Januar 2013 - Theater St. Gallen
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Das Weltwirtschaftsforum in <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong><br />
Schweizer Erstaufführung zur Finanzhölle<br />
Das Ende vom Geld<br />
Ein Todes-Experiment<br />
Von Urs Widmer<br />
Schweizer Erstaufführung<br />
Einführungsmatinee<br />
Sonntag, 6. <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong>, 11.00 Uhr<br />
Lokremise, Eintritt frei<br />
Premiere<br />
Freitag, 11. <strong>Januar</strong> <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr<br />
Grosses Haus<br />
Gespräch mit Urs Widmer<br />
Mittwoch, 6. Februar <strong>2013</strong><br />
Im Anschluss an die Vorstellung<br />
Öffentliche Podiumsdiskussion<br />
Dienstag, 5. März <strong>2013</strong><br />
Im Anschluss an die Vorstellung<br />
Leitung<br />
Inszenierung — Tim Kramer<br />
Bühne — Gernot Sommerfeld<br />
Kostüme — Natascha Maraval<br />
Musik — Willi Häne<br />
Besetzung<br />
Der Banker — Andrea Zogg<br />
Der Unternehmer — Tim Kalhammer-Loew<br />
Der Bundesrat — Anselm Lipgens<br />
Der Professor — Marcus Schäfer<br />
Der Bischof — Bruno Riedl<br />
Die NGO-Delegierte — Boglárka Horváth<br />
Die Geliebte des Bankers — Danielle Green<br />
Der Chinese — Gen Seto<br />
Der Hoteldirektor — David <strong>St</strong>eck<br />
Der Koch — Oliver Losehand<br />
Weitere Vorstellungen<br />
Freitag, 18. <strong>Januar</strong>, 19.30 Uhr<br />
Montag, 4. Februar, 19.30 Uhr<br />
Mittwoch, 6. Februar, 19.30 Uhr<br />
Donnerstag, 7. Februar, 19.30 Uhr<br />
<strong>Theater</strong><br />
Urs Widmers neues <strong>St</strong>ück handelt von den<br />
Verstrickungen von Wirtschaft und Politik<br />
sowie der globalen Finanzkrise. Zwischen<br />
den Proben treffen sich der Schauspieler Andrea<br />
Zogg, der einen Banker spielt, Marcus<br />
Schäfer, ein HSG-Professor im <strong>St</strong>ück, und die<br />
Dramaturgin Karoline Exner zum Gespräch.<br />
Karoline Exner: Im <strong>St</strong>ück steht DER BANKER<br />
oder DER PROFESSOR. Handelt es sich um<br />
Figuren psychologischer Natur oder haben<br />
wir es eher mit Typisierungen zu tun?<br />
Andrea Zogg: Ich denke, es sind mehr archetypische<br />
Figuren, die sich aneinander abarbeiten,<br />
um etwas aufzuzeigen. In der Vorbereitung<br />
habe ich natürlich überlegt – DEN<br />
Banker, wie spiele ich den? Denn so, wie er<br />
geschrieben ist, kann man nicht feststellen,<br />
ob er cholerisch ist oder einen anderen Charakter<br />
hat: Das muss man sich selber raussuchen.<br />
Und es soll ja ein Schweizer Banker<br />
sein. Da gibt es natürlich den Ackermann<br />
und den Ospelt. Der Ackermann ist irgendwie<br />
bieder, was natürlich auch schön ist, aber<br />
theatralischer ist der Ospelt, dieses Ruhige<br />
und Freundliche nach aussen hin, aber dennoch<br />
Gefährliche. Daran habe ich mich dann<br />
orientiert, aber es soll keine Kopie werden,<br />
sondern eher ein Anstoss.<br />
Der Untertitel lautet «Ein Todes-Experiment»,<br />
und das Experiment macht doch erst einmal<br />
den Eindruck des kühl Distanzierten, Laborhaften.<br />
