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Gemeindereport November 2012 - Gemeinde Piding

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Plötzlich schwebte ein goldener Klang in der<br />

Luft, ein schimmernder Duft, ein Glanz voll<br />

Melodie und Musik: das Christkind war<br />

gekommen. Ruhig stand es auf dem festtagsfein<br />

geputzten Holzboden, neben sich einen<br />

kleinen Weihnachtsengel, der einen Arm voll<br />

hübsch verpackter Geschenke trug. Mit einem<br />

Aufseufzen ließ der kleine Engel die Päckchen<br />

zu Boden plumpsen und strich sich eine blonde<br />

Locke aus der verschwitzten Stirn.<br />

Mit einem Schlag war es ruhig geworden im<br />

Weihnachtszimmer. Niemand sprach. Durch<br />

einen Spalt in den zugezogenen Vorhängen<br />

schimmerte ein heller Mondstrahl ins Zimmer<br />

und ließ eine gläserne Schneeflocke aufblitzen.<br />

Der kleine Strohstern bemerkte es als erster.<br />

Dann sahen es die Christbaumkugeln, weil sie<br />

obenauf in der Schachtel lagen. Die<br />

Papiersterne flüsterten aufgeregt miteinander,<br />

als es ihnen auffiel, und die Lamettafäden<br />

sagten vor lauter Schreck überhaupt nichts.<br />

Das Christkind weinte!<br />

Mit traurigem Gesichtsausdruck stand es im<br />

Mondlicht, den kleinen Weihnachtsengel an<br />

der Hand, der aussah, als hätte er sich zu<br />

gerne einfach nur auf die weichen Sofakissen<br />

gesetzt und ein Ründchen geschlafen.<br />

„Morgen ist Heiligabend!“ sagte das Christkind,<br />

und trotz seiner glänzenden, schimmernden<br />

Stimme war seine Enttäuschung<br />

nicht zu überhören. „Der Abend, an dem ein<br />

Kind in der Krippe zu den Menschen gekommen<br />

ist, um Licht und Frieden zu bringen.“<br />

Die geschnitzten Krippenfiguren aus Südtirol,<br />

die bisher schweigend in ihrem Stall gewartet<br />

hatten, wandten sich leise dem Jesuskind zu,<br />

das schon in sein kleines Strohlager gebettet<br />

worden war.<br />

Das Christkind blickte ungläubig auf die staubigen<br />

Schachteln und Körbe mit Christbaumschmuck<br />

hinunter.<br />

„Und ihr streitet und schimpft miteinander,<br />

lacht euch aus, seid jeder nur auf den eigenen<br />

Vorteil bedacht. Kein Miteinander, kein<br />

Füreinander ist das bei euch. Nur „mir das<br />

meiste“! Und da wollt ihr heute am Christbaum<br />

hängen? Da wollt ihr Weihnachten sein,<br />

Aus den Pfarrgemeinden<br />

wo doch in euch drin kein bisschen<br />

Weihnachten ist?“<br />

Lange Zeit sagte niemand etwas. Betroffenes<br />

Schweigen breitete sich aus, wurde laut und<br />

immer lauter. Und dann, dann geschah das<br />

Wunder.<br />

Der kleine Strohstern erlebte staunend, wie<br />

die Christbaumkugeln einander artig den<br />

Vortritt ließen. Die Lamettafäden halfen sich<br />

gegenseitig aus der Schachtel und zwischen<br />

den Tonsternen brach beinahe ein Streit darüber<br />

aus, wer als letzter aus dem Korb geholt<br />

würde. Die Filzanhänger schoben und zogen,<br />

um den buntbemalten Schneemann aus<br />

Sperrholz vom Schachtelboden zu heben, der<br />

sich in ein paar rotgestreiften Bändern verfangen<br />

hatte. Ein Stern aus Perlen erzählte hinter<br />

vorgehaltener Hand Papst-Witze, über die die<br />

Kiefernzapfen Tränen lachten. Die vergoldeten<br />

Nüsse zerrten zuerst den Perlenengel hinaus,<br />

bevor sie eine nach der anderen vorsichtig<br />

aus dem Körbchen kletterten und die<br />

Holzfiguren kamen Hand in Hand mit dem<br />

Glasschmuck aus ihrer Watteverpackung und<br />

wollten sich gar nicht voneinander trennen.<br />

Als letzter bekam der unscheinbare kleine<br />

Strohstern vom Wohnzimmertisch seinen Platz<br />

am Baum, ungeduldig erwartet von all den<br />

Kugeln, Zapfen, Sternen und Engeln, die ihm<br />

fröhlich entgegenlachten und ihm schon die<br />

Hände entgegenstreckten, um ihm an den<br />

schönsten Platz ganz oben an der Christbaumspitze<br />

zu helfen. Noch nie war er so<br />

glücklich gewesen.<br />

Und als viele Stunden später ein kleines<br />

Glöckchen klingelte und die Familie zur<br />

Bescherung rief, als die Kinder mit leuchtenden<br />

Augen ins Zimmer kamen, ihre Päckchen<br />

beäugten und die Erwachsenen den Baum<br />

umstanden, da fühlten es alle, daß sie den<br />

weihnachtlichsten Christbaum aller Zeiten in<br />

ihrer Mitte hatten, daß es so schön und so<br />

friedlich war wie nie zuvor. ■<br />

erzählt von<br />

Judith Stöberl<br />

<strong>Gemeinde</strong>-Report <strong>November</strong> <strong>2012</strong><br />

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