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Die Rebellion der Muslime im Süden der Philippinen - HSFK

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20 Peter Kreuzer<br />

3.2 Nationalistische und islamische Gegeneliten<br />

In <strong>der</strong> aufgeladenen Situation <strong>der</strong> späten 60er Jahre schlossen zwei in ihrer Genese fundamental<br />

verschiedene Gegeneliten ein Bündnis, durch das die politische Ordnung Mindanaos,<br />

aber auch <strong>der</strong> <strong>Philippinen</strong> als Ganzem fundamental verän<strong>der</strong>t wurde: junge, sozialreformerisch-<br />

bzw. sozialrevolutionär-nationalistische und Islam-orientierte, musl<strong>im</strong>ische<br />

Intellektuelle. Mit dieser den Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre auf <strong>der</strong> politischen Bühne auftretenden<br />

neuen Moro-Elite gewinnt <strong>der</strong> Moro-Nationalismus ein fundamental an<strong>der</strong>es Gesicht.<br />

3.2.1 <strong>Die</strong> Vorgeschichte: Traditioneller Musl<strong>im</strong>ischer Nationalismus<br />

Entstanden ist die kollektive Identität als Moros als Fremdzuschreibung durch die spanische<br />

Kolonialmacht, die damit die ihr feindlich gegenüberstehenden Eingeborenen musl<strong>im</strong>ischen<br />

Glaubens begrifflich fasste, die sich selbst jedoch nicht <strong>im</strong> geringsten als „eine“<br />

Gruppe verstanden. 37<br />

Vor <strong>der</strong> Folie <strong>der</strong> noch aus <strong>der</strong> spanischen Kolonialzeit stammende<br />

Fremdzuschreibung als „Moro“ resultierte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

die ungehemmte „Invasion“ christlicher Siedler tatsächlich in einem wachsenden Selbstbewusstsein<br />

als Nicht-Christen. Alte Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> christlichen Kolonialmacht Spanien, die<br />

über Jahrhun<strong>der</strong>te versucht hatte, den Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Moros zu brechen, wurden auf die<br />

neuen Herren in Manila übertragen, eine neue kollektive politische Identität entstand auf<br />

einer (teilweise <strong>im</strong>aginierten) Tradition des Wi<strong>der</strong>stands gegen christliche Fremdherrschaft.<br />

38<br />

<strong>Die</strong>se Tradition des Wi<strong>der</strong>stands lässt sich ebenso wie ihr Gegenstück die Kollaboration,<br />

bis in die Endphase spanischer Kolonisierung zurückverfolgen. Ihren ersten mo<strong>der</strong>nen,<br />

in nationalen und staatlichen Kategorien verankerten Ausdruck fand sie in <strong>der</strong> Ablehnung<br />

des Beitrittsangebots <strong>der</strong> philippinischen Revolutionsführer 1896 durch die musl<strong>im</strong>ischen<br />

Eliten Sulus und Mindanaos und die Proteste gegen den Einschluss von Mindanao<br />

und Sulu in die Territorien, die von Spanien an die USA nach dem verlorenen Krieg<br />

abgetreten wurden. An<strong>der</strong>s als <strong>der</strong> Rest <strong>der</strong> <strong>Philippinen</strong>, wo <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand gegen die<br />

neuen Kolonialherren von kurzer Dauer war, blieb Mindanao und Sulu bis 1913 unter<br />

militärischer Kontrolle. Der von den US-Truppen ohnehin äußerst brutal geführte Krieg,<br />

nahm <strong>im</strong> <strong>Süden</strong> in Teilen die D<strong>im</strong>ension eines versuchten Völkermords an.<br />

Für die spätere Politik eminent einflussreich wurde die Vision des wohl besten zeitgenössischen<br />

Kenners <strong>der</strong> Moros und ihrer Zivilisation, Najeeb Saleeby. Saleeby, ursprünglich<br />

als Arzt mit <strong>der</strong> Armee ins Land gekommen, avancierte in kurzer Zeit zum Beauf-<br />

37 Sehr gut ist <strong>der</strong> Artikel von Samuel K. Tan, Unity and Disunity in the Musl<strong>im</strong> Struggle, in: Asian Studies,<br />

Hg. XI, Nr. 3 December 1973, S. 110-134, <strong>der</strong> viele „Ursprungsmythen“ und retrospektiv <strong>im</strong>aginierte Bil<strong>der</strong><br />

einer umfassenden, <strong>im</strong> Wi<strong>der</strong>stand geeinten Gemeinschaft <strong>der</strong> Moros kritisch hinterfragt.<br />

38 Hier kann nicht auf die vielen sog. „Moro-Kriege“ eingegangen werden, die das Fundament <strong>der</strong> Tradition<br />

bilden. Lediglich die politische D<strong>im</strong>ension in <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne wird knapp umrissen, da sie von Bedeutung<br />

ist für die politischen For<strong>der</strong>ungen aller Moro-Gruppen.

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