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S K R I P T U M Recht - DAVID eV

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gebrauchen. Es mag sein, dass die von Claussen gebrauchten Diagnosebezeichnungen wie<br />

beispielsweise „Hirnstammtaumeligkeit“ u. a. nicht „zum Kanon der Neurologie“, 258<br />

möglicherweise auch nicht zum Kanon der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde gehören. Es mag auch<br />

sein, dass Claussen zum Nachweis seiner Auffassungen Studien veröffentlicht, bei denen die<br />

Untersuchung an einer symptomfreien Kontrollgruppe fehlt. Es mag auch sein, dass seine<br />

Studien nicht den Kriterien der Validität genügen. Hieraus zu schließen, dass neurootologische<br />

Untersuchungsverfahren nicht eingesetzt werden sollen oder dürfen, geht meiner Meinung nach<br />

jedoch voll am Ziel vorbei.<br />

Hier ist zunächst einmal darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Neurootologie nicht etwa um<br />

eine „Erfindung“ von Claussen handelt, sondern dass die Neurootologie eine Teildisziplin der<br />

Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde ist. So gibt es in der deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-<br />

Ohren-Heilkunde eine Untergruppe, die Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen und<br />

Neurootologen (ADANO), die sich mit einschlägigen Untersuchungsverfahren befasst. 259<br />

Was die Frage betrifft, ob zum Nachweis von Schwindel und Gleichgewichtsstörungen auch<br />

neurootologische Untersuchungsverfahren gehören, beziehe ich mich auf Stoll. Stoll ist<br />

Professor für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Leiter der hals-nasen-ohren-ärztlichen<br />

Universitätsklinik in Münster. Ihm wird kein ernst zu nehmender Arzt unterstellen, dass er –<br />

Stoll – nicht auf dem Boden der hals-nasen-ohren-ärztlichen Schulmedizin steht. Stoll hat ein<br />

inzwischen in der 4. Auflage erschienenes Standardwerk 260 geschrieben und hierin<br />

Untersuchungsverfahren aufgeführt, die selbstverständlich zum Bereich der Neurootologie<br />

gehören (noch einmal: als Teil der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde). Stoll hat eine ganze Reihe<br />

anderer Werke zu dieser Problematik geschrieben. 261 Poeck, der hier – wenngleich ohne<br />

Namensnennung – die methodischen Ansätze von Claussen kritisiert (ob zu <strong>Recht</strong> oder zu<br />

Unrecht, werde ich hier nicht beurteilen), arbeitet meiner Meinung nach hier selbst methodisch<br />

unkorrekt, indem er wichtige, einschlägige Literatur einfach unberücksichtigt lässt. Eine<br />

Bemerkung zu Claussen sei allerdings gestattet:<br />

So ganz unwissenschaftlich kann die Arbeit von Claussen wohl nicht sein. Denn eine von ihm<br />

begründete Untersuchungstechnik (die Craniocorpographie), mit der die Ergebnisse des<br />

Unterberger- und des Romberg-Versuches grafisch aufgezeichnet werden können, die Claussen<br />

zusammen mit dem Hauptverband der Berufsgenossenschaften entwickelt hat, wird nicht nur<br />

von Stoll, 262 sondern auch von Feldmann, dem einflussreichsten Autor zur hals-nasen-ohrenärztlichen<br />

Begutachtung, 263 gefordert.<br />

Es darf darauf hingewiesen werden, dass die Schweregradtabellen von Stoll zum Problem<br />

Schwindel und von Feldmann beispielsweise zum Problem Hörstörungen die gesamte<br />

Gutachtensliteratur beeinflussen, beeinflusst haben und u. a. von den „Anhaltspunkten für die<br />

gutachterliche Tätigkeit“ (des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung), 264 aber auch<br />

von den anderen gebräuchlichen Handbüchern zur Begutachtung zugrunde gelegt werden. 265 Die<br />

Schweregradtabellen von Stoll werden zum großen Teil wörtlich und identisch in der Form<br />

übernommen. Abschließend hierzu nur noch der Hinweis, dass Stoll u. a. ein Buch<br />

herausgegeben hat mit dem Titel „Das neurootologische Gutachten“. Ein Arzt, der also der<br />

Meinung ist, neurootologische Untersuchungsverfahren seien nicht heranzuziehen, wenn es um<br />

den Nachweis von Schwindel geht, müsste also zunächst einmal die komplette, hierzu<br />

veröffentlichte Literatur (aus dem Bereich der Schulmedizin) widerlegen.<br />

Mit anderen Worten: Selbst wenn die Arbeiten von Claussen unwissenschaftlich wären, geht es<br />

meiner Meinung nach nicht an, gleich einen ganzen Forschungsbereich aus dem Gebiet der<br />

HNO-Heilkunde auszuklammern. Man könnte hier den Eindruck haben, als würden<br />

neurootologische Untersuchungen deshalb gänzlich abgelehnt, weil hier tatsächlich

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