisch, den<br />

ich natürlich zuerst reinigen musste,<br />

und zog meine Uniform aus, verstaute<br />

sie im Koffer und stürzte mich in<br />

mein Überkleid, um sogleich mit der<br />

Arbeit zu beginnen. Zuerst schleppte<br />

ich die stinkende Matratze und das<br />

rostige Bettuntergestell an Deck und<br />

begann die Wohnung jeden Zentimeter<br />

gründlich zu reinigen. Mit der Zeit<br />

hatte ich das Gefühl, dass der muffi -<br />

ge Gestank der Wohnung auch an mir<br />

haften blieb.<br />

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