AHB 254_PDF24 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV
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dergebrannt oder entweiht (darunter<br />
der Frauenburger Dom), fast 1400<br />
Menschen fielen unter entsetzlichen<br />
Gräueln den rohen Horden zum Opfer,<br />
auf mehr als 550 000 preußische<br />
Mark (etwa 22 Millionen Reichsmark<br />
nach heutigem Geldwert) hat man den<br />
Schaden geschätzt. Auch in den folgenden<br />
Jahrzehnten ließ der offene<br />
oder versteckte Kriegszustand zwischen<br />
dem Deutschorden und Polen<br />
das Preußenland und damit auch das<br />
Fürstbistum Ermland nicht zur Ruhe<br />
und Erholung kommen. Die dauernden<br />
Steuerforderungen des Hochmeisters,<br />
zu denen auch das Ermland<br />
seinen Teil beitrug, legten dem ganzen<br />
Lande schwere finanzielle Opfer<br />
auf. Wiederholt wurde auch das ermländische<br />
Aufgebot zum Schutze<br />
der Grenzen gegen polnische Einfälle<br />
mobilgemacht; so riefen beispielsweise<br />
auch die ermländischen Landesherren<br />
im Sommer 1433 ihre Kriegsdienstpflichtigen<br />
zu den Waffen gegen<br />
die vom Polenkönig herbeigerufenen<br />
böhmischen Hussiten, die das Gebiet<br />
links der unteren Weichsel aufs<br />
schwerste heimsuchten. Erst 1435<br />
brachte der Friede von Brest dem<br />
Lande endlich Ruhe vor seinen äußeren<br />
Feinden.<br />
Noch verhängnisvoller aber gestalteten<br />
sich in dieser Zeit die Verhältnisse<br />
im Innern des Landes, das durch die<br />
kriegerischen Verwicklungen mit Polen<br />
in eine schwere wirtschaftliche Notlage<br />
geraten war. Hier bildete sich allmählich<br />
ein immer stärkerer Gegensatz<br />
zwischen den Landesherren und<br />
ihren Untertanen heraus, bis schließlich<br />
die zum Bewusstsein ihrer Macht<br />
gekommenen Stände sich 1440 zum<br />
Preußischen Bunde zusammenschlossen,<br />
dem auch der Adel und<br />
die Städte des Ermlandes fast restlos<br />
angehörten. Gerade im Fürstbistum<br />
führte die Agitation des Bundes schon<br />
nach wenigen Jahren zu einer offenen<br />
Empörung der Bauern des Mehlsacker<br />
Gebietes, die ihrem Landesherrn,<br />
dem Frauenburger Domkapitel,<br />
wegen der Erhöhung der Scharwerkspflichten<br />
– das hatte seine Ursache<br />
in der allgemeinen Notlage –<br />
den Gehorsam aufsagten. Mit Gewalt<br />
wurde schließlich dieser Bauernaufstand<br />
(1444) niedergeworfen. Als<br />
dann zehn Jahre später der Krieg des<br />
Preußischen Bundes gegen den<br />
Deutschorden, der sogenannte Städtekrieg<br />
(1454-1466) ausbrach, da<br />
nahm allen voran der ermländische<br />
Bischof Franziskus offen Partei für das<br />
Ordensregiment. Es war einmal das<br />
gemeinsame Interesse als Landesherren,<br />
das sie gegen die Verächter der<br />
Obrigkeit zusammenstehen ließ; es<br />
war aber auch das Ergebnis der Politik,<br />
die der Deutschorden in rund 200<br />
Jahren gegenüber dem Fürstbistum<br />
geführt hatte.<br />
Von vornherein hatte der Deutschorden<br />
gegenüber den anderen Landesherren<br />
Preußens, den Bischöfen und<br />
Domkapiteln, eine möglichst weitgehende<br />
Einflussnahme erstrebt. Und in<br />
der Tat war ihm das bei den Bistümern<br />
Culm, Pomesanien und Samland<br />
schon bald geglückt; noch während<br />
des 13. Jahrhunderts hatte er<br />
hier die Bestimmung durchzusetzen<br />
vermocht, dass in die Domkapitel dieser<br />
drei Diözesen nur Ordenspriester<br />
Aufnahme finden durften. Selbstverständlich<br />
richteten sich diese Domherren<br />
nun in allen wichtigen Angelegenheiten<br />
– und das galt in besonderem<br />
Maße für die ihnen zustehende Bischofswahl<br />
– nach den Wünschen ih-<br />
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