Solide Finanzpolitik ist vorausschauend - Wirtschaftsjournal
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Überleben oder Scheitern<br />
Leseecke<br />
Michael Sitte-Zöllner von der Agentur WortReich empfiehlt das Buch des Krisenpsychologen Dr. Georg Pieper<br />
Dr. Georg Pieper, Jahrgang 1953, <strong>ist</strong><br />
promovierter Psychologe mit eigener<br />
Praxis für Trauma- und Stressbewältigung<br />
in der Nähe von Marburg. Der<br />
international anerkannte Spezial<strong>ist</strong> für<br />
Krisenintervention und Traumatherapie<br />
betreute Opfer, Angehörige und Einsatzkräfte<br />
- unter anderem nach dem Grubenunglück<br />
in Borken, dem ICE-Unglück<br />
von Eschede. 2002 organisierte er im<br />
Auftrag der Thüringischen Landesregierung<br />
die Nachsorge nach dem Amoklauf<br />
in Erfurt. 2011 unterstützte er das<br />
Kriseninterventionsteam nach dem<br />
Attentat in Oslo. Sehr häufig holen ARD<br />
und ZDF bei Katastrophen seine Einschätzungen<br />
ein, etwa im Fall der in<br />
Chile über Wochen eingeschlossenen<br />
Bergleute, der Massenpanik bei der<br />
Love-Parade in Duisburg oder im Entführungsfall<br />
Kampusch. Für Schulen und<br />
andere öffentliche Institutionen bildet<br />
er Psychologen und Kriseninterventionskräfte<br />
aus. Foto: Rainer Waldinger<br />
Georg Pieper<br />
Überleben oder Scheitern<br />
Die Kunst, in Krisen zu bestehen<br />
und daran zu wachsen<br />
328 Seiten, 19,99 Euro<br />
KNAUS VERLAG München<br />
wirtschaftsjournal.de/id12125701<br />
Das Menschen Schlimmes zustößt, <strong>ist</strong> nicht zu ändern.<br />
Doch wir selbst haben Einfluss darauf, ob wir unsichere<br />
und extreme Lebenssituationen bestehen oder<br />
an ihnen scheitern. Deutschlands erfahrenster Krisenpsychologe<br />
Georg Pieper berichtete von seiner<br />
Arbeit mit Katastrophenopfern und vermittelt, wie<br />
wir die beeindruckende Stärke unserer Psyche für<br />
uns nutzen können.<br />
Jeden kann es treffen, aus heiterem Himmel: Eine Kündigung,<br />
ein Unfall, der Verlust eines geliebten Menschen, eine<br />
schwere Krankheit. Wie geht das Leben nach einem solchen<br />
Schicksalsschlag weiter? Wir sind keine Marionetten<br />
unseres Schicksals, davon <strong>ist</strong> der Psychologe und Experte<br />
für Krisenintervention, Georg Pieper, überzeugt. Der Mensch<br />
<strong>ist</strong> zum Überleben geboren, wir haben gleichsam eine Art<br />
Überlebensfaktor in uns, eine Reihe von ureigenen Schutzmechanismen,<br />
die uns helfen, sogar das Schlimmste zu überstehen.<br />
Pieper, der seit 20 Jahren Angehörige und Opfer von Ka -<br />
tastrophen wie dem Grubenunglück in Borken, den ICE-<br />
Unglück in Eschede oder den Amokläufen in Erfurt und<br />
Oslo therapiert, zeigt anhand seiner eindringlichsten Fälle,<br />
welche physischen und psychischen Überlebensmechanismen<br />
in und nach Extremsituationen greifen, und wie<br />
wir besser mit persönlichen Krisen und Lebensängsten<br />
umgehen können.<br />
„Dieses Buch handelt von Menschen, bei denen nicht alles<br />
nach Plan gelaufen <strong>ist</strong>…Und dennoch möchte ich es gern<br />
als „Mutmachbuch" bezeichnen. Denn bei der Lektüre wird<br />
auch ersichtlich, dass wir Menschen ungeahnte eigene Heilkräfte<br />
in uns tragen, die aktiviert werden, sobald wir den<br />
ersten Schritt wagen. Der mag oft der Schwerste sein, aber<br />
es <strong>ist</strong> tröstlich zu erfahren, dass wir – oft verschüttet geglaubte<br />
– Fähigkeiten besitzen, auch schwerste Schicksalsschläge<br />
zu überwinden. Wir müssen nur lernen, diese Kräfte wieder<br />
freizulegen.<br />
Psychische Folgen von Naturkatastrophen und die von Verbrechen<br />
beurteilt Pieper unterschiedlich. So litten z. B. die<br />
Hälfte der Opfer von Vergewaltigungen an posttraumatischen<br />
Störungen, während dies bei Naturkatastrophen lediglich<br />
auf 5 Prozent der Beteiligten zuträfe, denn: „Eine von<br />
Menschenhand verursachte Gewalttat können wir nicht so<br />
leicht akzeptieren. Sie erschüttert das Urvertrauen in unseren<br />
Grundfesten".<br />
Im Kapitel „Die Krisen- und Überforderungsgesellschaft"<br />
geht er auch auf die Finanzkrise und deren psychischen<br />
Auswirkungen ein: „Man fühlt sich zum passiven Zuschauer<br />
degradiert, der Abend für Abend beim Ansehen der Nachrichten<br />
ein Stück mehr Kontrolle verliert und verunsichert<br />
zurückbleibt." Er fordert (nicht nur bei dieser Krise) radikale<br />
Akzeptanz, sind doch die psychischen Folgen dieser<br />
Krise Ausdruck der Unfähigkeit, Veränderungen zu akzeptieren.<br />
Wer Krisen schnell akzeptiert, kann diese auch schneller<br />
bewältigen.<br />
„Viele Menschen neigen in Krisensituationen eher dazu zu<br />
klagen, als zu handeln. Ein altes chinesisches Sprichwort<br />
sagt: „In der Dunkelheit <strong>ist</strong> es besser, eine Kerze anzuzünden,<br />
als zu klagen." Wir können uns darin üben, die Ini -<br />
tiative zu ergreifen und planvoll vorzugehen. Der erste Schritt<br />
besteht darin, aus Stimmungen wie planloser Hektik oder<br />
depressiver Passivität herauszukommen und sich anderen<br />
Menschen zu öffnen."<br />
<strong>Wirtschaftsjournal</strong> | Dezember 2012<br />
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