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Januar 2013 - Theater St. Gallen

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Die Tragödie des Kapitals Terzett im <strong>Januar</strong><br />

Der Literaturwissenschaftler Joseph Vogl<br />

hat in seinem hellsichtigen Essay Das Gespenst<br />

des Kapitals über das Ende vom Geld,<br />

oder besser über das Ende der fatalen Marktgläubigkeit,<br />

auf treffende Weise erläutert,<br />

wie unser Finanzsystem dazu geführt hat,<br />

dass die überbordenden und wilden Spekulationen<br />

auf die Zukunft bereits in unserer<br />

Gegenwart ihre Opfer verlangen. Wie griechische<br />

Erinnyen kommen die Geister der<br />

verspekulierten Zukunft über uns und verlangen<br />

nach Rache.<br />

Das auch in Goethes Faust so prominente<br />

Prinzip von Interesse und Sehnsucht «Sagt<br />

ich zu einem Augenblick, verweile doch, du<br />

bist so schön» gipfelt in der tragischen Tatsache,<br />

dass der Mensch, und nicht nur der Teufel,<br />

ein Teil von jener Kraft wird, die stets das<br />

Gute will und stets das Böse schafft.<br />

Diese «natürlichen» Verhaltensweisen<br />

wurden seit der Gründung der Bank of<br />

England und der damit einhergehenden<br />

Entkopplung von Papiergeld und realen<br />

Werten sowie den finanzökonomischen<br />

Entwicklungen der kommenden Jahre auf<br />

verbrecherische Weise ausgenutzt und gipfelten<br />

in den dicht aufeinander folgenden<br />

wirtschaftlichen Zusammenbrüchen der<br />

letzten zehn Jahre.<br />

Es ist augenscheinlich, dass wir von unserer<br />

blinden Marktgläubigkeit abrücken<br />

müssen, um den Blick für einen Handel<br />

zu schärfen, der nicht mehr nur sich selber<br />

gegenüber verantwortlich ist, sondern der<br />

Polis.<br />

Vor uns steht die dramatische Aufgabe,<br />

unser Handeln und unsere praktischen Entscheidungen<br />

vollkommen vom Spekulativen<br />

zu lösen und dabei der ungewissen Zukunft<br />

ihre Schicksalshaftigkeit zu belassen. Wir<br />

müssen mit schnellen und radikalen Schritten<br />

zum Hier und Jetzt zurückkehren, und<br />

was könnte für diese Forderung sinnbildlicher<br />

sein als das <strong>Theater</strong> selbst; es will die<br />

Gegenwart spiegeln, indem es Wirklichkeiten<br />

verdichtet und somit zukünftige Folgen<br />

verdeutlicht, anstatt sie zu verschleiern.<br />

Tim Kramer<br />

—<br />

Titelbild: Szene aus der Weihnachtsoperette Eine Nacht in Venedig<br />

Foto: Andreas J. Etter<br />

4 Das Ende vom Geld<br />

Ein Todes-Experiment<br />

6 La finta giardiniera<br />

Schönblum und Veilchen<br />

8 Weltpremiere Moses<br />

9 Auftakt zur Festspiel-Serie<br />

11 Veranstaltungen aller Art<br />

12 Aus dem Blickwinkel der Presse<br />

13 Mobiles Kinderstück kommt an<br />

14 Max Frisch zu Besuch<br />

16 Sinfonieorchester<br />

Von Mythen und Meeren<br />

19 Kunstverein<br />

Für die Vielfalt von Kunst<br />

20 Veranstaltungsübersicht<br />

—<br />

3

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