Kontrovers: Ende des kostenlosen Fernsehens? | Kulturbeute ...
Kontrovers: Ende des kostenlosen Fernsehens? | Kulturbeute ...
Kontrovers: Ende des kostenlosen Fernsehens? | Kulturbeute ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
In Brisbane hält es uns eine Weile – die Stadt ist so schön lässig.<br />
Wir jobben: Kerstin bedient im Cafe, Kristin ist in einer Bäckerei<br />
angestellt, Susi verkauft Pizzen und ich betreue Dreikäsehochs<br />
im Kindergarten. Meine Bezahlung reicht aber nicht und so beschließe<br />
ich allein weiter zu reisen. Echtes australisches Landleben<br />
empfängt mich in Gympie, Queensland. Farmer bieten rastlosen<br />
Rucksacktouristen die Möglichkeit, bei<br />
ihnen zu leben. Einzige Bedingung ist vier bis<br />
fünf Stunden Hilfe bei der Arbeit. Als ich aus<br />
dem Bus steige, wartet Peter bereits auf mich.<br />
Er sieht genau so aus, wie man sich einen<br />
Farmer vorstellt, wenn man zu oft „Crocodile<br />
Dundee“ gesehen hat. Er hat braune, von<br />
der Sonne gegerbte Haut, trägt schmutzige<br />
Jeans, Arbeitsstiefel und den unverzichtbaren<br />
Wildlederhut. Auf dem Weg von der Bushaltestelle<br />
zur Farm beschleicht mich das Gefühl,<br />
dass mein Ziel tatsächlich das <strong>Ende</strong> der<br />
Welt ist. Keine Autos, keine befestigte Straße,<br />
keine Schilder, kein Handyempfang – nichts. Es muss das <strong>Ende</strong><br />
sein! Aber hier finde ich etwas Einzigartiges. Umgeben von<br />
der wunderschönen Natur <strong>des</strong> sattgrünen Regenwal<strong>des</strong> werde<br />
ich in der 10-köpfigen Patchworkfamilie wie eine Tochter<br />
aufgenommen. Die Farm hat etwas Magisches. Es scheint ein<br />
bisschen, als sei die Zeit stehen geblieben. Im Bad gibt es kein<br />
elektrisches Licht, nur große Kerzen an den Wänden. Beinahe<br />
alles, was wir zum Leben brauchen, stellen wir selbst her. Das<br />
Essen kommt direkt aus dem Garten. Dinge die ich in Deutschland<br />
nur aus dem Supermarkt kenne, stelle ich hier selber her.<br />
Ich lerne, wie man Butter macht, knete unzählige Teigklumpen,<br />
aus denen wir Brot backen, koche Marmelade und miste Kuhställe<br />
aus. Ich überrasche mich selbst - zu Hause hätte ich all<br />
das nicht freiwillig gemacht.<br />
„No worries darling, that one wouldn’t have<br />
killed you“<br />
Peter, der Schlangenexperte<br />
Ich fühle mich fast wie zu Hause, doch eines Abends werde<br />
ich daran erinnert, dass ich es nicht bin. Ich hätte vor meiner<br />
Reise damit rechnen müssen, gefährlichen Tieren zu begegnen,<br />
Haien beispielsweise oder den tödlichsten Spinnen der Welt.<br />
Doch es kommt anders. Nachts auf dem Pfad zu meinem Zimmer<br />
liegt knapp einen Meter vor mir eine drei Meter lange<br />
Schlange. Für mich führt kein Weg an ihr vorbei. Ich bin wie<br />
versteinert. Was empfiehlt noch mal der Reiseführer für einen<br />
solchen Ernstfall? Ruhig bleiben und mit den Füßen trampeln,<br />
damit der Feind mich spürt, schießt es mir durch den Kopf.<br />
Langsam, das Reptil nicht aus den Augen lassend, gehe ich<br />
den Weg zurück. Völlig geschockt treffe ich Peter, der natürlich<br />
Experte für die australische Flora und Fauna ist. Ihn versetze<br />
ich mit in Panik. Er denkt, ich sei gebissen worden. Als ich ihn<br />
Die Warnung kam zu spät<br />
schließlich überzeuge, dass mir nichts passiert ist, begleitet er<br />
mich zurück zum ‚Tatort‘. Während mein Alptraum dort noch<br />
immer seelenruhig liegt, beugt sich Peter herunter, um noch<br />
mal ganz genau zu schauen und kann sich ein Grinsen nicht<br />
verkneifen. „No worries darling, that one wouldn’t have killed<br />
you.“ – Verfluchte australische Gelassenheit. Woher bitte soll<br />
ich denn wissen, dass dieses Monster mich<br />
nicht umbringen kann?<br />
Rushhour im Outback<br />
Nach vier Wochen im Nirgendwo treffe ich<br />
wieder auf Kerstin, Kristin und Susi. Wir<br />
verlassen die Ostküste und fahren weiter in<br />
den Süden <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>: Sightseeing in der<br />
modernen und multikulturellen Metropole<br />
Melbourne, ein Roadtrip entlang der wohl<br />
schönsten Küstenstraße der Welt, der Great<br />
Ocean Road. Am <strong>Ende</strong> der Reise führt der Weg uns ins Herz <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong>, zum Symbol <strong>des</strong> fünften Kontinents. Uluru, nennen<br />
die Aborigines ihre heilige Stätte; das bedeutet „Sitz <strong>des</strong> Ahnen“.<br />
Der zweitgrößte Monolith der Welt mitten in der Wüste<br />
ist natürlich ein Touristenmagnet und entsprechend überlaufen.<br />
Zum Sonnenauf- und -untergang drängen sich die Menschen<br />
in den Viewing Areas und im Outback ist Rushhour. Wir<br />
verbringen einige Tage in der staubigen roten Wüste. In den<br />
Nächten schlafen wir unter freiem Himmel in so genannten<br />
‚swags‘, großen gemütlichen Schlafsäcken. Über uns das Kreuz<br />
<strong>des</strong> Südens und Millionen von Sternen. Ich bin sprachlos und<br />
überwältigt. Als der Tag anbricht, lassen die ersten Sonnenstrahlen<br />
Uluru orange und purpurrot erstrahlen. Ein Anblick,<br />
den ich nicht vergessen werde.<br />
Was bleibt<br />
Sieben Monate sind vergangen, bis ich wieder im Auto meiner<br />
Eltern sitze. Völlig unwirklich erscheinen mir die vorbeifliegende<br />
Landschaft und die Hektik auf der deutschen Autobahn. Es<br />
wird noch dauern, bis ich das Erlebte verarbeitet habe. Zu<br />
viel ist passiert. Von heute auf morgen ist sie vorbei, die<br />
Zeit der scheinbar grenzenlosen Freiheit. Was bleibt, ist die<br />
Erinnerung an die faszinierende Schönheit <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> und<br />
an die Menschen. Die Australier, die mit viel Gelassenheit und<br />
No-Worries-Mentalität optimistisch durchs Leben gehen, haben<br />
mich immer wieder beeindruckt. Auch durch ihre beispiellose<br />
Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit. Von den vielen Backpackern<br />
aus allen Teilen der Welt sind die meisten flüchtige<br />
Bekannte geblieben, einige aber sind zu Freunden geworden.<br />
Zum Abschied sagt man in Australien „farewell“ oder „see ya“,<br />
was Abschied bedeutet, aber auch ein Wiedersehen voraussetzt.<br />
Ich werde wiederkommen, in das Land der Kängurus und<br />
Koalas, da bin ich mir sicher. n<br />
Weit weg n<br />
25