Kontrovers: Ende des kostenlosen Fernsehens? | Kulturbeute ...
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n Forschung<br />
6<br />
Freundbilder auf dem Prüfstand<br />
Die eigene Meinung als<br />
geistiges Privateigentum, an<br />
dem niemand rütteln kann?<br />
Was heute selbstverständ-<br />
lich scheint, war längst nicht<br />
immer so: Bis vor 20 Jahren<br />
litt hierzulande die politi-<br />
sche Meinungsbildung noch<br />
unter staatlicher Kontrolle.<br />
Grund genug für Dr. Susanne<br />
Vollberg in ihrer Habilitati-<br />
onsschrift die Programmge-<br />
schichte <strong>des</strong> DDR-<strong>Fernsehens</strong><br />
ein Stück weit aufzurollen.<br />
Die frischgebackene Privatdo-<br />
zentin sprach mit dem MuK-<br />
Journal über Gegenstand und<br />
Ursache ihrer Forschungen.<br />
Von Michael Nerenz<br />
ür die meisten ein Begriff: Juri Gagarin, der erste Mensch im All.<br />
Manche Eltern oder Verwandte können sich vielleicht sogar an seinen<br />
Besuch in Erfurt 1963 erinnern – an den jungen sowjetischen<br />
Kosmonauten aus dem ‚Bruderland‘, der zwei Jahre zuvor binnen<br />
108 Minuten in der Wostok 1 die Erde umrundet hatte und wohlbehalten<br />
gelandet war. Gelegentlich schwingt da ein wenig Anerkennung mit,<br />
manchmal auch Stolz – noch heute.<br />
Dr. phil. habil. Susanne Vollberg kennt diese Art Personenkult. Die studierte Germanistin<br />
lehrt und forscht seit 1995 über Fernsehen, Bildmedien und Kinderliteratur.<br />
Sie erkennt im Auftritt ‚importierter Helden‘ wie dem damals 29-jährigen Major vor<br />
allem eines: Verkörperte Leitbilder einer Staatsführung, die höchsten Wert auf guten<br />
Kontakt zur Sowjetunion legte, wo man sich wiederum nicht scheute, verdiente neue<br />
‚Helden <strong>des</strong> Sozialismus‘ auf regelrechten Promotiontouren im Ostblock herumzuzeigen.<br />
Willkommenes Wasser auf den Mühlen der SED-Parteispitze: Der Triumph<br />
der Sowjets wurde auf diese Weise öffentlichkeitswirksam auch zum Erfolg <strong>des</strong> deutschen<br />
Arbeiter- und Bauernstaates stilisiert und gefeiert.<br />
DDR-Fernsehen im Blick<br />
der Forschung: 40 Jahre als<br />
zeitlich geschlossenes Feld<br />
Die drei bekanntesten Leitbilder<br />
Weniger gut blieb vielen Zuschauern wohl ein Beitrag<br />
<strong>des</strong> Deutschen Fernsehfunks (DFF) im Gedächtnis, der am<br />
14. März 1963 die LPG-Vorsitzende Irma Wattenbach als<br />
starke und engagierte Frau <strong>des</strong> Sozialismus porträtierte. Sie<br />
hatte sich um ihre Genossenschaft verdient gemacht, hielt<br />
gar eine Rede auf dem VI. SED-Parteitag und traf auch mit<br />
dem damaligen russischen Regierungschef Nikita Chruschtschow<br />
zusammen. „Durch so ein Szenario“, erklärt Dr. Vollberg,<br />
„konnten die Programmgestalter <strong>des</strong> DDR-<strong>Fernsehens</strong><br />
gleich drei Leitbilder der Führungsspitze mit einem Beitrag<br />
propagieren: Die Berufstätigkeit der emanzipierten<br />
Diese drei hat die Wissenschaftlerin auch zum<br />
Thema ihrer Habilitationsschrift gemacht: „(Leit)<br />
Bilder als Bausteine einer Programmgeschichte.<br />
Zur Rolle und Funktion politisch-ideologischer<br />
Leitbilder im Programm <strong>des</strong> DDR-<strong>Fernsehens</strong>“<br />
wurde 2009 von ihr vorgelegt und im Mai dieses<br />
Jahres verteidigt. Das verdiente Ergebnis: Eine<br />
Lehrerlaubnis für die Fächer Medien- und Kommunikationswissenschaften.<br />
Für ihre Gutachter Prof. Dr. Reinhold Viehoff, J.-<br />
Prof. Dr. Golo Föllmer (beide MuK Halle) und Prof.<br />
Dr. Rüdiger Steinmetz (Universität Leipzig) zeichnet<br />
sie in der vorgelegten Arbeit das Bild einer<br />
Staatsführung, die schon recht früh sehr konkrete<br />
Vorstellungen davon hatte, wie und mit welcher<br />
Botschaft die neuen politischen Werte unter das<br />
ostdeutsche Volk gebracht werden sollten.<br />
Frau, die erfolgreiche Kollektivierung der Landwirtschaft<br />
und die ‚unverbrüchliche Freundschaft‘ mit der UdSSR.“<br />
Erster Mensch im All und Teil eines<br />
sowjetstaatlich gelenkten Personenkultes:<br />
Major Juri Gagarin