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Konfliktregelung und Friedenssicherung im internationalen System

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2.3 Ethnopolitische Konflikte als Erscheinungsform neuer Kriege 41<br />

1981: 118). Multiple Loyalitäten können hier miteinander konkurrieren, ethnische<br />

Zugehörigkeit n<strong>im</strong>mt dabei nicht mehr oder weniger Raum ein als andere Zugehörigkeiten<br />

auch (Forbes 1997: 39). Mit der Argumentationsfigur überlappender<br />

Identitäten wendet sich die konstruktivistische deutlich gegen die pr<strong>im</strong>ordialistische<br />

Auffassung der „naturgegebenen“ Bindung (Stroux 1998: 237).<br />

Einen weiteren Erklärungsansatz für ethnische Identität stellt die instrumentalistische<br />

Sichtweise dar. Auch sie betrachtet ethnische Identität als sozial konstruierte<br />

Kategorie. Während der konstruktivistische Ansatz ethnische Identität zwar für<br />

veränderbar, aber dennoch durch eine gewisse Beständigkeit aufgr<strong>und</strong> gemeinsamer<br />

sozialer Erfahrungen, Geschichte, kollektiver Erinnerungen <strong>und</strong> Normen gekennzeichnet<br />

hält, betrachtet der instrumentalistische Ansatz ethnische Identität<br />

als eine sich <strong>im</strong> ständigen Fluss befindliche Größe, die von politischen Machthabern<br />

an ihre jeweilige Interessenlage „angepasst“ werden kann, also manipulierbar<br />

ist. Die instrumentalistische Sichtweise basiert in ihrer stärksten Ausprägung<br />

auf der „rational choice theory“, was bedeutet, dass ethnische Identität <strong>im</strong> Extremfall<br />

bei der Verfolgung verschiedener Interessen auf eine Kosten-Nutzenorientierte<br />

Kategorie reduziert werden kann (vgl. W<strong>im</strong>mer 2002: 45f.; Väyrynen<br />

1999: 128).<br />

Wir haben drei gängige Erklärungsansätze ethnischer Identität vorgestellt – machten<br />

wir mit jedem der Ansätze einen „Realitätscheck“, stießen wir sicherlich an<br />

ihre Grenzen. Viele Forschungsarbeiten zu ethnopolitischen Konflikten versuchen,<br />

aus den gegenübergestellten Ansätzen eine Synthese zu bilden, um die<br />

Schwächen der einzelnen Erklärungsansätze auszugleichen:<br />

„In short we assume that ethnic identities are enduring social constructions<br />

that matter to the people who share them. How much they matter depends on<br />

people’s social and political circumstances [...]. Ethnic identities are not<br />

‘pr<strong>im</strong>ordial’ but nonetheless based on common values, beliefs, and<br />

experiences. They are not ‘instrumental’ but usually capable of being invoked<br />

by leaders and used to sustain social movements that are likely to be more<br />

resilient and persistent than movements based solely on material or political<br />

interests.” (Gurr 2000: 5)<br />

Der Begriff „ethnopolitischer Konflikt“<br />

Während des Ost-West-Antagonismus wurden komplexe Bürgerkriege von Beobachtern<br />

schnell als „ideologische“ Kriege eingeordnet – bedeutende ethnische<br />

Konfliktlinien wie etwa in Afghanistan wurden nicht thematisiert. Nach Ende des<br />

Kalten Krieges ist es dann umgekehrt zu einer Überbewertung der „ethnischen<br />

D<strong>im</strong>ension“ von Konflikt gekommen. „Wenn hinten weit in der Türkei/Die Völker<br />

aufeinander schlagen“ (Goethe), dann sind sich Medienberichterstatter rasch<br />

sicher, dass es sich um ethnische Stammeskriege handeln müsse (vgl. Hippler<br />

1997; W<strong>im</strong>mer u.a. 1991).<br />

Instrumentalismus:<br />

ethnische Identität als<br />

flexible Größe

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