Die komplette MONITOR-Ausgabe 1/2006 können Sie
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40<br />
Netz & Telekom | VoIP<br />
VoIP: Wettlauf mit Umwegen<br />
VoIP ist seit langem das meistgebrauchte<br />
Schlagwort der Telekommunikationsindustrie.<br />
Ein etwas jüngerer<br />
Begriff ist „Triple Play“, ein Branchenjargon<br />
für die Übertragung von Daten,<br />
Sprache und Video über ein gemeinsames<br />
Netzwerk. <strong>Die</strong>se Integration von<br />
Bildern und Telefonie in die Datennetze<br />
geht weit über traditionelle Telecom-<br />
Anbieter hinaus.<br />
Erich Bonnert<br />
Deutlichstes Signal ist die Übernahme von<br />
Skype,der kostenlosen Computer-Telefonie-<br />
Anwendung,durch eBay:2,6 Milliarden Dollar<br />
für ein Startup-Unternehmen mit 50<br />
Millionen Nutzern,aber ohne nennenswerte<br />
Umsätze. <strong>Die</strong>se Verschmelzung bot den<br />
adäquaten Hintergrund für eine Diskussion<br />
von Produktherstellern und Service-Anbietern<br />
auf dem IT Summit in Monterey, ein<br />
internationales Herbstforum für Presse und<br />
Analysten.<br />
Schon Monate vor Ebays überraschendem<br />
Einstieg hatte Yahoo mit Dialpad eine PC-<br />
Telefon-Technologie gekauft und bietet seither<br />
Sprachverbindungen zu extrem niedrigen<br />
Tarifen an. Relativ unbemerkt hat auch<br />
Microsoft in die Internet-Telefonie investiert.<br />
Der MSN-Messenger-<strong>Die</strong>nst erlaubt Sprachnachrichten<br />
zwischen PCs schon seit längerem.<br />
Im August übernahmen die Redmonder<br />
zusätzlich mit Teleo einen Anbieter einer<br />
skypeähnlichen Technologie.<br />
Ähnlich wie Google Talk, das seit August<br />
im Beta-Stadium läuft,könnte der Software-<br />
Riese damit ein eigenes, nahezu kostenloses<br />
Weltnetz zwischen PC-Windows-Anwendern<br />
einrichten, das Sprach- und Datenanwendungen<br />
integriert.<br />
Auf einem kleineren Nenner hat Apple mit<br />
iChat bereits Sprach- und Videokonferenzfunktionen<br />
in sein Macintosh-Betriebssystem<br />
integriert. „<strong>Die</strong> Dynamik zwischen<br />
Netzbetreibern,Technikausrüstern und Systemintegratoren<br />
hat sich völlig umgekrempelt“,<br />
konstatierte Eve Aretakis, Chefin der<br />
<strong>Sie</strong>mens-Tochter Converged Networks LLC,<br />
jüngst daher in Monterey. „Keiner ist mehr<br />
sicher, wer wessen Konkurrent oder Partner<br />
ist.“<br />
Verhaltener Optimismus<br />
Gute Zeiten also für die Anwender.Während<br />
sich Privatkunden ob der rapide fallenden Telefongebühren<br />
auch die Hände reiben, sind<br />
Firmenanwender aber nur verhalten optimistisch.Neben<br />
vereinfachten und kostengünstigeren<br />
Netzstrukturen erwarten sie vor allem<br />
Produktivititätsgewinne bei den Mitarbeitern.Echtzeitdienste<br />
wie Sprache und Video<br />
auf IP-Netzen zu implementieren, die<br />
traditionell eigentlich nur Daten befördern,<br />
setzt Vertrauen in eine neue Technologie voraus.<strong>Die</strong>s<br />
erfordert aber Integrations-Knowhow<br />
sowie sorgfältige Planung, um sowohl<br />
die vom Telefonnetz gewohnte, hohe Servicequalität<br />
als auch die Systemsicherheit und<br />
-zuverlässigkeit zu gewährleisten.<br />
Gerade nämlich die enge Integration,etwa<br />
zwischen Telefonieanwendungen,E-Mail und<br />
Kontaktmanagement,macht die Systeme anfällig<br />
für Viren- und Spam-Angriffe. Übertragene<br />
Sprachpakete sind zudem leicht zu<br />
identifizieren und <strong>können</strong> dadurch mit den<br />
richtigen Werkzeugen abgehört werden.Anders<br />
als beim Datenverkehr ist Sprache nur<br />
schwer zu verschlüsseln,da dies Verzögerungen<br />
und dadurch unangenehme Qualitätseinbußen<br />
verursacht.<br />
Telefon-Anbieter verunsichert<br />
Noch mehr verunsichert sind die klassischen<br />
Telefon-Provider.Ihr Kerngeschäft ist durch<br />
die billige Internet-Telefonie in Gefahr. Um<br />
der Konkurrenz zuvor zu kommen,müssten<br />
sie in kostengünstige IP-Infrastruktur investieren.<br />
Doch woher sollen bei fallenden<br />
Preisen die Profitmargen kommen? Für bei-<br />
monitor | Jänner <strong>2006</strong><br />
de Seiten haben die Netzwerkausrüster ermutigende<br />
Botschaften. <strong>Die</strong> Standardisierung<br />
sei durch SIP (Session Interoperability<br />
Protocol) und MPLS soweit gediehen,dass<br />
Herstellerabhängigkeiten durch imkompatible<br />
Technologien der Vergangenheit angehörten,<br />
erläuterte Aretakis. Den zweiten<br />
Trumpf hält die <strong>Sie</strong>mens-Chefin für noch bedeutsamer:<br />
Anstatt teure Infrastrukturen<br />
beim Endanwender einzurichten, <strong>können</strong><br />
vergleichbare Services infolge der konvergierenden<br />
Netze von überall bezogen werden.<br />
<strong>Die</strong> Kosten verlagern sich von der Anschaffung<br />
auf nutzungsabhängige Betriebsausgaben.Für<br />
die Provider erschließen sich so weitaus<br />
breitere Märkte für Miet-Anwendungen.<br />
Gleichwohl scheinen Konkurrenten diese<br />
Strategie konsequenter umzusetzen als <strong>Sie</strong>mens<br />
selbst. Der deutsche Konzern baut auf<br />
Großaufträge von den rund 200 größten weltweit<br />
tätigen Unternehmen.Alcatel etwa geht<br />
offensiv gerade kleinere Provider an,erklärte<br />
Marketingdirektor Roland Zalite.<strong>Die</strong> Franzosen<br />
haben Projekte und Feldversuche mit<br />
mehreren Dutzend kommerziellen Netzbetreibern<br />
gestartet, darunter eine „Triple-<br />
Play“-Infrastruktur für einen portugiesischen<br />
Kabelanbieter. Über die Tochterfirma Genesys<br />
ist Alcatel zudem ein globaler Player im<br />
Service-Geschäft.Dass der Call-Center-Anbieter<br />
dabei im Wettbewerb mit den Alcatel-<br />
Kunden steht,habe den Erfolg mit integrierten<br />
Kommunikations- und Anwendungsdiensten<br />
bisher nicht behindert, sagte Marketingdirektor<br />
Matthew Kresch.Zum VoIP-<br />
Portfolio von Genesys gehören beispielsweise<br />
auch Bestellannahme und Auftragsbearbeitung.<br />
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