| Fotowettbewerb FH Mainz | PALIMPSEST
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dem Lift fast 400 m nach ganz oben, wo<br />
auf 80 Stockwerken ein Luxushotel untergebracht<br />
ist. Von dort geht der Blick<br />
zum modernen Teil Shanghais, dem<br />
Wirtschafts- und Finanzdistrikt Pudong.<br />
Vor 20 Jahren dehnten sich hier rechts<br />
des Flusses Huangpu, der die Stadt<br />
durchzieht und auf dem die Seeschiffe<br />
in den Hafen einlaufen, riesige Felder<br />
aus. Heute ragen zig Hochhäuser und<br />
Wolkenkratzer in den Himmel, alle von<br />
besonderer Architektur und deshalb<br />
stets eine gute Orientierungshilfe. Am<br />
Rand, fern der City, liegt der neue Flughafen,<br />
den eine Magnetschwebebahn<br />
mit Pudong verbindet. Vor 25 Jahren<br />
habe ich an Forschungsaufträgen für<br />
Bundesministerien mitgearbeitet, um<br />
für die Magnetschwebebahn wirtschaftliche<br />
Strecken in Deutschland zu identifizieren.<br />
So konnte ich jetzt immerhin<br />
das im Alltagsbetrieb erfahren, was in<br />
Deutschland zwar aufwendig gefördert,<br />
aber nie gebaut wurde. Mit 430 km/h in<br />
Bodennähe zu schweben ist tatsächlich<br />
ein besonderes Erlebnis.<br />
Aber auch links des Huangpu, dort wo<br />
sich früher die Welthandelsstadt Shanghai<br />
mit ihren Altstadtbezirken ausbreitete,<br />
stehen inzwischen genauso viele<br />
Hochhäuser. Die Anwohner wurden ohne<br />
großes Aufheben aus ihren kleinen<br />
zweistöckigen Häuschen in moderne<br />
Vorstädte umgesiedelt, um im Zentrum<br />
moderne Büro- und Veraltungsgebäude<br />
errichten zu können. Ein bisschen Altstadt<br />
ist geblieben, nicht mehr als für die<br />
KLEINE NACHRICHTEN<br />
Touristen nötig scheint. Aber auch die<br />
wird weichen, weil sie nicht geeignet<br />
ist, chinesische Leistung, Dominanz und<br />
Fortschritt zu demonstrieren. Das French<br />
Quarter, ehemaliges Konzessionsgebiet<br />
der Franzosen, blieb mit seinen bürgerlichen<br />
Häusern noch weitgehend erhalten<br />
und bietet damit im Großstadtdschungel<br />
eine Oase mit netten Lokalen und vielfältiger<br />
Gastronomie.<br />
Meine Diplomandin Qun Lu, die aus<br />
Shanghai stammt, hat uns tatkräftig<br />
bei der Orientierung unterstützt: Nicht<br />
nur wichtige Bestellungen in Lokalen<br />
und Nachfragen wie „vegetarisch?“ hat<br />
sie uns vorsorglich ins Chinesische<br />
übersetzt und aufgeschrieben, sondern<br />
auch noch ihre persönlichen Tipps<br />
zusammengestellt. Ein Freund, der in<br />
Deutschland studiert hat, begleitete uns<br />
durch das Nachtleben und so kamen<br />
unsere Studierenden auch rasch in Kontakt<br />
mit Gleichaltrigen. Das Nachtleben<br />
macht süchtig: erstklassige Bands und<br />
tolle Discotheken mit Megastimmung.<br />
Nachts haut man auf den Kopf, was<br />
man am Tage sparen kann. Das Essen in<br />
den Lokalen der Einheimischen ist sehr<br />
preiswert und durchaus schmackhaft<br />
und man kann die teure, internationale<br />
Gastronomie links liegen lassen.<br />
Werkbank der Welt<br />
Das wissenschaftliche Programm war<br />
während der vier Tage prall gefüllt. Alle<br />
Studierenden spürten Globalisierung<br />
live. In den Betrieben sahen sie, wie<br />
emsig und kompetent das Personal arbeitet,<br />
wie modern der Maschinenpark<br />
ist und in den engagierten Diskussionen<br />
mit chinesischem und deutschem<br />
Management konnten die Studierenden<br />
ihre Eindrücke vertiefen. Dank meiner<br />
Kontakte zur deutschen Wirtschaft in<br />
Shanghai bekamen wir großzügige Unterstützung,<br />
um überhaupt in so kurzer<br />
Zeit ein solches Programm zu schaffen.<br />
Im Großraum Shanghai leben zur<br />
Zeit etwa 4000 Deutsche, vor 7 Jahren<br />
waren es gerade 1200. Shanghai als<br />
Metropole hat längst die Marke von<br />
12 Millionen Einwohnern überschritten.<br />
Trotz des Getümmels haben wir<br />
uns stets wohl gefühlt, und vor allem<br />
haben wir zu keiner Zeit Unsicherheit<br />
verspürt. Hilfsbereitschaft auch ohne<br />
gemeinsame Sprache und verlässliche<br />
Taxifahrer tragen maßgeblich dazu bei.<br />
Ob es um Produktion von Kleidung für<br />
deutsche Kaufhäuser oder um Kunststoffverarbeitung<br />
ging, in allen Betrieben<br />
war erkennbar, dass China ganz<br />
schnell zur Werkbank der Welt geworden<br />
ist. Verblüfft hat uns, dass Kontaktlinsenbehälter<br />
in USA produziert und in<br />
China in Handarbeit zusammengesteckt<br />
werden, womit trotz der Transporte<br />
die Gesamtkosten niedriger sind als<br />
in USA. Nur weil in der EU zur Zeit<br />
noch nicht vorgeschrieben ist, dass das<br />
Herkunftsland im Etikett benannt sein<br />
muss, entgeht uns, wieviel Kleidung<br />
aus China wir wirklich schon tragen.<br />
Nachgemachte Markenprodukte gibt es<br />
in Shanghai auf einem riesigen „Fake<br />
Market“. Sie zeugen davon, wie wenig<br />
sich das Land um internationale Urheberschutzrechte<br />
schert.<br />
VW in China<br />
Volkswagen hatte als eines der ersten<br />
Unternehmen vor über 20 Jahren in<br />
China mit der Stadt Shanghai zusammen<br />
ein großes Joint Venture zur Pkw-<br />
Produktion begonnen, also ein Gemeinschaftsunternehmen.<br />
So wurde aus der<br />
Not eine Tugend gemacht, indem der<br />
Santana, der in Deutschland ein klarer<br />
Marketingflop war, mit allen Maschinen<br />
und dem know-how in das Joint<br />
Venture eingebracht wurde. Mangels<br />
Alternativen und weil das Modell als<br />
62 <strong>FH</strong> <strong>Mainz</strong> Forum 2/2005