AHB 254_PDF24 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV
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vom Westbahnhof zur Familie Biernatzki war wesentlich kürzer als vom<br />
Hauptbahnhof. In ca. 15 Minuten war ich bei Helmuts Eltern. Beide waren<br />
sehr bedrückt, die Koffer standen zur Abreise gepackt. Sie hatten eine Ausreisegenehmigung<br />
in die BRD bekommen, auch für ihren Sohn Helmut. Der<br />
war aber noch bei der Marine in Gotenhafen, und es bestand die Gefahr,<br />
dass er zurückbleiben musste.<br />
Es wurde spät und ich habe meinen<br />
Verbindungszug zur Weiterreise verpasst.<br />
Herrn Biernatzki habe ich den<br />
Vorschlag gemacht, sich noch am<br />
gleichen Abend in seine neue Eisenbahnuniform<br />
zu kleiden und sofort mit<br />
dem frühesten Zug nach Gotenhafen<br />
zu fahren, sich mit der Ausreisegenehmigung<br />
beim Kommandanten zu<br />
melden mit der Bitte, seinen Sohn<br />
Helmut zu entlassen. Er solle sich<br />
nicht abwimmeln lassen, sondern versuchen,<br />
persönlich mit dem Kommandanten<br />
zu sprechen. Wir verabschiedeten<br />
uns und wünschten uns<br />
allen viel Glück. Als ich 1958 wieder<br />
einmal in Allenstein war, erfuhr ich,<br />
dass die Ausreise geklappt hat.<br />
Ich freue mich schon jetzt auf ein Wiedersehen<br />
mit Helmut bei meinem<br />
nächsten Besuch in Deutschland.<br />
Horst Domnik, Toronto, Kanada<br />
Der Allensteiner Leierkastenmann<br />
Wer kann sich noch an ihn erinnern? Er war ein echtes Original. Seine Lebensweisheiten<br />
und sein Humor waren sprichwörtlich. Hier ein Beispiel:<br />
Es war vor Weihnachten, und wieder zog der Leierkastenmann mit seinem<br />
Leierkasten durch die Straßen. Aus seiner Drehorgel kamen Melodien, die<br />
klangen so ähnlich wie „O du fröhliche . . .“ und „Es ist ein Ros’ entsprungen .<br />
. .“. War es wegen der Altersschwäche des Leierkastens oder des alten Mannes,<br />
oder lag es an der klirrenden Kälte? Jedenfalls tönte es so verzerrt aus<br />
dem alten Kasten, dass weder der Rhythmus noch die Melodien stimmten.<br />
Eine alte Dame machte den Leiermann auf dieses misslungene „Weihnachtspotpourri“<br />
aufmerksam, gab ihm aber dennoch zwei Dittchen. Mit Mühe<br />
konnte sie dem Alten klarmachen, dass seine Musik eigentlich das Geld<br />
nicht wert wäre. Als er sie verstanden hatte, lächelte er verschmitzt und sagte:<br />
„Erbarmung, Madamche, de Dittchens sind doch nich fier de Musike, de<br />
Musike kostet nuscht! De Dittchens sind nur fiers Leiern!“<br />
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