Er bricht irgendwie die Beziehung nicht ab - BSCW

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Masterthese „Er bricht irgendwie die Beziehung nicht ab …“
dann würde ich ihn natürlich in der Klasse mittragen, denn er ist ein Bestandteil von uns.
I: Hast du dich speziell auf die Thematik ADHS vorbereitet?
B: Ja, einfach durch "learning by doing". Gut, man muss sagen, ich habe schon immer einen Draht
zu den so genannt "blöden" Kindern gehabt. Also, ich habe zwölf Jahre lang in Deutschland
Kleinklasse unterrichtet. An einer Schule für Erziehungshilfe war das. Und da hatte ich natürlich
immer solche Kinder. Lernbehinderte und Verhaltensauffällige. Und eine Ecke meines Herzens
schlug immer für diese Kinder. (...) Das war schon ein bisschen Vorbereitung durch meine
Tätigkeit. Aber wenn man nachher wieder so ein Kind hat, ist das wie neu. Da fängt man wieder
von vorne an und daran haben wir auch viel gearbeitet. Wir haben auch einen Förderkreis, der
sich dieser Kinder annimmt. Wir haben in diesem Förderkreis auch schon über ADHS und ADS
gesprochen und Literatur dazu gelesen. Ich habe auch durch staatliche und wissenschaftliche
Literatur sehr gute Anregungen bekommen. Das war ein Prozess, ähnlich "learning by doing",
aber auch eine Auseinandersetzung mit dem Thema ADHS. Und er ist ja nicht der einzige hier
an der Schule und wir wissen das. Ich habe auch einen Elternabend gemacht über ADHS. Da
habe ich probiert allen Eltern klipp und klar zu erklären, was ADHS ist. Was sind die
Schwächen, was sind die Nachteile und was die Vorteile. Das habe ich mit dem Einverständnis
von Rudolfs Eltern gemacht. Und sein Name ist auch gefallen. Und es sind nie Klagen von
andern Eltern gekommen, dass Rudolf im Unterricht störe oder andere Kinder fertigmache. Er
kam in der zweiten Klasse zu uns, weil es in der Staatsschule nicht ging. Aber es war schon die
Hoffnung da, jetzt kommt er an die Steiner Schule, jetzt wird es besser. Aber das Problem ist
natürlich schon geblieben. Und es wird immer grösser. Ich finde solche Kinder auch gut für die
Klasse, denn das Leben hat schwierige Menschen und das gehört einfach dazu. Für mich gibt
es manchmal die Frage, ob er sich noch gut fühlt, oder ob er nicht trotzdem grössere
Entwicklungsmöglichkeiten hätte. Ich habe ihn vom Englischunterricht dispensiert, weil er
einfach so schwach war, dass es nicht ging. Ich unterrichte Französisch und da habe ich ihn
dann einfach bei mir, dann gibt es das Problem mit den Fachlehrern auch nicht so. Es gibt auch
Probleme bei den Fachlehrern.
I: Werken zum Beispiel, oder Handarbeit und solche Fächer?
B: Werken haben sie noch nicht, aber in der Handarbeit ist es schon schwierig. Es ist eine junge
Lehrerin, zwei Stunden in der Woche, sonst sieht sie ihn nicht. Das ist für Rudolf sehr schwierig
und für sie auch. Manchmal kommt er nach einer Stunde Handarbeit zu mir hoch. Es geht
schon, aber es ist sehr schwierig. Im Bezug auf andere Lehrpersonen als den Klassenlehrer.
Das ist die Stärke von unserer Schule, von der Rudolf Steiner Schule. Die Stärke ist wirklich
diese kontinuierliche intensive Bezugsperson, der Klassenlehrer. Die Schwäche ist dann, dass
sich die Kinder nicht gewöhnt sind, mit mehreren Leuten zurechtzukommen und das ist für ein
ADHS-Kind noch schwieriger.
Kleindienst Seite 38