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Konfliktregelung und Friedenssicherung im internationalen System

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2.2 Konfliktursachen <strong>und</strong> Konfliktstrukturen 35<br />

Definieren wir zunächst noch einmal das Konzept der Konfliktsituation durch<br />

Verweis auf solche (Beziehungs-) Lagen, in denen zwei oder mehrere Parteien<br />

(als wie auch <strong>im</strong>mer definierte gesellschaftliche Entitäten) wahrnehmen, dass sie<br />

einander gegenseitig ausschließende Ziele besitzen (<strong>und</strong> verfolgen). Unter Zielen<br />

verstehen wir bewusst angesteuerte künftige Handlungsergebnisse, Randbedingungen<br />

solcher Handlungen oder gesellschaftliche Organisations- <strong>und</strong> Entwicklungszustände,<br />

denen von den Konfliktparteien ein best<strong>im</strong>mbarer, in der Regel auf<br />

der jeweiligen Skala ihrer Präferenzen jedoch unterschiedlich eingestufter Wert<br />

beigemessen wird. Sie können typischerweise <strong>im</strong> Rahmen eines rationalen Kosten-Nutzen-Kalküls<br />

verortet <strong>und</strong> in positive <strong>und</strong> negative Ziele unterschieden<br />

werden. Positive Ziele sind bewusst gesuchte künftige Handlungsergebnisse, negative<br />

Ziele hingegen sind bewusst vermiedene.<br />

Die Definition einer Konfliktssituation als eine nach Nicholson (1992: 15) durch<br />

die Inkompatibilität von Zielen gekennzeichnete (Beziehungs-) Lage zwischen<br />

den Konfliktparteien wirft eine weitere Frage auf: die nach den Umständen <strong>und</strong><br />

Randbedingungen, unter denen sich gegenseitig ausschließende Ziele entstehen.<br />

Zu nennen wären hier Knappheitssituationen, in denen die von einer Partei ausgeübte<br />

Verfügung über allseits begehrte Ressourcen <strong>und</strong> Werte die Verfügungsmöglichkeiten<br />

der anderen Partei über dieselben Ressourcen <strong>und</strong> Werte schmälert oder<br />

ganz in Frage stellt. Zu nennen wären hier ebenfalls Unvereinbarkeiten der Werte,<br />

die sozialen <strong>und</strong> politischen Strukturen, Normen, Anschauungen, (Glaubens-)<br />

Einstellungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen zugeschrieben werden. Zu nennen wären<br />

schließlich Widersprüche zwischen dem Streben nach Erwerb von Besitz an <strong>und</strong><br />

Verfügungsgewalt über best<strong>im</strong>mte Werte <strong>und</strong> Ressourcen <strong>und</strong> der (wahrgenommenen)<br />

Endlichkeit der verfügbaren Menge solcher Werte, Ressourcen (<strong>und</strong> auch<br />

gesellschaftlichen Güter). In diesem Kontext wäre – mit Fred Hirsch (1977) –<br />

auch darauf zu verweisen, dass sich die Konkurrenz um knappe Güter, Ressourcen<br />

<strong>und</strong> Werte sowohl auf materielle als auch auf Status-Güter erstrecken kann.<br />

Viele Konflikte haben die Besetzung best<strong>im</strong>mter Positionen oder Rollen (etwa <strong>im</strong><br />

politischen Entscheidungsapparat) zum Anlass oder die Schaffung alternativer<br />

Positionen oder Rollen (etwa <strong>im</strong> Fall der Sezession eines Territoriums) oder den<br />

Ausschluss anderer von best<strong>im</strong>mten Positionen <strong>und</strong> Rollen (etwa in Wahlkämpfen)<br />

– <strong>und</strong> sie eröffnen in all diesen Fällen ungleiche Zugangsmöglichkeiten zu<br />

materiellen Gütern, die, wenn sie sich verfestigen, in soziale Schichtungs-, Stratifikations-<br />

<strong>und</strong> Spaltungsphänomene münden.<br />

Die zweite Teilmenge in unserer modellhaften Darstellung von Konfliktkomponenten<br />

wird durch die (individual- oder sozialpsychologischen) Einstellungen <strong>und</strong><br />

Perzeptionen der Konfliktparteien gebildet. Sie erfasst zwei Aspekte eines Konflikts:<br />

einmal die <strong>im</strong> Konflikt zutage tretenden emotionalen, affektiven <strong>und</strong> Urteils-Elemente,<br />

zum anderen die kognitiven <strong>und</strong> Perzeptions-Elemente. Beide Element-Gruppen<br />

beeinflussen die Perzeption, d.h. die Bilder oder Vorstellungen,<br />

die die Konfliktparteien von ihrer äußeren Umgebung, von sich selbst oder von<br />

ihren Gegenspielern entwerfen. Ihre Bedeutung für die Konfliktanalyse gewinnen<br />

diese affektiven oder kognitiven Elemente aus der Annahme, dass die Konfliktak-<br />

Entstehung inkompatibler<br />

Konfliktziele<br />

Konfliktsituation<br />

Konfliktziele<br />

Einstellungen <strong>und</strong><br />

Perzeptionen

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