RDT 4/2009 - Bund gegen Missbrauch der Tiere ev
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RUMÄ N I E N<br />
BUKAREST<br />
BRASOV<br />
Außerdem ist es für Laien überaus<br />
schwer, chirurgisch erfahrene Tierärzte<br />
von weniger erfahrenen zu unterscheiden.<br />
Mir gelingt dies auch nicht am Telefon.<br />
Ich bilde mir mein Urteil ausschließlich<br />
im OP.<br />
RdT: Sie haben die erste große Kastrationsaktion<br />
von Straßentieren bei Brasov<br />
durchgeführt. Wie erfolgreich war<br />
sie aus Ihrer Sicht?<br />
TA Thomas Busch: Jedes kastrierte<br />
Tier kann sich nicht mehr an <strong>der</strong> Zeugung<br />
von Nachkommen beteiligen. Von<br />
daher ist jede Kastration erfolgreich.<br />
Die Kastrationsaktion bei Brasov war<br />
die erste große in dieser Region. Das<br />
Interesse <strong>der</strong> Medien, das <strong>der</strong> Bürokratie<br />
und auch das <strong>der</strong> Privatleute war extrem<br />
hoch, so dass es eine sehr erfolgreiche<br />
Aktion wurde.<br />
Selbst in <strong>der</strong> Kirche wurde über das<br />
Thema gesprochen und die Menschen<br />
aufgefor<strong>der</strong>t, ihr Tier zur Kastration zu<br />
bringen. Da auch rumänische Tierärzte<br />
dabei waren, bestand sehr guter<br />
Kontakt zu den Interessenten. Aber eine<br />
Schwalbe macht noch keinen Sommer,<br />
will heißen, dass diese Aktionen<br />
unbedingt weitergeführt werden sollten.<br />
Vielleicht mit noch mehr Ankündigung<br />
in den Medien und über einen längeren<br />
Zeitraum. Bei 500 kastrierten Hündinnen<br />
werden ungefähr 5000 Welpen<br />
nicht geboren. Sehr schnell wird man<br />
das nicht geborene Resultat bemerken!<br />
RdT: Haben Sie das Gefühl, dass die<br />
B<strong>ev</strong>ölkerung Rumäniens hinter solchen<br />
Einsätzen steht? Erkennen Sie Fortschritte<br />
hinsichtlich des Umgangs mit<br />
Straßentieren in Rumänien, aber auch<br />
in an<strong>der</strong>en europäischen Län<strong>der</strong>n?<br />
TA Thomas Busch: Es gibt kein Land,<br />
in dem es ausschließlich tierliebe Menschen<br />
gibt! So darf ich antworten, dass<br />
ich <strong>der</strong> festen Überzeugung bin, dass<br />
es auch in Rumänien Menschen gibt,<br />
die sehr nett mit <strong>Tiere</strong>n umgehen.<br />
Ich kenne Rumänien inzwischen recht<br />
gut und bei Einsätzen in Dörfern, in de-<br />
nen es kein Tierheim gibt und<br />
auch keinen Tierarzt, warten unzählige<br />
Menschen mit ihren <strong>Tiere</strong>n<br />
solange vor unserer Tür, bis<br />
sie an <strong>der</strong> Reihe sind. Teilweise stundenlang,<br />
nur damit ihre Katze o<strong>der</strong><br />
Hündin kastriert wird und sie die Welpen<br />
nicht mehr umbringen müssen.<br />
Wir haben auch schon von Hundefängern<br />
erzählt bekommen, dass die B<strong>ev</strong>ölkerung<br />
die Straßentiere versteckt, da<br />
sie denken, die Hundefänger holen sie<br />
ab, um sie umzubringen.<br />
Je reicher ein Land wird, desto besser<br />
behandelt es die Haustiere, die Nutztiere<br />
allerdinges nicht selten schlechter...<br />
Rumänien ist seit dem EU-Eintritt<br />
wohlhaben<strong>der</strong> geworden.<br />
RdT: Unterscheidet sich <strong>der</strong> Einsatz in<br />
Rumänien von an<strong>der</strong>en europäischen<br />
Einsätzen?<br />
TA Thomas Busch: Unsere Einsätze<br />
gleichen sich. Bauch auf, Eierstöcke<br />
und Gebärmutter raus, Bauch zu. Und<br />
das täglich 12-15 Stunden. Lediglich<br />
