Kontrovers: Ende des kostenlosen Fernsehens? | Kulturbeute ...
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n <strong>Kontrovers</strong><br />
16<br />
Das <strong>Ende</strong> <strong>des</strong> <strong>kostenlosen</strong> <strong>Fernsehens</strong>?<br />
Die Ära <strong>des</strong> analogen TV-Empfangs nähert sich dem <strong>Ende</strong>. Glaubt man Sendeanstalten und<br />
Netzbetreibern, so ist der Umstieg auf digitales Fernsehen ausschließlich mit Vorteilen für alle<br />
verbunden. Theoretisch. In der Praxis aber sieht sich der Kunde einer Reihe künstlich ge-<br />
schaffener technischer Hürden ausgesetzt und wird nicht selten mehrfach zur Kasse gebeten.<br />
Von Sebastian Matthes<br />
lachbildfernseher erobern die Kundschaft im Sturm:<br />
Mitte 2009 war bereits ein Drittel der deutschen<br />
Haushalte mit den Alleskönnern ausgestattet – elf<br />
Prozent mehr als im Vorjahr. Verkaufsargument<br />
Nummer eins: „Fernsehen schärfer als die Realität“.<br />
Um tatsächlich in den Genuss <strong>des</strong> hochauflösenden <strong>Fernsehens</strong><br />
(HDTV) zu kommen, muss der Kunde vom Analog- zum<br />
Digitalanschluss wechseln. In der Theorie gestaltet sich der<br />
Umstieg einfach. Der Standard für digitale Übertragungen DVB<br />
garantiert, dass die Empfangsgeräte mit allen Ausstrahlungen<br />
kompatibel sind. Aktuelle Fernseher benötigen meist keine weiteren<br />
Geräte für den Digitalempfang und sind sofort einsatzbereit.<br />
Häufig aber scheitert das Konzept an technischen Voraussetzungen<br />
und Forderungen, die Sender- und Netzbetreiber an<br />
ihre Angebote binden.<br />
Wie viele Geräte verträgt<br />
die Haushaltskasse?<br />
Der Umstieg hält für den Kunden zahlreiche Tücken bereit. Hat<br />
der sich erst einmal durch einen Dschungel von Fachbegriffen<br />
geschlagen, muss er erkennen, dass er nicht nur für teure<br />
Abonnements, sondern auch für neue Empfangsgeräte tief<br />
in die Tasche greifen muss. Dabei ist die bestehende Technik<br />
keinesfalls veraltet, nur entspricht sie nicht den Sicherheitsbedürfnissen<br />
der Anbieter und wird daher ausgeschlossen. Der<br />
deutsche Mieterschutzbund (DMB), der GdW Bun<strong>des</strong>verband<br />
deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen sowie der<br />
Verbraucherzentrale Bun<strong>des</strong>verband (VZBV) fordern die Einstellung<br />
dieser Praxis, da sie die Digitalisierung <strong>des</strong> deutschen<br />
Rundfunks aufhalte und zudem nicht mit den Rundfunkstaatsgesetzen<br />
vereinbar sei. Kabelnutzer etwa müssen nicht nur eine<br />
zusätzliche monatliche Gebühr für den Digitalempfang, etwa in<br />
Höhe von rund fünf Euro an den in Halle führenden Kabelnetzbetreiber<br />
Tele Columbus, hinnehmen.<br />
Spätestens am 30. April 2012 bleiben die Bildschirme<br />
bei Digital-Verweigerern schwarz<br />
Das digitale Angebot wird verschlüsselt ausgestrahlt und ist nur<br />
mit einem speziellen CI-Modul oder einer vorgegebenen Set-<br />
Top-Box zu empfangen. Eine sogenannte Smartcard autorisiert<br />
den Kunden zum Fernsehen und muss freilich gegen Aufpreis<br />
samt Receiver für jeden weiteren Fernseher im Haushalt angeschafft<br />
werden. Auch Satellitenbetreiber ziehen nach. Bislang<br />
war Verschlüsselung nur für Pay-TV-Kunden ein Ärgernis, nun<br />
ist jeder betroffen, der die deutschen Free-TV-Sender der RTL<br />
Group und der ProSiebenSat.1 Media AG in HD empfangen<br />
möchte. Der Empfang <strong>des</strong> HD+ genannten Pakets erfordert<br />
ein nicht-standardisiertes CI+-Modul, das mit vielen bestehenden<br />
Receivern inkompatibel ist. Das digitale terrestrische<br />
Fernsehen, das eigentlich flächendeckend mobilen Empfang<br />
ermöglichen soll, ist durchsetzt von Insellösungen. Kunden in<br />
Halle beispielsweise müssen sich beim kostenpflichtigen Programmpaket<br />
VISEO+ der RTL Group mit einem von nur zwei<br />
unterstützten Heim-Receivern zufrieden geben. Fernsehen unterwegs<br />
mit dem DVB-T-Stick? Fehlanzeige. Mittlerweile hat<br />
sich das Bun<strong>des</strong>kartellamt der Sache angenommen: mit Razzien<br />
bei ProSiebenSat.1 und RTL. Die Kartellwächter werfen den<br />
Konzernen vor, Absprachen bezüglich der Verschlüsselung ihrer<br />
Programme getroffen zu haben. Der Verbraucher sei nicht nur<br />
zu teuren Neuanschaffungen gezwungen, sondern werde etwa<br />
für die Nutzung von HD+ auch noch mit einer jährlichen<br />
Gebühr von 50 Euro zur Kasse gebeten.<br />
Wer sich das alles nicht gefallen<br />
lassen und dem guten<br />
alten Analogfernsehen<br />
weiterhin die Treue halten<br />
möchte, schaut demnächst<br />
womöglich in die Röhre. Mit<br />
der voranschreitenden Digitalisierung<br />
sind analoge Ausstrahlungen<br />
der Branche<br />
zunehmend zur finanziellen<br />
Last geworden. Das<br />
analoge terrestrische<br />
Fernsehen gehört<br />
bereits der Vergangenheit<br />
an. Noch<br />
während die frei<br />
gewordenen Frequenzen<br />
an Mobilfunkanbieter<br />
versteigert wurden,<br />
haben sich Lan<strong>des</strong>medienanstalten<br />
und Senderbetreiber