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Experimente und Praxisversuche von Biobauern in Österreich

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E<strong>in</strong>leitung<br />

Die historische Entwicklung der Landwirtschaft zeigt die<br />

Bedeutung bäuerlicher <strong>Experimente</strong>. Diese haben zur Entwicklung<br />

der heutigen landwirtschaftlichen Pflanzensorten, Tierrassen <strong>und</strong><br />

zahlreicher lokal angepasster Arbeitsmethoden geführt.<br />

Durch das praktische Experimentieren <strong>und</strong> Ausprobieren wird<br />

Erfahrungswissen aufgebaut. Da es <strong>in</strong> den Pionierzeiten der<br />

biologischen Landwirtschaft kaum wissenschaftliche Forschung<br />

<strong>und</strong> Beratung gab, hat sich gerade unter Biobäuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

<strong>Biobauern</strong> e<strong>in</strong>e „Kultur des Experimentierens“ entwickelt.<br />

Bäuerliche <strong>Experimente</strong> können def<strong>in</strong>iert werden als Tätigkeiten,<br />

bei denen etwas komplett oder teilweise Neues auf e<strong>in</strong>em<br />

landwirtschaftlichen Betrieb ausprobiert wird, <strong>und</strong> bei denen der<br />

Erfolg oder Misserfolg dieser Neuerung evaluiert wird.<br />

<strong>Experimente</strong> <strong>und</strong> <strong>Praxisversuche</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Biobauern</strong> <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> –<br />

Wie entsteht Erfahrungswissen?<br />

Susanne Kummer, Christian R. Vogl (Kontakt: susanne.kummer@boku.ac.at)<br />

Arbeitsgruppe für Wissenssysteme <strong>und</strong> Innovationen, Institut für Ökolandbau, Universität für Bodenkultur, Gregor Mendel Str. 33, 1180 Wien.<br />

Ziele<br />

Dieses Forschungsprojekt verfolgte zwei Ziele. E<strong>in</strong>erseits sollte<br />

die Situation bäuerlicher <strong>Experimente</strong> <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> dargestellt<br />

werden. Es wurden Themenbereiche, Motive, Methoden <strong>und</strong><br />

Ergebnisse bäuerlicher <strong>Experimente</strong> erforscht, sowie Faktoren, die<br />

<strong>Experimente</strong> bee<strong>in</strong>flussen. Außerdem wurden verschiedene<br />

Typen <strong>von</strong> <strong>Experimente</strong>n charakterisiert, <strong>und</strong> die Beziehung<br />

zwischen e<strong>in</strong>zelnen <strong>Experimente</strong>n diskutiert.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus wurde untersucht, ob <strong>und</strong> <strong>in</strong> welcher Weise<br />

bäuerliche <strong>Experimente</strong> Strategien se<strong>in</strong> können, um mit<br />

Veränderungen umzugehen <strong>und</strong> Resilienz am Betrieb<br />

aufzubauen. Resilienz bezeichnet die Fähigkeit komplexer<br />

Systeme, mit Veränderung umzugehen.<br />

<strong>Experimente</strong> auf Biobetrieben werden <strong>in</strong> verschiedensten Bereichen durchgeführt, beispielsweise im Pflanzenbau, <strong>in</strong> der Tierhaltung, im Bereich<br />

Verarbeitung <strong>und</strong> Vermarktung, <strong>und</strong> im Bereich der Landtechnik.<br />

Charakteristika bäuerlicher <strong>Experimente</strong><br />

Es wurden Interviews mit 73 Biobäuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Biobauern</strong> <strong>in</strong> ganz<br />

<strong>Österreich</strong> durchgeführt. Alle Befragten berichteten über<br />

<strong>Experimente</strong> <strong>und</strong> Versuche, die sie auf ihrem Betrieb bereits<br />

durchgeführt hatten. <strong>Experimente</strong> waren meist durch konkrete<br />

Problemstellungen oder durch persönliches Interesse an e<strong>in</strong>em<br />

bestimmten Thema motiviert. Die Befragten betonten, dass sie<br />

durch eigenständiges Experimentieren ihr Erfahrungswissen<br />

erweitern konnten.<br />

Es wurde deutlich, dass bäuerliche <strong>Experimente</strong> besondere<br />

Charakteristika haben: Anders als bei wissenschaftlichen<br />

<strong>Experimente</strong>n, wo die Komplexität landwirtschaftlicher Systeme<br />

auf möglichst wenige E<strong>in</strong>flussfaktoren reduziert wird, werden<br />

bäuerliche <strong>Experimente</strong> gerade eben dieser Komplexität gerecht,<br />

<strong>in</strong>dem meist mehrere E<strong>in</strong>flussfaktoren <strong>in</strong> das Experiment<br />

e<strong>in</strong>bezogen werden. Außerdem spielen Erfahrung <strong>und</strong> Intuition,<br />

sowie persönliche Vorlieben <strong>und</strong> soziale Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

e<strong>in</strong>e wichtige Rolle <strong>in</strong> der Durchführung bäuerlicher <strong>Experimente</strong>.<br />

Schlussfolgerungen<br />

Bäuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bauern benötigen die Fähigkeit, eigene kreative<br />

<strong>und</strong> lokal angepasste Lösungen für Probleme <strong>und</strong> sich<br />

verändernde Bed<strong>in</strong>gungen zu f<strong>in</strong>den. Bäuerliche <strong>Experimente</strong> s<strong>in</strong>d<br />

Werkzeuge, um mit Veränderungen umzugehen, den Betrieb<br />

weiterzuentwickeln <strong>und</strong> Erfahrungswissen aufzubauen.<br />

Bäuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bauern haben ihre eigenen, praxiserprobten<br />

Methoden, um solche <strong>Experimente</strong> durchzuführen.<br />

Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen wie Verordnungen <strong>und</strong> das<br />

landwirtschaftliche Fördersystem sollten so gestaltet se<strong>in</strong>, dass<br />

das eigenständige Experimentieren ermöglicht wird. Der<br />

Austausch <strong>von</strong> Informationen <strong>und</strong> Erfahrungen sowohl zwischen<br />

Bäuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bauern, als auch mit BeraterInnen <strong>und</strong><br />

WissenschafterInnen <strong>und</strong> die Kommunikation der Ergebnisse<br />

bäuerlicher <strong>Experimente</strong> s<strong>in</strong>d mögliche Maßnahmen, um<br />

<strong>Experimente</strong> auf Betrieben zu fördern. Dadurch kann der reiche<br />

Erfahrungsschatz <strong>von</strong> Biobäuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Biobauern</strong> zur Weiterentwicklung<br />

der biologischen Landwirtschaft genutzt werden.<br />

Danksagung: Dieses Projekt wurde teilweise vom Wissenschaftsfonds <strong>Österreich</strong> (FWF) f<strong>in</strong>anziert.<br />

Literaturh<strong>in</strong>weis: Die vollständige Dissertation ist unter www.nas.boku.ac.at/susanne-kummer.html abrufbar.<br />

Alle Fotos: S. Kummer

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