05.02.2013 Aufrufe

was schert uns berlin chert uns berlin was schert uns berlin wir sind ...

was schert uns berlin chert uns berlin was schert uns berlin wir sind ...

was schert uns berlin chert uns berlin was schert uns berlin wir sind ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

schwerpunkt<br />

runder tisch<br />

16<br />

hamburg Berlin - der ewige städtevergleich.<br />

heute zum allerletzten Mal, schließlich<br />

haben <strong>wir</strong> eine neue kultursenatorin, die<br />

aus der hauptstadt kommt<br />

FOtOs: sinJe hAsheider, iLLustrAtiOn: sArAh Berendsen<br />

o.t.: Wie hat Berlin es geschafft, dass zeitgenössische<br />

K<strong>uns</strong>t so ins Zentrum des allgemeinen<br />

interesses gerückt ist?<br />

christine ebeling: Für mich als künstlerin<br />

und für viele meiner Freunde war Berlin nach<br />

der wende niemandsland. niemandsland ist<br />

immer gut für die künstlerische Arbeit, fürs<br />

Ausprobieren. Man hat damals noch die Möglichkeit<br />

gehabt, in kleinen clubs oder einfach<br />

auf der straße loszulegen. Mitte war ein grauer<br />

Fleck auf der Landkarte. das war ein großes<br />

Glück für Berlin und für alle, die sich dort ihren<br />

Ort erkämpft haben.<br />

mathias güntner: Als Galerist denke ich anders.<br />

das ging in zwei stufen: in den ersten zehn<br />

Jahren nach der wiedervereinigung hat man gemerkt,<br />

hauptstadt, aha, hier war immer schon<br />

viel k<strong>uns</strong>t, und k<strong>uns</strong>t ist im kommen, und <strong>was</strong><br />

hat Berlin sonst aus Marketinggesichtspunkten<br />

zu bieten. eine eigendynamik entstand. Berlin<br />

wurde hipp und damit ging eine starke kommerzialisierung<br />

einher. neue Galerien sprossen<br />

aus den ecken. in der zweiten phase, ende der<br />

1990er, kam hinzu, dass im k<strong>uns</strong>tmarkt überall<br />

hemmungslos zugegriffen wurde. Auf einmal<br />

hatte zeitgenössische k<strong>uns</strong>t gesellschaftliche<br />

relevanz. es war en vogue, sich mit zeitgenössischer<br />

k<strong>uns</strong>t zu schmücken. die Galerienszene<br />

breitete sich weiter aus. Bis zur <strong>wir</strong>tschaftskrise<br />

2008 war die szene ein prosperierender, deka-<br />

denter Markt. cFA ließ sich gar von chipperfield<br />

ein eigenes Museum bauen und nennt es<br />

weiter Galerie! Merkwürdige Auswüchse bis<br />

dahin, dass k<strong>uns</strong>t eben nur noch ware ist. ich<br />

denke an damien hirst.<br />

dr. Petra roettig: Für die Museumslandschaft<br />

sehe ich es gar nicht so, dass Berlin der Ort der<br />

Orte ist. Gerade in der zeitgenössischen k<strong>uns</strong>t<br />

müssen sie noch einiges tun. nicht umsonst gibt<br />

es das Gerangel um die k<strong>uns</strong>thalle Berlin. Außerdem<br />

schiele ich nicht nach Berlin. Berlin ist<br />

jetzt halt hauptstadt wie London oder paris. es<br />

ist doch klar, dass große Galerien wie sprüth Magers<br />

oder andere sich<br />

Gerade in der<br />

zeitgenössischen<br />

K<strong>uns</strong>t muß Berlin<br />

noch einiges tun.<br />

da hinorientieren.<br />

Berlin ist auch interessant,<br />

weil es in-<br />

ternational geworden<br />

ist. das mögen<br />

Künstler, galeristen...<br />

roettig: <strong>wir</strong> planen<br />

zum Beispiel eine<br />

sammlungspräsentation mit simon Fujiwara.<br />

der ist halb Japaner, in spanien aufgewachsen,<br />

hat in London studiert und sich dann überlegt:<br />

Ateliers in London <strong>sind</strong> zu teuer, also gehe ich<br />

nach Berlin. da hat er auch sprachlich kein problem.<br />

es ist leicht für die Leute, dort zu leben.<br />

und sie finden ganz viele künstler vor, die in der<br />

gleichen situation <strong>sind</strong>.<br />

güntner: um jetzt mit einer profankeule zu<br />

kommen: Jede stadt hat ihre eigene Geschichte.<br />

in hamburg finde ich es grausam, dass man immer<br />

noch alles aus dem Blick des ausgehenden<br />

19. oder Mitte des 20. Jahrhunderts erklärt: <strong>wir</strong><br />

<strong>sind</strong> eine freie hansestadt, bürgerlich-liberal<br />

im besten sinne und nicht so kulturell interessiert,<br />

wenn man von den Bereichen der darstellenden<br />

k<strong>uns</strong>t absieht. es gibt ein Bonmots<br />

aus den 1950er Jahren, dass man in hamburg<br />

beim k<strong>uns</strong>tkauf nicht gesehen werden darf. Aus<br />

seriositätsgründen. denn man gibt für das, <strong>was</strong><br />

man nicht existenziell braucht, kein Geld aus.<br />

dieser Geist weht hier immer noch. und wenn<br />

<strong>wir</strong> zurückgehen in die Zeit, als dana horáková<br />

kultursenator war – für die war eine erste Amtshandlung,<br />

die deichtorhallen abzuschaffen. die<br />

deichtorhallen, die international das prägende<br />

Ausstellungshaus waren! das war desolat für<br />

die k<strong>uns</strong>tstadt hamburg! das ist nach wie vor<br />

eine wunde, die nicht gestillt ist. Auswärtige<br />

kuratoren und sammler kommen seitdem nicht<br />

mehr nach hamburg.<br />

ist das denn heute noch spürbar?<br />

güntner: ich spüre das noch heute. wenn ich in<br />

Berlin wäre, dann hätte ich auf alle Fälle mehr<br />

kuratoren in meiner Galerie. die kuratoren<br />

sagen mittlerweile: Ach, nach hamburg schaffe<br />

ich es nicht, aber ich bin ständig in Berlin.<br />

wollen <strong>wir</strong> <strong>uns</strong> nicht in Berlin treffen? ich sage<br />

dann: Gut, können <strong>wir</strong> machen, aber ich kann<br />

meine Galerie nicht mitnehmen.<br />

ist dieser bedauernswerte Zustand durch die<br />

teilschließungen der galerie der gegenwart<br />

im vergangen sommer verstärkt worden?<br />

güntner: Auch das war eine kulturpolitische<br />

schädigung der ganzen stadt. Letztes Jahr war<br />

<strong>wir</strong>klich die talsohle erreicht. <strong>was</strong> da alles passiert<br />

ist: Altona Museum, k<strong>uns</strong>thalle, schauspielhaus<br />

... <strong>was</strong> will hamburg eigentlich noch<br />

alles schließen? und <strong>was</strong> ist eigentlich mit dem<br />

Auftrag?<br />

...dem Kulturauftrag...<br />

güntner:...der stadt, der ja völlig missachtet<br />

worden ist. sie haben alles angezündet - bis zu<br />

den neuwahlen. Jetzt endlich <strong>wir</strong>d die kulturpolitik<br />

anders. der Begriff kultur <strong>wir</strong>d schon<br />

mal mit einer gewissen ernsthaftigkeit im

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!