<strong>der</strong> Ausblick aus dem Fenster variiert<br />
(lacht).<br />
RdT: Sie halten es für möglich, durch<br />
Kastrationsaktionen die Zahl <strong>der</strong> Straßentiere<br />
absehbar zu reduzieren?<br />
TA Thomas Busch: Ich halte es nicht<br />
nur für möglich, son<strong>der</strong>n ich weiß es<br />
und kann es beweisen! Auf den Kapverdischen<br />
Inseln ist in dem Bezirk, in<br />
dem wir seit Jahren arbeiten, die Zahl<br />
erkennbar zurückgegangen. Ebenso<br />
hat sich bei allen <strong>Tiere</strong>n <strong>der</strong> Gesundheitszustand<br />
merklich verbessert, da<br />
die <strong>Tiere</strong> ihre Kraft für ihren Körper nutzen<br />
können und nicht mehr dem Stress<br />
des Sexualtriebs ausgesetzt sind.<br />
Auf Kreta haben wir an vielen Stellen<br />
einen deutlichen Rückgang zu verzeichnen,<br />
worauf ich aber aufgrund<br />
<strong>der</strong> gesetzlichen Probleme nicht weiter<br />
eingehen möchte. Ein großer Erfolg<br />
zeichnet sich auch gerade 200 km südlich<br />
von Brasov ab, wo wir, dank <strong>der</strong><br />
Unterstützung, unter an<strong>der</strong>em des bmt,<br />
A USLANDSTIERSCHUTZ<br />
und bringen <strong>Tiere</strong> zum Kastrieren.<br />
in einem kleineren Ort namens Bals<br />
zum zweiten Mal arbeiteten und fast<br />
500 <strong>Tiere</strong> operierten.<br />
Bei <strong>der</strong> Nachkontrolle zeigte sich, dass<br />
sehr viele <strong>Tiere</strong> in einem deutlich besseren<br />
Zustand waren als zuvor und wir<br />
von <strong>der</strong> B<strong>ev</strong>ölkerung und dem Bürgermeisteramt<br />
nur lobende Worte erhielten.<br />
Dort durften wir zuzüglich <strong>der</strong> Straßentiere<br />
auch die <strong>Tiere</strong> von Privatleuten<br />
kastrieren und auch die <strong>der</strong> Zigeuner,<br />
zu denen sich <strong>der</strong> Zugang normalerweise<br />
als schwer gestaltet.<br />
In diesem Ort ist geplant, zweimal im<br />
Jahr "Nachkastrationen" durchzuführen<br />
und anschließend die Arbeit auf die<br />
umliegenden Dörfer auszuweiten.<br />
Durch unseren Einsatz hat sich die Situation<br />
vor Ort spürbar verbessert. Das<br />
haben die Behörden erkannt und deshalb<br />
werden wir weiter angefor<strong>der</strong>t.<br />
RdT: Sie sehen bei Ihren Auslandseinsätzen<br />
sehr viel tierisches Leid. Wie verkraften<br />
Sie diese Belastung? Was gibt<br />
Ihnen Hoffnung und Kraft?<br />
TA Thomas Busch: Noch brauche ich<br />
keine psychologische Betreuung<br />
(lacht). Nein ernsthaft, in diese Arbeit<br />
wächst man ja hinein. Und das Wissen,<br />
zu 99% helfen zu können, ist ein schönes<br />
Gefühl. Die wenigen Male, in denen<br />
wir euthanasieren müssen, sind<br />
traurig. Doch auch dies ist Hilfe, denn<br />
wir konnten einem Wesen die schrecklichen<br />
Qualen ersparen, die es sonst<br />
hätte erleiden müssen. Das tröstet.<br />
Einen gewissen Abstand zur Arbeit versuche<br />
ich aufrecht zu erhalten, um mich<br />
zu schützen und durchzuhalten. Es gibt<br />
aber auch diese Momente, in denen<br />
<strong>der</strong> Blick in die Augen eines <strong>Tiere</strong>s diesen<br />
Sicherheitsabstand von einem Moment<br />
auf den nächsten auslöscht. Plötzlich<br />
ist eine unmittelbare Nähe da und<br />
dann wird es auch für mich schwer.<br />
Interview: Claudia Lotz<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 4/<strong>2009</strong><br />
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