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Die Rebellion der Muslime im Süden der Philippinen - HSFK

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18 Peter Kreuzer<br />

Allianzen und Fehden – behielten unverän<strong>der</strong>t ihre Gültigkeit auch hinter <strong>der</strong> Maske <strong>der</strong><br />

mo<strong>der</strong>nen philippinischen Wahldemokratie.<br />

<strong>Die</strong> Räume konkurrenzloser musl<strong>im</strong>ischer politischer Macht wurden aber Jahr für Jahr<br />

kleiner, die christlichen Immigranten gewannen zunehmend an Organisation und begannen<br />

die informellen Verträge aufzukündigen. Darüber hinaus führten die von christlichen<br />

Eliten vorangetriebene gezielte Teilung großer Provinzen zu einer massiven Reduktion<br />

musl<strong>im</strong>ischer territorialer Kontrolle – <strong>im</strong>mer mehr Gebiete wurden so zerglie<strong>der</strong>t, dass<br />

zwar ein Teil unter musl<strong>im</strong>ischer Herrschaft verblieb, ein an<strong>der</strong>er aber an Christen abgegeben<br />

werden musste (z.B. 1959 Lanao). Hinzu kommt, dass ab Mitte <strong>der</strong> 60er Jahre<br />

(nach dem ersten Wahlsieg Marcos) ein <strong>im</strong>mer erbitterterer Kampf zwischen Liberalistas<br />

und Nacionalistas 33<br />

um jeden Posten tobte und viele lokale musl<strong>im</strong>ische Notablen – wie<br />

Udtug Matalam und Salipada Pendatun in Cotabato o<strong>der</strong> aber die mächtigsten politischen<br />

Familien Alonto und Lucman <strong>im</strong> benachbarten Lanao del Sur – nicht <strong>der</strong> Partei des<br />

Präsidenten angehörten. Der Präsident unterstützte die lokalen Gegenspieler <strong>der</strong> Amtsinhaber,<br />

vielfach selbst <strong>Musl<strong>im</strong>e</strong>, wie Ali D<strong>im</strong>aporo in Lanao o<strong>der</strong> die gegen Pendatun gerichtete<br />

Ampatuan-Sinsuat Allianz, in einzelnen Regionen aber auch Christen, noch dazu<br />

vielfach christliche Hardliner. Etliche dieser Aktionen wurden <strong>im</strong> Rahmen einer Verschwörungstheorie<br />

interpretiert, wonach es den konservativen christlichen Politikern<br />

darum gehe, die Macht nunmehr vollständig an sich zu reißen. In diesem Kontext erschien<br />

<strong>der</strong> Wahlsieg (fast) aller christlicher Kandidaten bei den Wahlen von 1971 in Lanao<br />

del Norte als bedrohliches Omen. In <strong>der</strong> Nachbarregion Cotabato kämpfte Salipada<br />

Pendatun um sein politisches Überleben, da die Nacionalistas auch hier endgültig gewillt<br />

schienen, den Gouverneursposten zu erringen. Hierzu schickten sie mit Carlos Cajelo<br />

einen christlichen Kandidaten, noch dazu einen aktiven Polizeioffizier, ins Rennen. Cajelo<br />

konnte sich aber als Neuankömmling <strong>der</strong> St<strong>im</strong>men <strong>der</strong> „alteingesessenen“ Christen nicht<br />

sicher sein, die traditionell für musl<strong>im</strong>ische Gouverneure gest<strong>im</strong>mt hatten, da sie davon<br />

ausgingen, dass diese die <strong>Musl<strong>im</strong>e</strong> am besten kontrollieren könnten. Von daher war für<br />

Cajelo alles von Nutzen, was die christliche Mehrheitsbevölkerung und die musl<strong>im</strong>ische<br />

Min<strong>der</strong>heit auseinan<strong>der</strong>bringen konnte. Es ist unbewiesen, aber sehr wahrscheinlich, dass<br />

Cajelo <strong>der</strong> politische Kopf hinter <strong>der</strong> Gewalt-Welle war, die die Region vor den Wahlen<br />

erschütterte – und nach seinem Wahlsieg schlagartig endete. 34<br />

<strong>Die</strong> oft gewaltförmig ausgetragenen Konflikte zwischen christlichen und musl<strong>im</strong>ischen,<br />

aber auch zwischen konkurrierenden musl<strong>im</strong>ischen Elitegruppierungen setzten<br />

33 Bei „Nacionalistas“ und „Liberalistas“ handelt es sich um die zwei großen Parteien, die die Politik sowohl<br />

in <strong>der</strong> Commonwealth Ära, als auch in <strong>der</strong> Dritten Republik (1946-1972) best<strong>im</strong>mten. Ideologische Unterschiede<br />

finden sich kaum, Mitgliedschaft folgte weitestgehend opportunistischen Erwägungen.<br />

34 <strong>Die</strong> Region Cotabato führt auch die offizielle Gewaltstatistik <strong>der</strong> Wahlen von 1971 an: hier starben 19<br />

Menschen (wobei das Gros <strong>der</strong> politisch motivierten terroristischen Gewalt <strong>der</strong> Ilaga in diese Statistiken<br />

keinen Eingang gefunden haben dürfte). Prominent sind weiterhin die Regionen Ilocos Sur und Sulu<br />

(jeweils 17 Tote), sowie Cavite, Cagayan (jeweils 13 Tote) und Lanao del Sur (11 Tote). <strong>Die</strong> offiziellen<br />

Zahlen sind freilich mit einiger Vorsicht zu verwenden, taucht doch die von Gewalt gezeichnete Region<br />

Lanao del Norte mit nur einem Toten und einem Verletzten erst auf Platz 41 <strong>der</strong> Liste auf (Filemon V.<br />

Tutay, Bloodiest Election Yet, in: Philippines Free Press, 20.11.1971, S. 4f, 40).

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