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6. Jahrgang, Heft 1 (Mai 1976) - CatholicaPedia

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- 27 - VI<br />

hat man auch auf kath. Seite erkannt, daß man jene "Zusätze", die die<br />

Apostel einst angeblich gemacht haben, endlich herauslösen müsse, um<br />

so an die reine, nackte Wahrheit näher heranzukommen. Dies ist mittlerweile<br />

bereits so vollständig geschehen, daß man nicht nur bei keinem<br />

Wort Christi mehr weiß, ob Christus wirklich so gesagt hat, sondern<br />

daß man nicht einmal mehr weiß, ob die Hl. Schriften von den Aposteln<br />

und Evangelisten stammen. Ja, man ist sich bereits sicher, daß z.B.<br />

das Johannesevang. oder die Apokalypse unmöglich von Johannes verfaßt<br />

sein kann. Fragt man unsere Exegeten, was nach Beseitigung der "Zusätze"<br />

als reine Wahrheit herausgekommen sei, dann antworten sie be- <<br />

deutungsvoll: das Kerygma der Urkirche. Denn da die splitternackte<br />

Wahrheit in diesem Fall eben nicht gerade schön anzusehen ist und das<br />

gläubige Volk bei ihrem Anblick zurückschrecken könnte, ist man übereingekommen,<br />

ihr ein Mäntelchen in Gestalt eines griechischen Fremdwortes<br />

umzuhängen.<br />

Es könnte nun jemand sagen, es sei das alles nichts Neues,<br />

man kenne ja die Küng, Haag usw. bereits zur Genüge. Aber das wäre ein<br />

bedauerlicher Irrtum, denn obiger Auffassung vom Neuen Testament haben<br />

sich bereits seit langem auch die konservativen kath. Exegeten angeschlossen.<br />

Wenn wir uns also im folgenden, dem Vermächtnis des hl.<br />

Irenäus gehorchend, mit den geistigen Söhnen der Irrlehrer des 2. Jahrhunderts<br />

etwas eingehender befassen, erscheint es zweckmäßig, als Gegner<br />

einen der konservativsten sog. kath. Exegeten herauszugreifen.<br />

Wir zitieren deshalb im folgenden stets aus dem Johanneskommentar von<br />

Prof. Rudolf Schnackenburg (Das Johannesevangelium. T. 1. 1965, Herders<br />

theolog. Komm. z. NT, Bd« 4,1), der von den meisten als Säule<br />

der Rechtgläubigkeit angesehen wird und der gewissermaßen im Heer<br />

der kühn voranstürmenden Exegeten das Schlußlicht bildet. Als Beispiel<br />

eignet sich das Johannesev. insofern besonders gut, als seine<br />

Echtheit, ebenso wie die der Apokalypse, besonders leidenschaftlich<br />

bestritten wird, obgleich sie sich auch einem noch so kritischen Atheisten<br />

gegenüber leicht verteidigen läßt.<br />

II.<br />

Hören wir zunächst einmal die Thesen, die Prof Schnackenburg über die<br />

Entstehungsgeschichte aufstellt und zwar merkwürdigerweise bevor er<br />

sich mit den Traditionszeugnissen befaßt, die ganz eindeutig für eine<br />

Autorschaft des Apostels Johannes sprechen. Er faßt die Entstehungsgeschichte<br />

auf S. 59/6o folgendermaßen zusammen: "a) Das Joh.-Ev.<br />

ist nicht literarkritisch auf verschiedene selbständige literarische<br />

Schichten zu verteilen, ... sondern ist im wesentlichen das Werk des<br />

Evangelisten, der sich aber auf mancherlei Traditionen stützte und<br />

sein Ev. langsam wachsen und reifen ließ, ohne zu einem letzten Abschluß<br />

zu kommen, b) Unter den Traditionen, die der Evangelist verarbeitete,<br />

lassen sich nur schwer schriftliche Quellen erkennen. Die<br />

direkte Benützung der Synoptiker ist bis auf einige Zweifelsfälle nicht<br />

zu erweisen; ... Mit einiger Wahrscheinlichkeit darf man die Verwendung<br />

einer schriftlichen "Semeia-Quelle" behaupten, c) Für seine besonderen<br />

Überlieferungen standen dem Evangelisten mündliche Erzählungen<br />

von eigenständiger Originalität zur Verfügung, die Anspruch auf hohes<br />

Alter ... haben ... d) Zu diesen frühen Traditionen dürfen auch Logien<br />

und anderes geprägtes Redegut gehören, das der Evangelist für seine<br />

Jesusworte und -reden benützte. Wenn auch eine eigene Logien- oder<br />

Redenquelle unwahrscheinlich ist, so spricht doch manches dafür, daß<br />

er sich für die Gestaltung der Offenbarungsreden Jesu schon mancher<br />

geprägter Formulierungen ... bediente. Diese aber hat er in die von<br />

ihm gestalteten Dialoge und Reden Jesu eingefügt und eingeschmolzen,<br />

so daß gerade die Reden den Stempel seines Geistes tragen, e) An einigen<br />

Stellen kann er auch liturgisches oder kerygmatisches Gut, das<br />

in den Gemeinden gepflegt ... wurde, aufgenommen haben. Das gilt nament-

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