Marcus Schäfer: Aber das ist mehr der Blick<br />
von aussen. Das Experimentelle ist das, was<br />
dem Zuschauer Vergnügen bereitet. Wir<br />
Schauspieler müssen trotzdem mit Emotionen<br />
in die Szenen rein. Deswegen sind die<br />
Figuren vielleicht auch überhöht. Denn es<br />
geht ja nicht um eine zufällig zusammengewürfelte<br />
Truppe, die im Hotel eingeschneit<br />
wird, sondern um Denkweisen, die typisch<br />
sind für die jeweilige Gruppe. Deswegen ist<br />
DER PROFESSOR sicher auch eine klischeebeladene<br />
Figur, die man sich dann im experimentellen<br />
Verhalten anschauen kann.<br />
Machen die Figuren innerhalb des Geschehens<br />
eine Entwicklung durch oder gehen sie<br />
so raus, wie sie reingegangen sind?<br />
Marcus Schäfer: Sie gehen unter! Es findet im<br />
Laufe des Abends eine Entblätterung statt:<br />
Sie entlarven sich. Und das ist ja auch von Urs<br />
Widmer so geschrieben, dass die Figuren in<br />
dem Sinne nicht überraschen, sondern sie<br />
tun genau das, was man von ihnen erwartet,<br />
und das noch ein bisschen schlimmer. Das<br />
wird im Laufe des <strong>St</strong>ücks auf die Spitze getrieben.<br />
Andrea Zogg: Mich erinnert das an Dürrenmatt,<br />
der gesagt hat, eine Geschichte ist erst<br />
dann zu Ende erzählt, wenn sie die schlimmste<br />
Wendung genommen hat. Genau das passiert.<br />
Die Figuren läutern sich nicht, sie haben<br />
nichts kapiert – sie gehen grandios unter,<br />
so, wie sie sind.<br />
Marcus Schäfer: Es ist ja aus der bisherigen<br />
Krise definitiv nichts gelernt worden. Die Öffentlichkeit<br />
ist zwar alarmiert, aber viel bewegt<br />
hat sich nicht. Es läuft so weiter wie vorher<br />
und man wartet auf den nächsten Crash.<br />
Andrea Zogg: Und das finde ich auch in unserer<br />
Inszenierung sehr konsequent. Wir sagen:<br />
Es muss vielleicht erst alles zusammenbrechen,<br />
bevor sich irgendetwas ändert. So lange<br />
es möglich ist, drum herum zu lavieren, laufen<br />
die Dinge weiter.<br />
Bekommt ihr als Schauspieler über das <strong>St</strong>ück<br />
einen anderen Zugang zur Finanzwelt?<br />
Andrea Zogg: Es ist doch wie 9/11. Den Beginn<br />
dieser Finanzkrise hat jeder noch genau<br />
im Kopf. Ich habe mich über Fernsehdokumentationen<br />
mit den Ereignissen beschäftigt.<br />
Es gibt Dutzende Bücher zu diesem Thema.<br />
Und es ist interessant, hinter die Machtstrukturen<br />
zu schauen, die eine Rolle spielen.<br />
Aber das Verrückte ist doch, dass man erst<br />
über die Milliardenverluste der Banken erfahren<br />
hat, was das Bankengeschäft überhaupt<br />
für eine Macht ist. Vorher war mir das<br />
nicht so bewusst.<br />
Was erwartet uns – ein deprimierendes <strong>St</strong>ück<br />
zur katastrophalen Finanzlage?<br />
Marcus Schäfer: Also, wir haben beim Proben<br />
viel Spass. Ich würde eher sagen – eine wirklich<br />
böse Komödie . . .<br />
Andrea Zogg: . . . und wenn dem Zuschauer<br />
manchmal das Lachen im Hals stecken bleibt,<br />
dann haben wir unser Ziel erreicht. (ke)<br />
—<br />
Andrea Zogg beim Fotoshooting<br />
fürs Plakat. Foto: Tine Edel