2011 06.pdf, Seiten 1-16 - BGHM
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Schlecht gesicherter Schiffsanleger<br />
weihnachtsfeier endet tragisch<br />
Was als fröhlicher Jahresabschluss eines<br />
Betriebes geplant war, endet als Tragödie.<br />
Der tödliche Unfall ereignete sich gegen 23.30 Uhr<br />
beim Verlassen des Fahrgastschiffes, auf dem das<br />
Mitgliedsunternehmen seine Weihnachtsfeier abhielt.<br />
Es war dunkel, regnerisch und der Steg der<br />
Anlegestelle rutschig und schlecht beleuchtet. Aus<br />
bislang unbekannten Gründen kam ein Mitarbeiter<br />
beim Aussteigen zu Fall und stürzte rechts genau<br />
durch einen etwa 80 cm breiten, ungesicherten<br />
Spalt zwischen Schiff und Steg ins sechs Grad kalte<br />
Wasser. Er ging sofort unter und tauchte nicht mehr<br />
auf. Sämtliche Suchmaßnahmen blieben erfolglos,<br />
erst ein Vierteljahr später wurde seine Leiche flussabwärts<br />
gefunden.<br />
BG erkennt Sturz als Arbeitsunfall an<br />
Nach Einsicht in die Ermittlungsakte der Kriminalpolizei<br />
erkannte die Berufsgenossenschaft (BG)<br />
den tragischen Sturz als Arbeitsunfall an. Unfälle<br />
bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen<br />
sind dann als Arbeitsunfälle anzuerkennen, wenn<br />
bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt<br />
sind. Diese lagen hier allesamt vor, da die Weihnachtsfeier<br />
• der Förderung der Verbundenheit zwischen<br />
Unternehmen und Beschäftigten diente,<br />
• vom Unternehmen organisiert wurde und<br />
• als Gemeinschaftsveranstaltung allen Betriebsangehörigen<br />
offen stand und auch vom<br />
Großteil der Belegschaft besucht wurde.<br />
Versichert sind dabei alle Tätigkeiten, die mit<br />
Zweck und Charakter der Feier vereinbar sind.<br />
Dementsprechend spielt es auch keine Rolle, wenn<br />
– wie bei dieser Schiffsfahrt – Alkohol getrunken<br />
wird. Wäre der Alkoholgenuss allerdings die wesentliche<br />
Ursache für den Unfall gewesen, hätte<br />
die BG den Versicherungsschutz versagen müssen.<br />
Im beschriebenen Fall war die besondere Gefahr<br />
an der Anlegestelle entscheidend für den Sturz ins<br />
LeiStunG unD RecHt < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 6 | <strong>2011</strong><br />
Wasser, und nicht der Alkohol, den der Versicherte<br />
genossen hatte. Da sich der Unfall zudem im unmittelbaren<br />
Gefahrenbereich der Veranstaltungsstätte<br />
ereignete, war es auch unerheblich, dass<br />
der Versicherte nicht direkt nach Hause, sondern<br />
zusammen mit anderen Kollegen in der Stadt privat<br />
weiter feiern wollte.<br />
Konsequenzen hatte der Tod des Versicherten allerdings<br />
für den Schiffsführer. Sowohl er als auch der<br />
Schiffseigner mussten sich vor dem Amtsgericht<br />
wegen fahrlässiger Tötung nach dem Strafgesetzbuch<br />
verantworten. Dem Schiffsführer wurde vorgeworfen,<br />
beim Aussteigen des Versicherten nicht<br />
an der Gefahrenquelle gewesen zu sein und diese<br />
weder sorgfältig abgesichert noch ausreichend beleuchtet<br />
zu haben. Darin sahen die Richter einen<br />
Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht nach<br />
§ 1.04 der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung.<br />
Während aber der Schiffsführer zu einer Geldstrafe<br />
von 3.200 € verurteilt wurde (dagegen hat er<br />
Berufung eingelegt), wurde der Schiffseigner vom<br />
Vorwurf frei gesprochen. Den Erkenntnissen des<br />
Gerichts zufolge hatte er seine Verkehrssicherungspflichten<br />
auf den Schiffsführer delegiert und<br />
durfte sich auf die zuverlässige Wahrnehmung der<br />
Aufsichtspflicht durch den Schiffsführer verlassen.<br />
Und nicht zuletzt muss der Schiffsführer auch mit<br />
zivilrechtlichen Regressforderungen, unter anderem<br />
von der BG, rechnen.<br />
Ass. Karl Heinz Schwirz<br />
Foto: Bilderbox<br />
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