AHB 254_PDF24 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV
AHB 254_PDF24 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV
AHB 254_PDF24 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
nen Gestade der Ostsee einen päpstlichen<br />
Missionsstaat begründete, hatte<br />
er sich ausdrücklich die kirchliche Ordnung<br />
dieses Gebietes und zugleich ein<br />
Stück des Landes zur wirtschaftlichen<br />
Versorgung der neu einzurichtenden<br />
Bistümer vorbehalten. Demgemäß verfügte<br />
kaum ein Jahrzehnt später, als<br />
eben der westliche Teil des Preußenlandes<br />
durch das tapfere Schwert der<br />
Ordensritter erobert zu sein schien, im<br />
Auftrage des Papstes dessen Abgesandter<br />
Wilhelm von Modena die Einteilung<br />
Preußens in die vier Diözesen<br />
Culm, Pomesanien, Ermland und Samland<br />
(am 29. Juli 1243); dabei wies er<br />
jedem dieser Sprengel als Landausstattung<br />
ein Drittel seines Gebietes zu,<br />
das der jeweilige Bischof uneingeschränkt<br />
mit voller Rechtshoheit besitzen<br />
sollte. Diese rein theoretische Anordnung<br />
aber trat für das Ermland erst<br />
mit dem Zeitpunkt ins praktische Leben,<br />
wo einerseits in der Person des<br />
Deutschordensbruders Heinrich von<br />
Streitberg der erste ermländische Bischof<br />
zu Beginn des Jahres 1249 auf<br />
der Bildfläche erscheint – das ist die<br />
Geburtsstunde der Diözese Ermland<br />
und wo andererseits dessen Nachfolger<br />
Anselm am 27. April 1251 den<br />
mittleren Teil seiner Diözese als sein<br />
weltliches Herrschaftsgebiet auswählte<br />
– das ist das Gründungsdatum des<br />
Fürstbistums Ermland.<br />
An Umfang war die alte Diözese Ermland,<br />
deren Gebiet im Westen durch<br />
Elbingfluß-Drausensee-Weeske und<br />
im Osten durch Pregel-Angerapp begrenzt<br />
wurde, die größte der vier<br />
preußischen Diözesen, wenn sie auch<br />
nicht entfernt die heutige Ausdehnung<br />
– das ganze derzeitige Ostpreußen –<br />
erreicht. Und ebenso übertraf das alte<br />
Fürstbistum Ermland – d. i. das heute<br />
6<br />
noch mit diesem Namen bezeichnete<br />
Gebiet, also die Kreise Braunsberg,<br />
Heilsberg, Rössel und Allenstein – an<br />
Umfang die Herrschaftsgebiete der<br />
drei anderen preußischen Bischöfe<br />
und bildete im Gegensatz zu diesen<br />
ein zusammenhängendes Ganzes.<br />
In seinem weltlichen Herrschaftsbereich<br />
war der ermländische Bischof<br />
der oberste Landesherr, der ebenso<br />
wie der Deutsche Ritterorden seinen<br />
Oberherrn im Papst sah; staatsrechtlich<br />
stand also das neue Fürstbistum<br />
Ermland gleichberechtigt neben dem<br />
Deutschordensstaat. Seinem Domkapitel<br />
aber wies Bischof Anselm, wie<br />
der päpstliche Legat Wilhelm von Modena<br />
es vorgeschrieben hatte, bei der<br />
Gründung im Jahre 1260 ein Drittel<br />
des Fürstbistums als weltlichen Besitz<br />
zu; dabei erhielt das domkapituläre<br />
Gebiet, das später nach den endgültigen<br />
Teilungen von 1288 und 1348 die<br />
Kammerämter Frauenburg, Mehlsack<br />
und Allenstein umfasste, die gleiche<br />
staatsrechtliche Stellung wie das<br />
Fürstbistum selbst. Beide Landesherren,<br />
der Bischof sowohl wie das<br />
Domkapitel, das seinen Sitz anfangs<br />
in Braunsberg, seit 1284 aber bis auf<br />
den heutigen Tag in Frauenburg hatte,<br />
waren in der inneren Verwaltung ihrer<br />
Gebiete völlig selbstständig; sie nutzten<br />
die landesherrlichen Vorrechte, die<br />
sogenannten Regalien (z. B. das Mühlen-<br />
und Fischereirecht) und besaßen<br />
die uneingeschränkte Gerichtshoheit;<br />
auch das Aufgebot der Kriegsdienstpflichtigen<br />
stand ihnen zu. Der militärische<br />
Schutz des Fürstbistums gegen<br />
äußere Feinde aber lag von vornherein<br />
in der Hand des Deutschordens, der<br />
„der Verteidigung Schild und Schirm“<br />
sein sollte, wie Bischof Anselm es<br />
einmal ausgedrückt hat.