S K R I P T U M Recht - DAVID eV
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Erdmann selbst: „Es ist demnach nicht gerechtfertigt, wenn Kollektivurteile zum Thema<br />
Schleudertrauma gelegentlich propagiert werden, etwa so, als ob die Schleuderverletzungen<br />
insgesamt eine „einheitliche Verletzungsform“ darstellen würden, für die man schließlich immer<br />
die gleichen Rentensätze vorzuschlagen habe. Im Gegenteil: Pauschalierende Gleichmacherei ist<br />
hier nicht angebracht, ebenso wenig wie bei den Distorsionen in anderen Bereichen des<br />
Bewegungsapparates (Kniegelenke, Sprunggelenke) auch.“ 217<br />
Es ist mir ein Rätsel, wie anhand der bereits über 30 Jahre lang geübten Kritik und selbst nach<br />
der von Erdmann persönlich ausgesprochenen Warnung einer pauschalierenden Anwendung<br />
seiner Tabellen, diese in Begutachtungen und in Gerichtsurteilen zugrunde gelegt werden<br />
können, ohne auch nur andeutungsweise zu erläutern, ob hier vielleicht – schon nach den<br />
Ausführungen von Erdmann selbst – Abweichungen im Einzelfall erforderlich sind.<br />
Nahezu alle Autoren, die Schweregradtabellen entwickelt haben, (siehe oben) führen auch<br />
gleichzeitig aus, dass hier keine schematisierende Anwendung der Tabellen erfolgen dürfe. So<br />
spricht Krämer 218 davon, eine Schweregradeinteilung könne nur grobe Anhaltspunkte für die<br />
Bewertung liefern.<br />
Die oben genannten 219 sowie unzählige andere Autoren, die hier nicht im einzelnen aufgeführt<br />
werden sollen, sprechen davon, dass ein je nach Autor zu differenzierender Anteil der Patienten,<br />
deren Unfallfolgen eigentlich als „leicht“ einzustufen gewesen wären, protrahieren (ihre<br />
Beschwerden nicht loswerden). Dvorak 220 spricht von 14 bis 20 Prozent der verunfallten<br />
Patienten, deren Beschwerden chronifizieren. Andere Autoren sehen den Prozentsatz niedriger,<br />
andere sehen ihn höher. Allein der Prozentsatz von 20 Prozent der Fälle, die sich nicht an<br />
Erdmann halten, verbietet meiner Meinung nach eine Bewertung nach Stadieneinteilungen. Eine<br />
Bewertung „nach Erdmann“ nimmt meiner Meinung nach bewusst in Kauf, dass 20 Prozent der<br />
zu beurteilenden Fälle eben falsch beurteilt werden.<br />
Dies kann wohl nicht Sinn einer Begutachtung sein. Natürlich muss man Ärzten – auch wenn sie<br />
als Gutachter tätig sind – das <strong>Recht</strong> zugestehen, sich auch irren zu dürfen, ohne dass man ihnen<br />
Absicht unterstellen müsste, falsche Gutachten abzuliefern. Dies schließt meiner Meinung nach<br />
aber nicht ein, dass man in Kauf nimmt, mindestens 20 Prozent der Fälle von vornherein falsch<br />
zu begutachten. Dies geschieht aber, wenn die Begutachtung pauschal unter Verwendung von<br />
Schweregradtabellen erfolgt.<br />
Die pauschale Anwendung von Schweregradtabellen bedeutet nach meiner Meinung die<br />
Aufgabe des Versuchs, zu wirklich zutreffenden Ergebnissen zu kommen. Auch hier weise ich<br />
noch einmal darauf hin, dass wir es mit einer deutschen Problematik zu tun haben. Aus<br />
schweizerischer Sicht ist es undenkbar, gestützt auf Durchschnittszahlen oder den<br />
Durchschnittspatienten abzustellen. Verletzt, begutachtet und beurteilt wird ein Individuum.<br />
Ich kann nicht beurteilen, ob es – für Mediziner – sinnvoll ist, Verletzungsfolgen oder andere<br />
Krankheiten in Schweregrade einzuteilen. Dies passiert schließlich nicht nur bei HWS-<br />
Verletzungen, sondern auch beispielsweise bei Schulter-Eck-Gelenkssprengungen (AC-<br />
Gelenkssprengungen), deren Schwere nach Tossy I, II oder III eingestuft wird. Einteilung nach<br />
Stadien gibt es beispielsweise auch in der Onkologie. Nun mag es für Mediziner durchaus<br />
sinnvoll sein, eine Krankheit oder eine Verletzung in bestimmte Schemata einzuteilen, um einen<br />
Anhaltspunkt für die Therapie zu bekommen. Und dies ist ja auch relativ ohne Risiko für den