Jahrgang 3 - Nr. 3 - Oktober 2004 - Gemeinde Niedergesteln
Jahrgang 3 - Nr. 3 - Oktober 2004 - Gemeinde Niedergesteln
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Fortsetzung von Seite 21<br />
<strong>Niedergesteln</strong> im Rhonetal und bei<br />
Raron: 450 Einwohner, 115 Haushaltungen.<br />
Die meisten Männer<br />
verdienen ihr Brot als Arbeiter oder<br />
Angestellte in den Fabriken der<br />
nahe gelegenen Industrieagglomeration.<br />
Zu Hause betreiben sie einen kleinen<br />
landwirtschaftlichen Nebenerwerb.<br />
Das zeigt sich in den Tierstatistiken:<br />
Obwohl im Wallliser Dörfchen<br />
nur noch ein einziger hauptamtlicher<br />
Landwirt ansässig ist,<br />
registriert man stets 650 bis 700<br />
Schafe und rund 60 Stück Rindvieh.<br />
Das ist soweit alles normal und<br />
kaum der Rede wert; in vielen andern<br />
Walliser Dörfern gehen die<br />
Uhren gleich oder ähnlich. Wenn<br />
wir hier trotzdem auf <strong>Niedergesteln</strong><br />
zu sprechen kommen, dann aus<br />
ganz besonderem Grunde: In dieser<br />
<strong>Gemeinde</strong> wagte man vor einigen<br />
Monaten eine Pioniertat, die im<br />
ganzen Land einmalig sein dürfte<br />
und die vielleicht mit der Zeit auch<br />
andere Siedlungen zu einem Versuch<br />
animieren könnte. Die Niedergestler<br />
betreiben nämlich seit einigen<br />
Monaten selber einen Spezereiladen.<br />
4500 Artikel kann man im<br />
„Dorfladen“ posten, Ende Jahr soll<br />
der Reingewinn oder der Reinverlust<br />
auf die <strong>Gemeinde</strong>rechnung<br />
übernommen werden!<br />
Es hat Jahre gedauert, bis man den<br />
Schritt wagte. 1974 ging das letzte<br />
kleine Lädeli in <strong>Niedergesteln</strong> ein.<br />
Das war damals nicht unbedingt<br />
eine Tragödie. Man lebte mitten in<br />
der Hochkonjunktur, wich mit dem<br />
Einkaufen einfach auf die grösseren<br />
Orte in der Nähe aus. Trotzdem<br />
gab es viele Einwohner, die dem<br />
eigenen Lädeli nachtrauerten. Im<br />
<strong>Gemeinde</strong>rat kam das Problem<br />
schon relativ früh zur Sprache,<br />
vorerst ohne konkrete Beschlussfassungen.<br />
<strong>Gemeinde</strong>präsident<br />
Arthur Kalbermatter im Gespräch:<br />
„1975 wurden erste Verhandlungen<br />
mit der Coop Schweiz aufgenommen,<br />
doch scheiterten sie. Später<br />
dachten wir an eine eigene Konsumgesellschaft<br />
mit Anteilscheinen<br />
pro Familie. Doch sind wir auch<br />
Dorfladen <strong>Niedergesteln</strong><br />
davon bald wieder abgekommen.<br />
1977 im Frühjahr wurde alles mit<br />
einem Male sehr viel spruchreifer.<br />
Verhandlungen mit der zu den Wallliser<br />
Molkereien gehörenden Verkaufskette<br />
La Source waren erfolgreich.<br />
Zudem stellten wir fest, dass<br />
wir durch Herausnehmen einer<br />
Trennwand zwei leerstehende<br />
Räume in unserem 1973/74 erbauten<br />
Schulhaus zu einem idealen<br />
Verkaufslokal von 150 Quadratmeter<br />
Fläche umfunktionieren könnten.<br />
Am 2. Dezember 1978 kam es zur<br />
entscheidenden Abstimmung. 52<br />
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger<br />
– die Hälfte davon Frauen –<br />
erschienen. 48 stimmten für einen<br />
eigenen Laden, nur 4 dagegen.<br />
Damit waren die Würfel definitiv<br />
gefallen!“<br />
Die <strong>Gemeinde</strong> steht gerade<br />
Grosser Tag dann am 9. März dieses<br />
Jahres (1979): Die <strong>Gemeinde</strong><br />
lud alle Haushaltungen zu einer<br />
kleinen Eröffnungsfeier ein, anlässlich<br />
welcher Prior Raphael Schnyder<br />
den neuen eigenen Dorfladen<br />
Foto rechts: Familie<br />
Werner und Flora<br />
Amacker mit Sohn<br />
Daniel waren eben<br />
beim Einkaufen im<br />
Dorfladen, als wir<br />
photographierten.<br />
Werner Amacker:<br />
“Es ist wichtig, dass<br />
alle Dorfbewohner<br />
den Laden mit Ein-<br />
kaufen unterstützen,<br />
sonst besteht die<br />
Gefahr, dass er nicht<br />
rentiert und eingeht.<br />
Doch glaube ich so<br />
etwas nicht.“<br />
einsegnete. Seither führt Margrith<br />
Bregy den Laden im Auftrag der<br />
<strong>Gemeinde</strong>, die Lebensmittelkette<br />
La Source aber übernimmt Einkauf,<br />
Abrechnungen, Personalüberwachung<br />
und viel anderes und<br />
wird dafür mit 2 Prozent des frankenmässigen<br />
Umsatzes entschädigt.<br />
Für die Zweckentfremdung<br />
der beiden Räume im Schulhaus,<br />
das mit staatlichen Subventionen<br />
gebaut wurde, hat <strong>Niedergesteln</strong> in<br />
den nächsten dreissig Jahren pro<br />
Jahr 3400 Franken zurückzuzahlen<br />
– eine nicht allzu grosse „Mietbelastung“<br />
für den eigenen Laden.<br />
Der Geschäftsgang soll gut sein.<br />
<strong>Gemeinde</strong>präsident Kalbermatter: „<br />
Wir liegen mit dem Umsatz bisher<br />
etwa 30 Prozent über unsern Erwartungen.“<br />
Natürlich muss man ungefähr<br />
gleich preisgünstig wie die<br />
umliegenden Konkurrenzgeschäfte<br />
in der Agglomeration offerieren,<br />
sonst hört die Ladentreue bald<br />
einmal auf. Phantasie und Beweglichkeit<br />
sind zudem vonnöten, um<br />
immer wieder attraktive Angebote<br />
ausschreiben zu können.