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Gemeindereport November 2012 - Gemeinde Piding

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<strong>Gemeinde</strong>-Report <strong>November</strong> <strong>2012</strong><br />

30<br />

Aus den Pfarrgemeinden<br />

Der kleine Strohstern<br />

Es war einmal ein kleiner<br />

Strohstern, der wohnte das<br />

ganze Jahr über im Speicher,<br />

in einem großen Pappkarton<br />

voller Christbaumschmuck.<br />

Sorgfältig in ein Küchenrollenblatt<br />

eingewickelt wartete<br />

er dort, bis sich das Jahr dem<br />

Ende zuneigte und die Adventszeit<br />

begann. Dann, wenn die Tage kürzer<br />

wurden und Bratapfelduft durchs Haus<br />

zog, wurde er hervorgeholt und bekam einen<br />

Ehrenplatz am Adventskranz. Drei Wochen<br />

lang steckte er zwischen den pieksigen<br />

Tannennadeln und hoffte, daß von den dicken<br />

roten Kerzen kein Wachs auf ihn tropfen<br />

würde. Nach dem vierten Advent, wenn der<br />

Kranz trocken und unansehnlich geworden<br />

war und weggeworfen wurde, bekam der<br />

kleine Strohstern eine schmale goldene<br />

Schnur um den Bauch gebunden und dann ....<br />

ja, und dann begann das große, herzklopfende<br />

Warten.<br />

Wenn in der Nacht zum 24. Dezember das<br />

Christkind ins Haus kam, um den Weihnachtsbaum<br />

zu schmücken, dann dauerte es<br />

nicht mehr lange, bis der kleine Strohstern<br />

stolz und zufrieden an seinem goldenen Band<br />

am Christbaum hing, gleichsam zwischen den<br />

grünen Zweigen schwebte und sich auf die<br />

Weihnachtstage freute, die so voller Licht und<br />

Liebe, voller Musik und Plätzchenduft waren.<br />

Es war wieder einmal soweit: Der 23. Dezember<br />

war herangekommen. Auf Wiesen und<br />

Feldern, Straßen, Hausdächern, Vogelhäuschen,<br />

Zaunpfosten und geparkten Autos lag<br />

zentimeterhoch der Schnee, Weihnachtsbeleuchtung<br />

schimmerte durch die tanzenden<br />

Flocken und der kleine Strohstern lag auf dem<br />

Wohnzimmertisch und war schrecklich aufgeregt.<br />

In einer Ecke wartete ein tannenduftender,<br />

grüner Baum und aller Schmuck lag<br />

ordentlich verpackt in Schachteln und<br />

Schächtelchen am Boden bereit.<br />

Die Filzanhänger unterhielten sich leise über<br />

Plätzchenrezepte und tauschten Back-Tipps<br />

aus, die meisten der Lamettafäden schliefen<br />

noch und waren daher ruhig, aber zwischen<br />

den Christbaumkugeln war ein Streit ausgebrochen.<br />

Keifendes Geklirr kam aus ihrer Box<br />

und der kleine Strohstern kriegte schon Angst,<br />

das Christkind würde nur<br />

noch Scherben vorfinden,<br />

als der schöne Tannenbaum<br />

mit seiner tiefen Stimme<br />

dazwischenfuhr und den<br />

Streit beendete. Beleidigt<br />

schwiegen die<br />

Christbaumkugeln daraufhin,<br />

nur eine besonders schöne rote<br />

Kugel flüsterte einer silbernen<br />

Glitzerkugel noch kleine<br />

Sticheleien zu.<br />

„Ach, wenn es nur endlich losgehen würde!“<br />

jammerte ein roter Papierstern. „Mir tut schon<br />

alles weh vom vielen Liegen!“ – „Hab dich<br />

doch nicht so, du liegst doch gemütlich auf<br />

weichen Taschentüchern“, maulte ein<br />

Filzengel und bohrte mit seinem Finger ein<br />

Loch in ebendieses Taschentuch.<br />

„Ich“, ließ sich eine glitzernde goldene<br />

Christbaumkugel vernehmen, „bekomme<br />

bestimmt einen schönen Platz am Baum.“ Ein<br />

großer Strohstern schüttelte zweifelnd und<br />

auch ein bisschen schadenfroh den Kopf.<br />

„Glaub ich nicht, schau doch mal, dein Glitzer<br />

ist ja hier unten schon ganz ab!“ – „Ja, und<br />

du? Deine Spitzen sind verknickt!“ – „An der<br />

Baumspitze ist natürlich MEIN Platz!“ rief ein<br />

Perlenengel dazwischen und drängte sich<br />

nach vorne. „Nein, ich will nach oben!“ sagte<br />

der Filzengel und vergrößerte das Loch im<br />

Taschentuch unter den Papiersternen.<br />

„Mein Filzkleid ist viel schöner als deine<br />

Perlen!“ – „Gar nicht wahr ...“ – „Überhaupt,<br />

schau doch nur, dein ...“ – „Aber ich will ...“ –<br />

„Nein, mein ...“ – „Ich! Ich ...“<br />

Der kleine Strohstern auf seinem einsamen<br />

Platz am Wohnzimmertisch rückte vor Schreck<br />

über all die scharfen Worte ein ganzes Stück<br />

nach hinten und wünschte, er hätte Ohren,<br />

die er sich zuhalten könnte.<br />

Die Lamettafäden waren der Ansicht, die kleinen<br />

Holzglocken sollten überhaupt nicht<br />

mehr am Baum hängen dürfen, weil sie schon<br />

so alt waren. Die Glöckchen wiederum hänselten<br />

ein paar vergoldete Nüsse und die<br />

Christbaumkugeln hatten ihren Streit von vorhin<br />

wieder aufgenommen und klirrten, so laut<br />

und gehässig sie konnten.

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