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Angehaltene Zeit,<br />

1921/um 1960,<br />

K<strong>uns</strong>thalle Hamburg<br />

Mühlen, Deiche, Schiffe und über der See<br />

hohe Wolken, aus denen Flugzeuge brechen:<br />

In fünf Ausstellungen <strong>wir</strong>d der ganze Radziwill<br />

gezeigt sofern denn an diesem deutschen<br />

Maler der Risse im Himmel je et<strong>was</strong> ganzes zu<br />

finden ist. Denn vor seine verstörenden Bilder<br />

schiebt sich eine schillernde Biographie, die<br />

die Extreme des 20. Jahrhunderts auslebt und<br />

erleidet: Der 1895 geborene, 1983 gestorbene<br />

Künstler war Soldat im ersten Weltkrieg, dann<br />

Expressionist mit jüdischen Berliner galeristen,<br />

bekannt mit Otto Dix, george grosz und der<br />

Hamburger K<strong>uns</strong>thistorikerin und Sammlerin<br />

Rosa Schapire. Aber wenig später wurde er glühender<br />

nationalsozialist, der 1933 den lehrstuhl<br />

von Paul Klee an der Akademie in Düsseldorf<br />

übernahm und in Parteiuniform unterrichtete.<br />

Schon 1935 als „K<strong>uns</strong>tbolschewik“ wieder entlassen,<br />

bleib er doch Kreiskulturhauptstellenleiter<br />

im gau Weser-Ems. Er wurde zugleich als<br />

„entarteter“ Künstler verfemt und malte für die<br />

luftwaffe und mitfahrend auf Schlachtschiffen.<br />

Im Krieg stand er der oppositionellen bekennenden<br />

Kirche nahe und bekam nach 1945 nicht<br />

nur ein Angebot, in die DDR umzusiedeln, son-<br />

dern auch als magischer Realist den großen Verdienstorden<br />

der Bundesrepublik Deutschland.<br />

Manche seiner Bilder hat Radziwill mehrfach<br />

umgemalt; sie haben bis zu drei Titel, bis aus<br />

einem Ehrenbild für die SA eine Anklage der<br />

Diktatur wurde. Es ist leicht, derartige Wendehalsigkeit<br />

zu kritisieren, doch es zeigt auch,<br />

in welche Fallen man in jenen Zeiten geraten<br />

„Bilder mehrfach umgemalt“<br />

konnte, wollte man unbedingt erfolgreich und<br />

anerkannt sein. Vielleicht ist Radziwill gerade<br />

in seiner Zerrissenheit und kompensierenden<br />

Überanpassung der durchaus perfekte deutsche<br />

Heimatmaler. In seinem zerrissenen Werk mit<br />

expressiv verwehten Alleebäumen an roter Erde<br />

unter grünem Himmel, den neusachlich kalt<br />

hinter der Stadtsilhouette drohenden Panzerschiffen<br />

und den surrealen Erscheinungen am<br />

apokalyptisch zerrissenen Abendhimmel umfasst<br />

er die wesentlichsten Zugänge zum modernen<br />

Bild der landschaft.<br />

Für Radziwill blieb das Regionale wichtigste<br />

Wurzel seiner Arbeit: Von 1923 bis zu seinem<br />

Tode lebte er in dem kleinen Fischer- und Badeort<br />

Dangast am Jadebusen, seine Bilder kreisen<br />

stets um die norddeutsche landschaft. Und<br />

ebendort <strong>wir</strong>d er bis heute hoch geschätzt, so<br />

zählten seine Werke auch zu den lieblingsbildern<br />

von Henri nannen, dem gründer der K<strong>uns</strong>thalle<br />

Emden. Und die erhielt letztes Jahr weitere 70<br />

Arbeiten Radziwills als Dauerleihgaben aus Privatbesitz,<br />

ein grund für die derzeitige opulente<br />

Sonderausstellung. Viel kritischer dagegen geht<br />

die Radziwill gesellschaft in Dangast mit ihrem<br />

Meister um: In Kooperation mit der K<strong>uns</strong>thalle<br />

Wilhelmshaven werden ausdrücklich Bilder und<br />

Verhalten während der nS-Zeit thematisiert. Und<br />

die Oldenburger Museen ergänzen das Bild dieses<br />

so deutschen Malers mit dem Früh- und dem<br />

Spätwerk, weitgehend aus eigenem Besitz. Besonders<br />

eindrucksvoll beschreibt dabei eine Wiedervereinigung<br />

im landesmuseum für K<strong>uns</strong>t und<br />

Kulturgeschichte Radziwills stete neufassung seiner<br />

Motive: Das aus der Hamburger K<strong>uns</strong>thalle<br />

stammende Bild „Angehaltene Zeit“ aus den 60er<br />

Jahren trifft sich mit seiner einst abgetrennten<br />

eher expressionistischen Hälfte von 1921.<br />

Radziwill – 111 Meisterwerke aus privaten Sammlungen,<br />

K<strong>uns</strong>thalle Emden, bis 19. Juni 2011, www.k<strong>uns</strong>thalle-emden.de;<br />

Der Maler Franz Radziwill in der Zeit des nationalsozialismus,<br />

Franz Radziwill Haus, Dangast, bis 15. Januar<br />

2012, www.radziwill.de; K<strong>uns</strong>thalle Wilhelmshaven, bis<br />

22. Mai, www.k<strong>uns</strong>thalle-wilhelmshaven.de; Franz Radziwill<br />

– Expressionismus und neue Sachlichkeit, landesmuseum<br />

für K<strong>uns</strong>t und Kulturgeschichte Oldenburg, bis<br />

22. Mai, www.landesmuseum-oldenburg.niedersachsen.de;<br />

Die Schönheit des Alleinseins – Werke nach 1945, Stadtmuseum<br />

Oldenburg, bis 22. Mai, stadtmuseum.oldenburg.de<br />

27<br />

VERlängERUng<br />

FRAnZ RADZIWIll

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